Stade, Wilhelmshaven, Brunsbüttel, Lubmin. Hier sollen in den kommenden Jahren LNG-Terminals entstehen, an denen Tanker verflüssigtes Erdgas entladen. Die ersten Terminals werden Spezialschiffe sein, gechartert für fünf bis zehn Jahre. Zwei dieser schwimmenden Terminals sollen im Dezember loslegen, fünf sollen im nächsten Jahr folgen. Danach ist der Bau von großen LNG-Terminals an Land geplant, sie könnten ab 2026 in Betrieb gehen. Eine Frage dabei lautet: Was ist nötig, um diese Anlagen zukunftsfähig zu machen, sodass sie statt fossilem Erdgas grünen Wasserstoff aufnehmen können?
„Bei den Terminals, damit die später zum Beispiel mit Wasserstoff funktionieren können, ist es wichtig, dass die technische Umstellung schon in der Design-Phase des Terminals berücksichtigt wird“, sagt Matia Riemer vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe, Mitautorin der neuen Studie.
Wasserstoff und verbaute Stähle sollten kompatibel sein
„Das ist insbesondere bei der Materialverträglichkeit wichtig, zum Beispiel welche Stähle verbaut werden. Da muss sichergestellt werden, dass alternative Energieträger wie Wasserstoff auch mit den Stählen kompatibel sind, die dann verbaut werden.“
Denn: Verflüssigtes Erdgas ist -163 Grad Celsius kalt, Flüssigwasserstoff dagegen -253 Grad. Um also ein LNG-Terminal bereit für Wasserstoff zu machen, sollten von vorneherein Stähle verbaut werden, die -253 Grad aushalten können und nicht nur -163 Grad. „Das ist vor allem beim Tank zentral, weil der ist die kostenintensivste Komponente und auch die, die wahrscheinlich die längste Lebensdauer hat.“
Austausch von Pumpen, Rohrleitungen oder Ventilen
Andere Komponenten wie Pumpen, Rohrleitungen oder Ventile müssten bei einer Umrüstung gegen neue ausgetauscht werden, sonst droht eine Materialversprödung. Unterm Strich schätzt die Studie, dass sich 50 Prozent der Anlage bei einer Umrüstung weiterverwenden ließe. Aber es gibt auch Alternativen: Statt den Wasserstoff zu verflüssigen, kann man ihn auch mit Stickstoff reagieren lassen zu Ammoniak.
Ammoniak hat den Vorteil, schon bei -33 Grad Celsius flüssig zu werden, und das macht den Tankertransport einfacher. Allerdings ist Ammoniak giftig und korrosiv und benötigt deshalb ebenfalls andere Materialien als ein gewöhnliches LNG-Terminal. Ganz so teuer wie bei Flüssigwasserstoff wäre die Umrüstung aber wohl nicht, sagt Matia Riemer. „Beim Ammoniak geht man davon aus, dass insgesamt bis zu 70 Prozent der Investitionssumme wiederverwendet werden kann.“
Sicher ein Pluspunkt, aber die Sache hat einen Haken – und zwar sobald man das Ammoniak nicht direkt verwenden will, etwa als Dünger, sondern den Wasserstoff aus dem Ammoniak herausholen will. „Wenn man dann Wasserstoff abtrennen will, muss man leider 25 bis 30 Prozent der Energie, die im Ammoniak steckt, aufwenden, um den Wasserstoff zu verwenden“, sagt Gerd Würsig vom Ingenieurbüro GMW Consultancy. Er ist an der Fraunhofer-Studie nicht beteiligt.
Ob also Wasserstoff in Zukunft in flüssiger Form verschifft werden soll oder aber chemisch gebunden in Ammoniak – da streiten sich die Geister. Und die Sache wird noch komplizierter: Denn Wasserstoff lässt sich auch als Methanol transportieren oder als Methan – demselben Molekül also, aus dem Erdgas besteht. Letzteres hätte für Gerd Würsig einen Vorteil: „Für mich persönlich ist die Möglichkeit, Methan als Grundlage zu verwenden, das genauso transportiert werden kann wie heute verflüssigtes Erdgas. Man kann die gesamte Infrastruktur nutzen.“
Zukunftstechnik der LNG-Terminals noch unklar
Doch dieses Methan enthält Kohlenstoff, der beispielweise aus den Abgasen fossiler Kraftwerke gewonnen werden könnte. Dieser Kohlenstoff sollte dann tunlichst nicht als CO2 in die Atmosphäre gelangen, müsste also zum Beispiel aufgefangen und in den Boden verpresst werden – was ebenfalls mit Aufwand verbunden ist. Das Resümee: Es ist noch nicht klar, wie wir grünen Wasserstoff überwiegend transportieren werden, ob flüssig oder in Form von Ammoniak, Methanol oder Methan – alles hat seine Vor- und Nachteile. Deshalb ist es schwierig, schon heute zu entscheiden, auf welche Zukunftstechnik die LNG-Terminals am besten ausgelegt werden sollen.
„Man muss dann, wenn man diese Umstellung macht, sich entweder auf den einen oder auf den anderen Energieträger einlassen und kann dann nicht flexibel hin und hergehen zwischen verschiedenen Energieträgern.“ Und sollte man hier die falschen Entscheidungen treffen, könnten sich die geplanten LNG-Terminals im Extremfall als erhebliche Fehlinvestition erweisen.