Während die Staatengemeinschaft in Kattowitz über den Klimaschutz debattiert, wächst die Emission von Treibhausgasen wie Kohlendioxid auch im Jahr 2018 weiter – und zwar schneller als ein Jahr zuvor. Das Global Carbon Project, ein internationaler Forschungsverbund zum Klimawandel, schätzt den Anstieg auf Basis von Zahlen für die ersten neun Monate auf über zwei Prozent.
2015 und 2016 waren die Emissionen stabil geblieben. Dies hatte Hoffnungen auf eine bevorstehende Wende genährt, die dann doch nicht eingetreten ist. Um dies zu schaffen, müsse der Klimaschutz noch deutlich intensiviert werden, heißt es in einem von über 100 Klima-Experten unterzeichneten Kommentar dazu in der Zeitschrift "Nature".
Zu den Autoren gehört unter anderem die ehemalige Chefin des UN-Klimasekretariats, Christiana Figueres. Die neuen Trends seien besorgniserregend, sagt Corinne Le Quere, ebenfalls "Nature"-Autorin und Direktorin des Tyndall Centres für Klimaforschung an der Universität von East Anglia in Großbritannien.
Begrenzung auf 1,5 Grad technisch noch machbar
"Das ist in der Tat besorgniserregend, denn: Um mit dem Klimawandel fertig zu werden, müssen die Emissionen sinken und auf null zurückgehen. Schon für zwei Grad muss dies wirklich schnell geschehen und für eineinhalb Grad müssen die Emissionen bis zum Jahr 2030 sogar halbiert werden."
Der im Oktober veröffentlichte neue Bericht des wissenschaftlichen Weltklimarats IPCC hatte deutlich gemacht, dass die Begrenzung auf 1,5 Grad technisch noch machbar ist. Viele negative Folgen des Klimawandels wären dann noch zu vermeiden – etwa ein nahezu komplettes Absterben der Korallenriffe weltweit. Doch danach sieht es derzeit überhaupt nicht aus. Alle großen Emittenten der Welt tragen zu dieser Entwicklung bei – entweder wachsen die Emissionen oder sie sinken nicht so schnell wie bisher.
"In den USA wachsen die Emissionen vor allem wegen des Wetters: Ein kalter Winter und ein heißer Sommer, beides treibt das Wachstum an. In Europa sinken die Emissionen dagegen, aber nicht so stark wie in früheren Jahren, weil die Kohle durch Öl und Gas ersetzt wird."
Wichtigster Grund für Anstieg: Starke Nachfrage nach Energie
Und noch zu wenig durch Sonnen- und Windenergie. In Indien wachsen die Emissionen von niedrigem Niveau aus wegen der starken Wirtschaftsentwicklung, auch in China gehen die Zahlen nach vorübergehendem Rückgang wieder nach oben. Starke und wachsende Nachfrage nach Energie ist der wichtigste Grund für den Anstieg. Erneuerbare Energiequellen wie Wind und Sonne können dieses Wachstum noch nicht schultern.
"Die erneuerbaren Energien erleben zwar ein explosives Wachstum, aber sie haben die Wirtschaft, das Verkehrswesen, die Industrie und die Landwirtschaft noch nicht durchdrungen. Wir erleben noch nicht, dass sie in dem Maße in der Wirtschaft Fuß fassen, wie wir es brauchen, um die CO2-Emissionen wirklich entscheidend sinken zu lassen."
Auch die Internationale Energieagentur rechnet mit erneut mit einem Anstieg des CO2-Ausstoßes weltweit. Ihr Exekutivdirektor Fatih Birol forderte mehr Anstrengungen, um den Anteil erneuerbarer Energien zu erhöhen. So sieht es auch Wendel Trio vom "Climate Action Network", einem weltweiten Verbund von Klimaschützern. Es reiche eben nicht, dass die Staaten das Pariser Abkommen unterzeichnet haben.
"Jetzt, wo die Staaten das Abkommen haben, müssen sie es auch umsetzen und das heißt, sie müssen aktiv werden. Sie können nicht bis 2030 oder 2050 oder bis wann auch immer warten. Sie müssen es jetzt tun."
Hoffnung auf eine Wende
Corinne le Quere vom Tyndall Centre sieht für die nächsten Jahre durchaus Grund zur Hoffnung auf eine Wende.
"Ich setze wirklich große Hoffnungen auf die Zeit bis 2020. Dann müssen die Regierungen sich wieder an einen Tisch setzen und ihre neuen Selbstverpflichtungen nach dem Pariser Abkommen mitbringen. Sie müssen ehrgeiziger sein als das, was sie in Paris zugesagt haben. Dann werden wir einen Wendepunkt sehen."
Denn die Preise für Wind- und Sonnenenergie sinken immer weiter, heißt es in dem "Nature"-Artikel. In Ländern wie Marokko, Chile und Ägypten werde Solarstrom inzwischen für weniger als drei Cent pro Kilowattstunde erzeugt. Die Kohle könne so aus dem Markt gedrängt werden. Mehr als die Hälfte aller neu geschaffenen Kapazitäten für die Energieversorgung sei bereits erneuerbar. Auch Batterien, die für die Anpassung des Stromangebots an die Nachfrage dringend erforderlich sind, werden schnell billiger. Wenn die Trends so weitergehen, werde um das Jahr 2030 etwa die Hälfte der Stromerzeugung weltweit aus erneuerbaren Quellen stammen.