Sport und Klimakrise
Geografin Hafner: "Lieber Verein umsiedeln als Todesfall riskieren"

Das Hochwasser in Süddeutschland hat auch zahlreiche Sportstätten zerstört. Solche Naturkatastrophen werde es öfter geben, sagt Sabine Hafner vom Projekt "KlimaKom" im Dlf. Sportvereine müssten sich anpassen, aber auch Verbände seien in der Pflicht.

Sabine Hafner im Gespräch mit Maximilian Rieger | 08.06.2024
Ein Fußballplatz steht unter Wasser.
Das Hochwasser in Süddeutschland hat auch viele Sportstätten zerstört. (picture alliance / dpa / Christoph Reichwein)
Eigentlich wollte die SG Schorndorf aus dem Rems-Murr-Kreis in Baden-Württemberg an diesem Wochenende mit und 5.000 Besucherinnen und Besuchern ihr Sommerfest feiern. Doch daraus wird nichts. Sowohl die Kunstrasenplätze als auch die Beachvolleyball- und Tennisfelder sind durch das Hochwasser zerstört worden.
"Den Schaden, den ich jetzt hier sehe, schätze ich auf mindestens ein bis zwei Millionen Euro. Wir sind auf jeden Fall auf Hilfe angewiesen", sagte Benjamin Wahl, der geschäftsführende Vorstand des Vereins, gegenüber den SWR.
Eine schmerzhafte Erfahrung, die laut Sabine Hafner kein Einzelfall bleiben wird. "Das müssen sich nicht nur Sportvereine darauf einstellen, sondern unsere gesamte Gesellschaft", sagt Hafner im Deutschlandfunk. Hafner ist Diplom-Geografin und Vorstand und Projektleiterin von "KlimaKom", einer gemeinnützigen Genossenschaft für nachhaltige Entwicklung.

Realität noch nicht bei Entscheidern abgekommen

"Jahrhunderthochwasser werden immer öfter der Fall sein und wir werden jetzt auch ein Jahrhundert der Hochwasser haben. Da müssen wir uns alle anpassen", sagt sie.
Diese Realität sei in den Sportvereinen, Sportverbänden und auch bei den Planern von Sportstätten aber noch nicht angekommen: "In vielen Fällen ist die Adaption noch überhaupt nicht da, was es an Möglichkeiten gibt. Nämlich auf der einen Seite technische, bauliche Veränderungen zu machen, aber auch organisatorische Veränderungen zu machen, das ist noch nicht angekommen."
Anstoß zur Veränderung dürften aber nicht die Katastrophen selbst sein, sagte Hafner. "Das ist der schlechteste Weg, nämlich eine Anpassung durch die Katastrophe."
Stattdessen sollten Vereine strategisch vorgehen: "Also sich genau überlegen, was wird auf meinen Verein zukommen? Was für Anpassungsmaßnahmen sind notwendig? Gerade Hochwasser ist immer schwierig für einen Verein. Man weiß nicht genau, wann es kommt. Aber trotzdem sollte man eine Vorsorge haben, so banal das auch klingt. Einfach den Sand da zu haben und die Säcke da zu haben. Und die Vereinsmitglieder, die diese Säcke auch füllen können. Oder auch zu wissen, wo der nächste Gullydeckel ist."

Vereine müssen sich auch auf Hitze vorbereiten

Aber nicht nur Hochwasser-Katastrophen werden auf die Sportvereine zukommen, sagt Hafner. Auch extreme Hitze werde in Zukunft eine Rolle spielen. "Da brauchen wir andere Organisationsstrukturen. Wann findet das Training statt? Eben nicht nur in der Mittagspause oder in der Mittagshitze, sondern dann eher in den Abendstunden. Wann findet der Wettkampf statt? Nicht in den Sommermonaten, sondern gegebenenfalls dann auch im Herbst."
Hier sieht Hafner vor allem die Verbände in der Pflicht. "Die Dachverbände sollten dann auch diese Themenstellung runter triggern in die einzelnen Vereine und auch immer wieder finanzielle Anreize geben. Das ist in meinen Augen wichtig." Von einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach eines Vereinsheims könne der Verein zum Beispiel langfrisitig finanziell profitieren. Gleichzeitig würde dies positive Effekte für die Umwelt haben.

Risikoanalyse beim Wiederaufbau

In den vom Hochwasser betroffenen Gebieten steht nun erst einmal der Wiederaufbau an. Bereits hier gäbe es einiges zu beachten, sagte Hafner: "Also ganz banal, vorher mal eine Risikoanalyse machen. In welchem Bereich werde ich meinen Verein wieder aufbauen? Wo sind die Sportstätten angesiedelt? Wo ist das Vereinshaus? Ist es in einem Risikogebiet?"
Gerade in ländlichen Räumen seien viele Vereine im Außenbereich angesiedelt, sagte Hafner. "Das ist auf der einen Seite schön. Aber wenn ein kleines Gewässer ganz schnell über die Ufer tritt, ist der Verein ganz schnell davon betroffen. Und da heißt es dann eben auch, Abstand davon zu nehmen, den Verein am alten Standort wieder aufzubauen. Da sind eben auch die oberen Behörden gefordert, ganz klar zu sagen: Nein, das ist ein potenzielles Überflutungsgebiet. Und dann mit dem Verein auf eine alternative Standortsuche zu gehen."
Für Vereine, deren Standort oft auch eine Frage der Identität ist, sei das schwierig, weiß auch Hafner. "Aber wir leben halt heute in einer außergewöhnlichen Situation. Und da sage ich: Lieber den Vereinsstandort aufgeben, als dann irgendwann einen Todesfall zu beklagen."