Vertreter aus über 190 Ländern jetten im November mal wieder um die Welt, fliegen nach Doha um über den Klimaschutz zu beraten. Stellt sich die Frage: Warum überhaupt eine weitere Klimakonferenz in Bangkok?
Ehring: Der Klimagipfel in Doha soll ja Entscheidungen fällen über ziemlich komplizierte Fragen. Fast 200 Teilnehmerländer sind dabei und so was muss vorbereitet werden. Da sind Zwischenkonferenzen erforderlich mit Beamten, da werden Texte ausgearbeitet mit zahlreichen Lücken an den Stellen, wo es wirklich drauf ankommt, wo also politische Entscheidungen gefragt sind. Aber: Es muss Vorklärungen geben beispielsweise in Fragen wie: Welche Messverfahren gibt es für die Emissionen der einzelnen Länder, welches Land erfasst seine Treibhausgase auf welche Weise und veröffentlicht die Ergebnisse dann auch auf welche Weise? Oder Fragen wie: Was ist ein Wald? Entwicklungsländer möchten sich Wälder als Klimaschutz anrechnen lassen und da wollen sich hinterher in Doha die Politiker nicht mit Bäumezählen aufhalten. Da muss eine Definition her: Wie viele Bäume müssen auf einem Quadratkilometer stehen, damit das ganze ein Wald genannt werden kann und was ist dann ein Urwald und was ein gepflanzter Wald und so weiter. Und natürlich gibt es im Hinterzimmer Gespräche darüber, wer in Doha welche Zugeständnisse, welche Angebote machen könnte, und mit den Ergebnissen fliegen die Beamten dann wieder nach Hause, damit die Regierungen zuhause in ihren Hauptstädten Verhandlungslinien festlegen können, die dann in Doha eventuell zu einem Erfolg führen könnten.
Sie sprechen von Ergebnissen. Was sind denn die Ergebnisse, was ist in Bangkok herausgekommen?
Ehring: Es ist ein bisschen herausgekommen. Es gibt zum Beispiel einen inoffiziellen Textentwurf für eine zweite Phase des Kyoto-Protokolls. Das ist ja das Abkommen, das als Erstes im Klimaschutz geschlossen worden ist. Es läuft Ende dieses Jahres aus und da muss ein Nachfolgeabkommen her. Das soll in Doha festgezurrt werden, mit weiteren Verpflichtungen für die Industrieländer. Allerdings: Die Europäische Union und ein paar weitere Länder wie Australien und Neuseeland und Norwegen sind bei Kyoto inzwischen allein auf weiter Flur. Sie kommen gerade mal auf elf bis 15 Prozent aller Emissionen weltweit. Länder wie Japan, Russland sind abgesprungen. Kanada zuletzt auch, die USA sind gar nicht erst dabei. Die Bedeutung des Kyoto-Protokolls ist inzwischen ziemlich begrenzt. Und: Es haben in Bangkok Verhandlungen begonnen über ein neues Klimaabkommen, das die Zeit nach 2020 abdecken soll. Das ist eine Langstrecke. 2015 sollen diese Verhandlungen erfolgt sein und dann müssen die Parlamente das Ergebnis noch ratifizieren. Das UN-Klimasekretariat verzeichnet aber schon erste Ergebnisse bei der Struktur eines solchen Abkommens und Klimaschutzgruppen haben bei der Tagung bei einer Pressekonferenz als Erfolg hervorgehoben, dass man tatsächlich über das Abkommen gesprochen hat und nicht darüber, wie man künftig über das Abkommen sprechen will. Das hört sich alles reichlich technisch an, aber das gibt einen gewissen Optimismus immerhin.
Jetzt haben wir eine Menge Ländernamen schon gehört. Wer treibt denn genau die Klimaschutzverhandlungen voran und wer bremst?
Ehring: Das Climate Action Network, ein Zusammenschluss weltweiter Klimaschutzgruppen, hat sich vorhin dazu auch geäußert und die haben China hervorgehoben und zwar eher als Treiber. Das Land habe eine Blockadehaltung aufgegeben und konkrete Beiträge geliefert. Das sei eine gute Nachricht. China ist der weltgrößte Emittent von Treibhausgasen, inzwischen deutlich vor den USA. China ist trotzdem in der Klimapolitik relativ ehrgeizig im Landesinneren, aber in der Außenpolitik, in der Bereitschaft verbindliche Verpflichtungen einzugehen, waren die Chinesen bisher noch sehr zurückhaltend. Aber da scheint sich ein Wandel anzudeuten. Negativ werden sämtliche Industrieländer hervorgehoben. Die USA blockieren, sie haben sich in Bangkok nicht bewegt. Die Europäische Union auch nicht, ihr Chefunterhändler Artur Runge-Metzger hat angedeutet, dass die EU auch in Doha voraussichtlich ihr Klimaziel nicht erhöhen wird. Japan erwägt, das Klimaschutzziel abzuschwächen. Also, es gibt da eine ganze Reihe von Ländern, die derzeit auf die Bremse treten Insgesamt kann man sagen: Schwellenländer und Entwicklungsländer sind inzwischen die, die Forderungen stellen für mehr Klimaschutz und die Industrieländer als Gesamtheit bremsen. Die Europäische Union war da bisher oft die Ausnahme, aber so richtig voran geht es hier auch nicht.
