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Klimaneutralität bis 2050
Leopoldina und Nachhaltigkeitsrat drängen auf Veränderungen

Der Rat für Nachhaltige Entwicklung und die Wissenschaftsakademie Leopoldina fordern von der Politik entschlossenes Handeln, um in den kommenden Jahrzehnten Klimaneutralität zu erreichen. "Wir haben jetzt zehn Jahre, um unsere Infrastruktur zu organisieren", sagte Mitautorin Antje Boetius im Dlf.

Antje Boetius imn Gespräch mit Monika Seynsche |
Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat gemeinsam mit den Rat für Nachhaltige Entwicklung ein Positionspapier zum Thema Klimaneutralität verfasst. "Das Handeln der Menschen destabilisiert das Erdsystem auf eine Weise, welche die Existenz und die Chancen der heutigen und der kommenden Generationen sowie die Vielfalt des Lebens auf der Erde bedroht", heißt es in dem Papier. Die Wissenschaftler haben konkrete Vorschläge zur Umsetzung der Ziele für politische Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen erarbeitet.

"Bittere Nachricht"

Antje Boetius, Direktorin des Alfred Wegener Instituts für Polar und Meeresforschung, ist Mitautorin des Positionspapiers. "Die bittere Nachricht, die wir bringen müssen, ist: Wir haben jetzt eine Dekade um unsere Infrastruktur so zu organisieren, dass wir uns gegenseitig helfen können, CO2-Emissionen zu vermeiden, die Überdüngung zu vermeiden, weitere Schäden an der Natur zu vermeiden."
Insel Pellworm, Luftbild vom Schleswig-Holsteinischen Nationalpark Wattenmeer
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Vorschläge zum Energiesystem

"Auf der Erde gibt es sozusagen Sonne und Wind für umsonst und die Meereskraft auch. Das kann man verschränken und so nutzen, dass wir in möglichst kurzer Zeit zunehmend zum Beispiel Wasserstoff oder Methanol in unsere Energiestrukturen einspeisen", erklärt Boetius. Momentan werden diese Energiestrukturen noch hauptsächlich durch Kohle, Erdöl und Erdgas betrieben. Dazu liegen mehrere Vorschläge vor, die mit bestehenden System zu realisieren sind. "Wir können ja nicht auf eine bessere Welt warten. Da müssen Anreize für regenerative Energien rein."
Konkret heiße das: CO2-Preis erhöhen, Emissionshandel verstärken, dadurch eine Lenkungswirkung erzielen, "sodass das umweltfreundliche Handeln günstiger, bequemer, besser ist als das unfreundliche Umweltzerstörerische oder das, was eben die die Atmosphäre mit CO2 vollpumpt."
Grafik zu Deutschlands Treibhausgasemissionen seit 1990 und Reduktionsziele der Bundesregierung

Wie die Transformation gelingen könnte - und welche Hürden es gibt

Teile dieses Energiesystems der Zukunft könne man in Deutschland nicht alleine bewältigen. Dazu brauche man Partnerschaften, sagte Boetius. "Zum Beispiel mit Skandinavien oder mit Afrika oder über die Meere." Um bei den großen Themen Mobilität, Gebäuden, Landnutzung besser, günstiger und zum Wohle aller zusammenzuarbeiten, müsse man die Finanzmärkte einbeziehen. "Das hat ganz viel mit der Frage auch der Schuldenentlastung zum Beispiel von den Ländern zu tun, die überhaupt nicht die Mittel haben, diese Transformation zu machen. Es hat aber auch viel mit Innovation zu tun, also der Zukunft von Arbeitsplätzen." Wenn die erste Wachstumsphase komme, sei das auch mit mehr Arbeitsplätzen verbunden. "Und diese Idee einer viel besseren Zukunft für alle, die muss noch viel prominenter gesetzt werden. Deswegen beschäftigt sich unser Papier ja auch mit den Blockaden und der Organisation von der Beschleunigung eben dieses Umbaus."
Solarfeld im Licht des Sonnenaufgangs in Mecklenburg-Vorpommern bei Luttow-Valluhn.
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Das Verhaften in der Gegenwart sei eine solche Blockade sowie politisch motivierte Bahuptungen, "dass wir uns in Deutschland die höheren Benzinpreise nicht leisten können und Menschen hier in Deutschland das nicht mehr bezahlen können", so die Wissenschaftlerin. Dabei gehe es nicht darum, Steuern zu erheben, sondern umzuverteilen. "Dorthin, dass die belohnt werden, die Energie einsparen und die, die eben darauf angewiesen sind, vom Land in die Stadt zu fahren oder anderswohin, eine Entlastung bekommen." Dieses Konzept liege vor. "Wir müssen raus aus dieser Idee, dass jetzt die Gegenwart gerecht ist und die Zukunft schwierig. Das ist ja völlig verkehrt."

Das dringendste Problem: der Kohleausstieg

Der erste große Schritt sei der Kohleausstieg, sagte Boetius. "Wenn die Kohlekraftwerke weiter gebaut und betrieben werden, wie sie heute global aufgemalt sind, dann werden wir zu viel CO2 in die Atmosphähre bekommen. Die Luft wird zu schmutzig sein, und das zerreißt die Ziele, die wir haben, um eben das weltweite Artensterben aufzuhalten, auch Dürre, globale Klima-Migration, Meeresspiegelanstieg." Dazu müsse man regenerative Energien aufbauen. "Mit der nötigen Infrastruktur, sei es Windkraft, Photovoltaik - sei es aber auch, dass wir Gas zu den Gasverbräuchen, Wasserstoff eben jetzt zuspeisen. Das sind alles Elemente, die wir können. Wo die Technik nicht das Problem ist."

Das größte Problem: ungerechte Strukturen und Rahmenbedingungen

Die größte Hürde, die die Politik schaffen müsse, sei die, einen Rahmen zu finden, um einen klimaschonenden Umbau möglich zu machen, sagte Boetius im Dlf. Es sollten nicht diejenigen bestraft werden, die den Umbau vorantreiben: "Wenn man mit der Industrie spricht, zum Beispiel Stahlwerken, dann sagen die: Natürlich möchten wir gerne klimaschonenden Stahl haben." Das bedeute aber, dass die regenerative Energie, die für all die Prozesse nötig ist, ans Werk müsse. Denn man kann nicht das Werk versetzen. Über den Green Deal der EU sei allerdings dafür so großer Druck entstanden, "dass das einfach Hoffnung macht."
Ansicht des Walchensee-Kraftwerks direkt am See zwischen bewaldeten Hügeln gelegen.
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