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Klimarat ohne US-Geld

Die republikanische Mehrheit im US-Kongress will sich aus der finanziellen Förderung des Weltklimarates ausklinken. Die Begründung: Der Klimarat liefere "korrupte Ergebnisse" ab.

Von Volker Mrasek | 28.02.2011
    Die USA sind der mit Abstand größte Geldgeber des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen. Sie zahlen regelmäßig in den Treuhandfonds des IPCC ein. Sie unterhalten und finanzieren eines von mehreren technischen Büros des Weltklimarates. Und sie erstatten ihren eigenen Forschern die Kosten für oft weite Reisen zu IPCC-Tagungen und –Workshops.

    Das alles soll nach dem Willen republikanischer Kongressabgeordneter ersatzlos gestrichen werden. Mit ihrer Mehrheit stimmte das Repräsentantenhaus jetzt dafür, den IPCC nicht länger zu fördern. Die Begründung eines ihrer Wortführer: Der Klimarat liefere "korrupte Ergebnisse" ab.

    Wissenschaftler sind perplex. Michael Oppenheimer, Professor für Geowissenschaften wie auch für Internationale Angelegenheiten an der Universität Princeton:

    "Es gibt republikanische Politiker, die der Wissenschaft von der globalen Erwärmung einfach nicht glauben wollen und dahinter eine Verschwörung von Forschern und linken Politikern sehen. Ich denke, das ist paranoid und schlicht verrückt. Um so erstaunlicher ist, dass das gesamte Repräsentantenhaus jetzt einem solchen Unsinn folgt."

    Man dürfe nicht alle Republikaner über einen Kamm scheren, sagt Oppenheimer. Aber in der Partei gebe es eine Kerngruppe, die keine Klimaschutzmaßnahmen wünsche und damit verbundene Kosten für die heimische Industrie ...

    "Mit ihrer Mehrheit im Repräsentantenhaus nehmen die Republikaner Änderungen am Haushaltsentwurf vor, die darauf abzielen, die Förderung ausgesuchter Projekte einzustellen. Es geht ihnen dabei aber nicht in erster Linie um die Einsparungen, sondern darum, die Politik zu ändern. So schlagen sie zum Beispiel auch Gesetzesänderungen vor, die die Befugnisse der US-Umweltbehörde EPA einschränken würden, gerade auch bei der Regulierung von Treibhausgas-Emissionen."

    Im Jahr 2009 seien drei Millionen US-Dollar für den IPCC aufgewendet worden. Diese Summe nennt Christopher Field, Chef-Ökologe des Carnegie-Instituts und einer der stellvertretenden Vorsitzenden von IPCC-Arbeitsgruppe II. Sie befasst sich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf Natur und Gesellschaft.

    An den regelmäßigen Haupt- und Sonderberichten des Weltklimarates arbeiten Hunderte von Wissenschaftlern mit. Und das ehrenamtlich, wie Christopher Field betont:

    "Das Repräsentantenhaus glaubt, dass sich das Investment in den IPCC für die USA nicht lohnt. Ich dagegen kann nur sagen, es ist ein gutes Geschäft. Der IPCC liefert exzellente Analysen darüber, was die Klimawissenschaft weiß und was sie nicht weiß. Und das zu einem sehr günstigen Preis. Denn die Hauptarbeit leisten Freiwillige."

    Nichts wird allerdings so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Das erwartet Michael Oppenheimer auch im Fall der US-Finanzhilfen für den IPCC. Vermutlich werde es zu einem Kompromiss mit dem Senat kommen, in dem die Demokraten die Mehrheit haben:

    "Ich wäre nicht überrascht, wenn es zu einer gewissen Kürzung der Mittel käme. Aber sicher nicht in einem Ausmaß, das den IPCC in seiner Handlungsfähigkeit gefährdet. Ich bezweifle ernsthaft, dass Präsident Obama ein solches Gesetz unterschriebe. Er würde es nicht nur als schädlich für die Wissenschaft ansehen, sondern auch für die US-Außenpolitik."

    Aus dem Sekretariat des Weltklimarates in Genf gibt es bisher keine Stellungnahme. Deswegen ist im Moment unklar, was eine Kürzung der US-Mittel für den IPCC konkret bedeuten würde. Ob es dazu kommt und wie hoch sie tatsächlich ausfällt – das soll spätestens Ende dieser Woche klar sein.