Archiv

Klimakonferenz in Paris
Auch der Sport muss mehr für die Umwelt tun

Experten warnen eindringlich: Auf der Klimakonferenz von Paris müssen effektive Maßnahmen ergriffen werden, um die Erderwärmung auf maximal zwei Grad zu begrenzen. Dabei sind nicht nur Politik und Wirtschaft in der Pflicht - sondern auch der Sport.

Von Matthias Friebe | 29.11.2015
    Blick auf das Golfresort Silverado Country Club & Resort in Napa, Kalifornien.
    Der Wasserverbrauch mancher Golfplätze in Kalifornien ist enorm. (dpa / picture alliance / Icon Smi George Fuller)
    Wie sieht die Welt in einhundert Jahren aus? Wenn sich nicht grundlegend etwas ändert womöglich völlig anders, als wir sie heute kennen. Die Auswirkungen der Erderwärmung werden dann massiv zu spüren sein. Steigende Meeresspiegel, eine erhöhte Zahl von Naturkatastrophen, mehr noch: es drohen Einschränkungen im täglichen Leben. Hans Bruyninckx ist Direktor der europäischen Umweltagentur:

    "Wir wollen doch, dass die Menschen gesund leben, dass sie sich frei bewegen können, zum Beispiel in einem Park oder zum Laufen."
    Doch wenn der Klimawandel nicht begrenzt werden kann, erklärt Bruyninckx, wäre damit Schluss.

    "Das wird Einfluss haben auf die Gesundheit von Menschen, die draußen Sport treiben. Darüber hinaus geht es um das Ozonlevel und Hitzeinseln in den Städten. Alle Arten von Problemen, die mit Klimawandel und Umweltverschmutzung zusammenhängen, beziehen sich auch auf den Sport."
    Doch die Welt des Sports zeigt bisher keine Bereitschaft einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Spricht man Hans Bruyninckx auf die Mitverantwortung des Sports an, dann sagt er nur zynisch: Schon immer habe der Sport sich bei unangenehmen Themen aus der Verantwortung gestohlen und geantwortet:
    "Das ist nicht unser Problem, also können wir es ignorieren. So wie wir früher Rassismus und dass Gender-Thema ignoriert haben, wir alle möglichen Themen ignoriert haben."
    "Golfplätze scheinen auf einem anderen Planeten zu liegen"
    Schlimmer noch als die Ignoranz des Sports wirken die eigenen Umweltsünden. Bruyninckx berichtet aus dem US-Bundesstaat Kalifornien, der heute schon unter den ersten Auswirkungen des Klimawandels leidet und immer wieder unter Wassermangel ächzt:

    "Man sieht es in ganz Kalifornien, wo du schon kein Wasser mehr zum Essen bekommst, weil Wasser gespart werden muss. Aber Golfplätze scheinen auf einem anderen Planeten zu liegen."
    Rund drei Millionen Liter Wasser benötigt jeder der knapp 700 Golfplätze in Kalifornien täglich. Damit könnte man 1,5 Millionen Einfamilienhäuser versorgen. Ein absurdes Beispiel, das den ökologischen Rucksack von Sportstätten aber anschaulich macht. Natürlich, sagt Bruyninckx, gebe es auch im Sport immer wieder Aktionen, die sich für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz einsetzen. Doch diese Projekte seien alle das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben sind. Nicht einmal die als große Strukturreform angekündigte Agenda 2020 des Internationalen Olympischen Komitees komme über Allgemeinplätze hinaus.
    "Wir arbeiten an einem globalen Klimaziel. Es ist ziemlich klar, wie es aussieht. Und das kann man in sein Programm integrieren und erklären, dass man klimaneutrale Olympische Spiele möchte. Aber da sind keine Ziele, keine Deadlines, keine Verbindung zu den großen Klima-Richtlinien."
    Klimakiller Kunstschnee
    Klar und deutlich wird aber auch von Seiten der Sportverbände die Wichtigkeit von Nachhaltigkeit und Umweltschutz formuliert. Vom Welt-Skiverband FIS zum Beispiel. Der Wintersport in seiner heutigen Form steht oft im Zentrum der Kritik. Denn Skigebiete, die künstlich beschneit werden müssen, weil Naturschnee ausbleibt oder zu unregelmäßig fällt, sind ähnlich gravierend für die Umwelt wie die Golfplätze in Kalifornien. FIS-Generalsekretärin Sarah Lewis sagt:

    "Was Alpin-Ski, was auch Langlauf und auch Snowboard-Freestyle betrifft, geht es nicht nur um die Olympischen Spiele. Sondern es sind auch Sportarten, die sehr mit dem Tourismus verknüpft sind. Von dem her spielt die Situation mit dem Schnee und dem Klima eine sehr wichtige Rolle nicht nur für die Spitzenwettkämpfe, sondern auch für den gesamten Tourismus."
    Lewis selbst hat an den 40 Empfehlungen der Agenda 2020 mitgearbeitet und sieht deutliche Fortschritte, was die Planung und Organisation von beispielsweise Olympischen Winterspielen angeht.

    "Man muss nicht mehr alles in eine kompakte Umgebung haben. Das ist ein wichtiger Punkt. Man kann trotzdem Winterspiele haben, wo man eine existierende Abfahrtspiste in einer anderen Region oder sogar in einem anderen Land nutzen kann."
    Zu kurz gedacht
    So könne man umweltschädliche und teure Neubauten, deren Nachnutzung nach den Spielen ungewiss ist, besser verhindern. Die übernächsten Winterspiele werden dennoch im schneefreien Peking stattfinden. Athleten und Zuschauer müssen dann zu den Wettkämpfen viele Kilometer außerhalb der chinesischen Hauptstadt in die Berge gebracht werden. Ohnehin hält Umweltexperte Bruyninckx diese ganzen Vorschläge und Maßnahmen der Agenda für viel zu kurz gegriffen:
    "Aus der Perspektive von Klima und Umwelt nenne ich das einen Sport- und Event-zentrierten Ansatz. Es kommt aus der Denkweise: ‚Wir sind eine Sportorganisation. Lasst uns über unsere begrenzte Welt und das, was wir tun können, nachdenken.' Aber das hat nichts mit den umfassenden Megatrends zu tun, die wir diskutieren."
    Der Direktor der europäischen Umweltagentur appelliert deshalb an die Vorbildfunktion des Sports, die Millionen von Menschen auf der ganzen Welt auf den unterschiedlichsten Wegen erreichen könne:
    "So lange Menschen sich mit Sport-Teams, mit ihrem Hobby oder einem gesunden Lebensstil identifizieren, dann gibt es ein großes Potential, wenn es eine Botschaft aus der Welt des Sports ist."