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Klimaschutz
Abholzung in Brasiliens Regenwäldern nimmt zu

Brasiliens Regenwald verschwindet in rasanter Geschwindigkeit. Laut Greenpeace wurde allein im ersten Halbjahr eine Fläche so groß wie das Saarland vernichtet. Das Handelsabkommen zwischen der EU und Mercosur könnte die Entwicklung noch verschärfen.

Von Ivo Marusczyk |
Ein Junge steht vor einer zerstörter Regenwaldfläche. Laut dem Artenschutz-Bericht der UN wurden zwischen 1980 und 2000 in den Tropen 100 Millionen Hektar Regenwald zerstört. Dieser wird eigentlich als Kohlenstoffspeicher der Erde gebraucht.
Der Regenwald - eigentlich Kohlenstoffspeicher der Erde - wird rasant zerstört. In Brasilien sieht Präsident Bolsonaro vor allem den wirtschaftlichen Nutzen. (dpa / picture-alliance / I.R.Lloyd/ Wildlife )
Rund um den G20-Gipfel wurde deutlich, wie weit Deutschland und Brasilien in Sachen Klimaschutz auseinander liegen.
"Ich habe mit Angela Merkel gesprochen - und Deutschland wird seine Verpflichtungen aus dem Klimaschutzabkommen nicht einhalten, was fossile Energien angeht."
Gab Brasiliens Präsident Bolsonaro zurück. Womit er zwar recht hat, aber nur, weil er Äpfel mit Birnen vergleicht, sagt der Energie-Experte Alexandro Pires.
"Brasiliens Umweltprobleme haben mit der Abholzung zu tun - und mit der Energieerzeugung. Im Gegenteil: bei der Energiegewinnung sind wir vorbildlich. Aber bei dem Streit, den Bolsonaro beim G20 mit Merkel und Macron durchgezogen hat, ging um Amazonien."
Bolsonaro relativierte sein Klimaschutz-Versprechen
Immerhin hat Bolsonaro ein großes Zugeständnis gemacht. Anders als früher angekündigt, werde Brasilien nun doch im Pariser Klimaschutzabkommen bleiben. Das hatte Emmanuel Macron zur Bedingung für das Handelsabkommen mit dem Mercosur gemacht. Auf den ersten Blick ein Sieg für den Klimaschutz. Doch nach dem Gipfel relativierte Bolsonaro sein Versprechen gleich wieder. Man werde - vorerst - im Klimaabkommen bleiben.
Und überhaupt seien die Berichte über Abholzungen völlig übertrieben:
"Wir werden alles tun, um uns an die abgesprochenen Sachen zu halten. Aber wir können manche Kommentare einfach nicht hinnehmen. Und auch keine Diffamierung Brasiliens im Umweltbereich. Schauen Sie sich die Zeitungsberichte der letzten fünf Jahre über Abholzungen im Amazonasraum an - wenn das alles stimmen würde, müsste schon alles abgeholzt sein."
Dramatische Zunahme der Regenwald-Zerstörung
Tatsächlich sind weite Teile des früheren Waldes aber wirklich schon gerodet. Und ein Blick auf Satellitenbilder zeigt, dass die Zerstörung des Amazonas-Regenwalds zuletzt wieder dramatisch zunimmt. Márcio Astrini von Greenpeace Brasilien sagt:
"Wir machen uns in Brasilien große Sorgen, dass die Abholzung wieder zunimmt. Schon letztes Jahr gingen die Zahlen nach oben, um 14 Prozent auf die absurde Zahl von 8.000 Quadratkilometer - und praktisch diese ganze Zerstörung lief illegal ab. Und leider zeigen die vorläufigen Zahlen derzeit, dass es jetzt noch einmal nach oben geht. Dass die aktuellen Zahlen noch mal höher sind."
Bolsonaro entmachtete die Umweltbehörden
Allein im Juni wurde 60 Prozent mehr Waldfläche gerodet als im gleichen Monat des Vorjahres, hat die Zeitung "O Globo" berechnet - und beruft sich auf Satelliten-Auswertungen eines staatlichen Instituts. Allein im ersten Halbjahr dieses Jahres gingen 2.300 Quadratkilometer Urwald verloren, das ist fast die Fläche des Saarlands. Bolsonaro hat dafür gesorgt, dass die Umweltbehörde und die Behörde zum Schutz der Indigenen weitgehend entmachtet wurden. Kontrollen können kaum noch stattfinden. Holzfäller, Großgrundbesitzer, Goldsucher dringen ungehindert in Urwaldgebiete ein und holzen mittlerweile völlig ungestört ab.
Deswegen wird auch schon Kritik am Handelsabkommen laut, das die EU mit dem südamerikanischen Wirtschaftsblock Mercosur abgeschlossen hat. Eine Zunahme des Handels werde den Druck auf den Regenwald noch verstärken. Andererseits habe die EU aber als Kunde auch die Möglichkeit, stärker Einfluss zu nehmen.
"Wenn die EU-Länder wollen, dass Brasilien das Pariser Abkommen nicht verlässt und wenn sie das ernst meinen, dann müssen sie klarmachen, dass umweltschädliche Produkte auf keinen Fall in der EU akzeptiert werden."