Hätte man so vielleicht vor ein paar Jahren nicht gedacht. Schauen wir mal auf Doha Ende des Jahres und seien wir mal ganz optimistisch. Was müßte denn dort passieren, um eine Kehrtwende hinzukriegen, um die Erderwärmung noch halbwegs zu begrenzen?
Ehring: Doha allein kann eine Kehrtwende sicherlich nicht schaffen, aber: Es sind einige Ergebnisse, die in Doha schon passieren müssten. Es muss wirklich eine Entscheidung fallen, wie das Kyoto-Protokoll verlängert wird, wie lange und mit welchen Klimaschutzzielen. Die Industrieländer brauchen ehrgeizigere Ziele. Ein neues weltweites Klimaabkommen soll ja erst ab 2020 gelten, aber bis dahin sind es noch acht Jahre, in denen es keine international vereinbarten Grenzen für den Ausstoß von Treibhausgasen für den großen Teil der Welt gibt und das muss mit freiwilligen Selbstverpflichtungen gefüllt werden, die deutlich ehrgeiziger sein müssen, als es derzeit aussieht. Die Europäische Union zum Beispiel, die hat sich 20 Prozent Reduktion des Treibhausgas-Ausstoßes bis 2020 vorgenommen, verglichen mit 1990. Beobachter sind der Ansicht: Wenn die EU gar nichts tut im Klimaschutz im aktiven eigenen Klimaschutz, dann erreicht sie dieses Ziel sowieso. Da ist eine Erhöhung überfällig und wenn die auch in Doha ausbleibt, dann ist das ein sehr negatives Signal für andere Länder.
Kurze Einschätzung: Wie realistisch ist ein Erfolg in Doha?
Ehring: Derzeit sieht es nicht danach aus. Doha ist auch vielleicht nicht der richtige Platz für einen solchen Erfolg. Es findet in einem Ölstaat statt, in dem Land mit dem höchsten Pro-Kopf-Treibhausgasausstoß weltweit und, um eine Wende zustande zu bringen, ist auch eine engagierte Verhandlungsleitung des Gastgeberstaates nötig und da hat sich auch Qatar als Gastgeberstaat bisher nicht hervorgetan.
Ehring: Der Klimagipfel in Doha soll ja Entscheidungen fällen über ziemlich komplizierte Fragen. Fast 200 Teilnehmerländer sind dabei und so was muss vorbereitet werden. Da sind Zwischenkonferenzen erforderlich mit Beamten, da werden Texte ausgearbeitet mit zahlreichen Lücken an den Stellen, wo es wirklich drauf ankommt, wo also politische Entscheidungen gefragt sind. Aber: Es muss Vorklärungen geben beispielsweise in Fragen wie: Welche Messverfahren gibt es für die Emissionen der einzelnen Länder, welches Land erfasst seine Treibhausgase auf welche Weise und veröffentlicht die Ergebnisse dann auch auf welche Weise? Oder Fragen wie: Was ist ein Wald? Entwicklungsländer möchten sich Wälder als Klimaschutz anrechnen lassen und da wollen sich hinterher in Doha die Politiker nicht mit Bäumezählen aufhalten. Da muss eine Definition her: Wie viele Bäume müssen auf einem Quadratkilometer stehen, damit das ganze ein Wald genannt werden kann und was ist dann ein Urwald und was ein gepflanzter Wald und so weiter. Und natürlich gibt es im Hinterzimmer Gespräche darüber, wer in Doha welche Zugeständnisse, welche Angebote machen könnte, und mit den Ergebnissen fliegen die Beamten dann wieder nach Hause, damit die Regierungen zuhause in ihren Hauptstädten Verhandlungslinien festlegen können, die dann in Doha eventuell zu einem Erfolg führen könnten.
Sie sprechen von Ergebnissen. Was sind denn die Ergebnisse, was ist in Bangkok herausgekommen?
