Die Erwartungen waren hoch, doch es sieht nicht danach aus, dass die Klimakonferenz in Madrid sie erfüllen könnte. Vor allem viele große Klimasünder zeigen wenig Bereitschaft, ihre Anstrengungen zur Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen zu erhöhen. Carlos Fuller, Koordinator der Gruppe der kleinen Inselstaaten:
"Wir sind empört über den Stand der Verhandlungen. Wir werden momentan in die Ecke gedrängt. Wir befürchten, dass wir bei zu vielen Fragen Zugeständnisse machen müssen und das würde die Integrität des Pariser Abkommens untergraben."
Die Erderwärmung soll auf deutlich unter zwei Grad begrenzt werden, wenn möglich sogar auf unter 1,5 Grad, so sieht es das Pariser Abkommen vor.
"Die Klimakonferenz ist ein wichtiger Moment für uns. Sie muss ein Zeitalter höherer Ambitionen einleiten."
Nur wenige Länder mit höheren Zielen
Zwar haben mehr als 70 Staaten inzwischen angekündigt, sich im nächsten Jahr höhere Ziele im Klimaschutz zu setzen. Doch es sind kaum größere Länder oder Staatengruppen dabei. Eine Ausnahme bildet die Europäische Union. Deren neue Kommission hatte gestern den "Green Deal" vorgestellt, der dafür sorgen soll, dass die EU bis zur Mitte des Jahrhunderts treibhausgasneutral wird. Frans Timmermans, Vizepräsident der Kommission mit Zuständigkeit für den Klimaschutz.
"Die Europäische Union kann in Glasgow nur dann Erfolg haben, wenn wir unsere Hausaufgaben gemacht haben, also, wenn wir bereit sind zu zeigen, was wir tun werden und wie schnell, um unsere Ziele für das Jahr 2050 zu erreichen."
Bis Mitte nächsten Jahres soll das Vorhaben die Instanzen der EU durchlaufen haben, damit es formell beschlossen werden kann. Dies könnte auch China mitziehen – der Gipfel in Madrid wartet auf ein Zeichen der Chinesen, dass sie ebenfalls mehr für das Klima tun wollen.
"Ich habe nach wie vor die Hoffnung und auch einige Hinweise darauf, dass China wirklich bereit ist, das Pariser Abkommen zum Erfolg zu führen und noch einige zusätzliche Schritte zu gehen, damit das passiert."
Uneinigkeit bei Schadenersatz durch Klimaschäden
Auch bei den Verhandlungen über noch offene Rechtsfragen des Pariser Abkommens gibt es nach Angaben von Delegierten bisher kaum Fortschritte. Im Mittelpunkt steht hier die Möglichkeit für Industrieländer, Klimaschutz-Projekte in Entwicklungsländer auszulagern. Doch das birgt jede Menge Missbrauchsgefahren – etwa wenn versucht wird, einmal erzielte CO2-Einsparungen doppelt gutzuschreiben – sowohl dem Land, in dem die Treibhausgase eingespart werden, als auch dem, das das entsprechende Projekt finanziert.
Entwicklungsländer verlangen von den Industrieländern Ersatz für Schäden durch die Erderwärmung, die sie selbst schließlich nicht verursacht haben. Doch auch hier gibt es bisher kaum Bewegung.
"Es geht gar nicht voran. Die Fronten zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern sind nach wie vor verhärtet. Auch die Minister waren nicht in der Lage, diesen Knackpunkt hier in Madrid zu lösen", sagt Sabine Minninger von "Brot für die Welt".
"Nach wie vor fordern die ärmsten Staaten Unterstützung, um eben in der Klimakrise bestehen zu können und diese auch zu bewältigen. Und die Industriestaaten verweigern sich komplett neuen Finanzzusagen zu den alten Versprechen, die sie gemacht haben für Anpassungsfinanzierung."
Verweis auf den "Grünen Klimafonds"
Die Industriestaaten verweisen dafür auf schon bestehende Fonds, etwa den "Grünen Klimafonds". Möglicherweise einigt sich die Konferenz auf einzelne Projekte in dem Gebiet, einen Rechtsanspruch auf Schadensersatz wollen die Industriestaaten nicht anerkennen.
Offiziell soll die Konferenz heute Abend abgeschlossen werden. Bisher jedoch ist noch fast jede Klimakonferenz in die Verlängerung am Wochenende gegangen.