Ehring: Es ist ein bisschen herausgekommen. Es gibt zum Beispiel einen inoffiziellen Textentwurf für eine zweite Phase des Kyoto-Protokolls. Das ist ja das Abkommen, das als Erstes im Klimaschutz geschlossen worden ist. Es läuft Ende dieses Jahres aus und da muss ein Nachfolgeabkommen her. Das soll in Doha festgezurrt werden, mit weiteren Verpflichtungen für die Industrieländer. Allerdings: Die Europäische Union und ein paar weitere Länder wie Australien und Neuseeland und Norwegen sind bei Kyoto inzwischen allein auf weiter Flur. Sie kommen gerade mal auf elf bis 15 Prozent aller Emissionen weltweit. Länder wie Japan, Russland sind abgesprungen. Kanada zuletzt auch, die USA sind gar nicht erst dabei. Die Bedeutung des Kyoto-Protokolls ist inzwischen ziemlich begrenzt. Und: Es haben in Bangkok Verhandlungen begonnen über ein neues Klimaabkommen, das die Zeit nach 2020 abdecken soll. Das ist eine Langstrecke. 2015 sollen diese Verhandlungen erfolgt sein und dann müssen die Parlamente das Ergebnis noch ratifizieren. Das UN-Klimasekretariat verzeichnet aber schon erste Ergebnisse bei der Struktur eines solchen Abkommens und Klimaschutzgruppen haben bei der Tagung bei einer Pressekonferenz als Erfolg hervorgehoben, dass man tatsächlich über das Abkommen gesprochen hat und nicht darüber, wie man künftig über das Abkommen sprechen will. Das hört sich alles reichlich technisch an, aber das gibt einen gewissen Optimismus immerhin.
Jetzt haben wir eine Menge Ländernamen schon gehört. Wer treibt denn genau die Klimaschutzverhandlungen voran und wer bremst?
Ehring: Das Climate Action Network, ein Zusammenschluss weltweiter Klimaschutzgruppen, hat sich vorhin dazu auch geäußert und die haben China hervorgehoben und zwar eher als Treiber. Das Land habe eine Blockadehaltung aufgegeben und konkrete Beiträge geliefert. Das sei eine gute Nachricht. China ist der weltgrößte Emittent von Treibhausgasen, inzwischen deutlich vor den USA. China ist trotzdem in der Klimapolitik relativ ehrgeizig im Landesinneren, aber in der Außenpolitik, in der Bereitschaft verbindliche Verpflichtungen einzugehen, waren die Chinesen bisher noch sehr zurückhaltend. Aber da scheint sich ein Wandel anzudeuten. Negativ werden sämtliche Industrieländer hervorgehoben. Die USA blockieren, sie haben sich in Bangkok nicht bewegt. Die Europäische Union auch nicht, ihr Chefunterhändler Artur Runge-Metzger hat angedeutet, dass die EU auch in Doha voraussichtlich ihr Klimaziel nicht erhöhen wird. Japan erwägt, das Klimaschutzziel abzuschwächen. Also, es gibt da eine ganze Reihe von Ländern, die derzeit auf die Bremse treten Insgesamt kann man sagen: Schwellenländer und Entwicklungsländer sind inzwischen die, die Forderungen stellen für mehr Klimaschutz und die Industrieländer als Gesamtheit bremsen. Die Europäische Union war da bisher oft die Ausnahme, aber so richtig voran geht es hier auch nicht.
Hätte man so vielleicht vor ein paar Jahren nicht gedacht. Schauen wir mal auf Doha Ende des Jahres und seien wir mal ganz optimistisch. Was müßte denn dort passieren, um eine Kehrtwende hinzukriegen, um die Erderwärmung noch halbwegs zu begrenzen?
Ehring: Doha allein kann eine Kehrtwende sicherlich nicht schaffen, aber: Es sind einige Ergebnisse, die in Doha schon passieren müssten. Es muss wirklich eine Entscheidung fallen, wie das Kyoto-Protokoll verlängert wird, wie lange und mit welchen Klimaschutzzielen. Die Industrieländer brauchen ehrgeizigere Ziele. Ein neues weltweites Klimaabkommen soll ja erst ab 2020 gelten, aber bis dahin sind es noch acht Jahre, in denen es keine international vereinbarten Grenzen für den Ausstoß von Treibhausgasen für den großen Teil der Welt gibt und das muss mit freiwilligen Selbstverpflichtungen gefüllt werden, die deutlich ehrgeiziger sein müssen, als es derzeit aussieht. Die Europäische Union zum Beispiel, die hat sich 20 Prozent Reduktion des Treibhausgas-Ausstoßes bis 2020 vorgenommen, verglichen mit 1990. Beobachter sind der Ansicht: Wenn die EU gar nichts tut im Klimaschutz im aktiven eigenen Klimaschutz, dann erreicht sie dieses Ziel sowieso. Da ist eine Erhöhung überfällig und wenn die auch in Doha ausbleibt, dann ist das ein sehr negatives Signal für andere Länder.
Kurze Einschätzung: Wie realistisch ist ein Erfolg in Doha?
Ehring: Derzeit sieht es nicht danach aus. Doha ist auch vielleicht nicht der richtige Platz für einen solchen Erfolg. Es findet in einem Ölstaat statt, in dem Land mit dem höchsten Pro-Kopf-Treibhausgasausstoß weltweit und, um eine Wende zustande zu bringen, ist auch eine engagierte Verhandlungsleitung des Gastgeberstaates nötig und da hat sich auch Qatar als Gastgeberstaat bisher nicht hervorgetan.