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Klimaschutz bei G20
"Ein Zugeständnis an die USA"

Das Kommuniqué des G20-Gipfels zum Klimaschutz enthält einen Passus, wonach die USA anderen Ländern helfen werden, auf fossile Brennstoffe zuzugreifen. "Dieser Satz ist ein Zugeständnis an die USA", erklärt Dlf-Redakteurin Jule Reimer. US-Präsident Donald Trump wolle der Welt unbedingt Flüssiggas verkaufen.

Jule Reimer im Gespräch mit Nele Rößler |
    Aktivisten der Umweltorganisation demonstrieren gegen die Klimapoltik der USA mit Transparenten
    Nicht zu Kooperationen bereit: Die Rolle der USA zum Klimaschutz beim G20-Gipfel wurde kritisch gesehen. (imago/ Christian Mang)
    Nele Rößler: Wie lautet das Ergebnis des G20-Gipfels beim Klimaschutz ?
    Jule Reimer: Im Grunde wurde der Klima-Absatz im Gipfelkommuniqué dreigeteilt. Am Anfang bekennen sich alle G20-Staaten zu der Einsicht, den Ausstoß von CO2 und anderen Treibhausgasen vermindern zu müssen und auf nachhaltige Energiesysteme mit geringem CO2-Ausstoß hinzuarbeiten. Dann nehmen die G20 als Gruppe die Ankündigung der USA zur Kenntnis, aus dem Pariser Klimaschutzabkommen auszusteigen und die dort genannten CO2-Reduktionsziele zurückzuziehen.
    Und im nächsten Abschnitt bekennen sich alle anderen – also 19 Staaten ohne USA – zu den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens, ohne Wenn und Aber zu dessen direkter Umsetzung und sie bekräftigen, dass das Abkommen nicht verhandelbar ist.
    G20-Gipfelkommuniqué von Hangzhou ging weiter
    Rößler: Durch die Einbeziehung der USA in ein gemeinsames Abschlusskommuniqué fiel die Gipfelerklärung schwächer aus als die Vorgängererklärung des G20-Gipfels in China 2016, die allerdings auch noch von damals US-Präsident Obama unterschrieben worden war. War das wirklich klug?
    Reimer: In der Tat ging das G20-Gipfelkommuniqué von Hangzhou weiter als das von Hamburg. So enthielt der Text aus China noch den Appell, Subventionen für fossile Energien möglichst schnell auslaufen zu lassen. Allerdings nur für "ineffiziente" Subventionen, was eigentlich unsinnig war, da jede staatliche Förderung von Kohle, Erdöl und Gas klimaschädlich und damit letztlich auch unwirtschaftlich und unsoziale ist.
    Neu ist jedoch im Fall des Hamburger Gipfelkommuniqués, dass es erstmals eine Art Grundsatzpapier zu Klima und Energie gibt, das dem Kommuniqué als ebenfalls verabschiedetes Gipfeldokument angehängt ist. In diesem "Aktionsplan der G20 von Hamburg zu Klima und Energie für Wachstum" sind zahlreiche Bezüge und Details zum Klimaschutz festgehalten, zum Beispiel das Ziel, die Erwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen, dass Subventionen auf fossile Energien auslaufen sollten sowie der Hinweis auf die UN-Nachhaltigkeitsziele ("Sustainable Development Goals – SDGs) der Agenda 2030.
    Kritik der Umweltschutzgruppen
    Rößler: Wie ist dieser umstrittene Satz im Kommuniqué zu interpretieren, der sinngemäß heißt: "Die Vereinigten Staaten von Amerika werden anderen Ländern dabei helfen, auf fossile Brennstoffe zuzugreifen und sie sauberer und effizienter zu nutzen." Sind jetzt Kohle, Erdöl und Gas doch nicht so schlimm fürs Klima?
    Reimer: Dieser Satz ist ein Zugeständnis an die USA: US-Präsident Trump will der Welt unbedingt US-amerikanisches Flüssiggas verkaufen. Umweltschutzgruppen sehen diesen Satz kritisch, weil es aus deren Sicht keine einzige saubere fossile Energieform gibt – auch wenn Gas insgesamt die geringste CO2-Wirkung hat.
    Aber der Satz richtete möglicherweise gar nicht so viel Schaden an: Er bezieht sich nur auf die USA und seine Aussagen werden durch andere Inhalte der G20-Erklärung eingeschränkt wie dem gemeinsamen Bekenntnis zur Energiewende und zu den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Agenda 2030 im Kommuniqué selbst und im erwähnten Aktionsplan.
    Mit dem SDG-Ziel Nr. 7 haben die USA zudem bereits einem starken Zubau von Erneuerbaren Energien zugestimmt und zugesagt, die Energieeffizienz bis 2030 erheblich zu steigern. Im Gipfelkommuniqué von Hangzhou 2016 stand bereits sowas ähnliches drin, nur dass dort Erdgas ganz explizit genannt wurde.
    Erdogans Querschlag als Wink mit dem Zaunpfahl
    Rößler: Nachdem die Gipfelerklärung von allen verabschiedet wurde, erklärte dann plötzlich der türkische Präsident Erdogan, es sei noch gar nicht sicher, ob das türkische Parlament das Pariser Klimaschutzabkommen ratifizieren werde. Was sollte das denn?
    Reimer: Die Türkei war auch vor der Ausstiegsankündigung der USA bereits kein ganz einfacher Partner bei den UN-Klimaverhandlungen. Erdogans Querschlag nach der Verabschiedung der Gipfelerklärung ist vielmehr ein Wink mit dem Zaunpfahl. Die Türkei möchte in den weiteren Klimaverhandlungen nicht als Industrieland, sondern als Entwicklungsland eingestuft werden, dann muss sie nicht anderen, ärmeren Ländern finanziell bei der Energiewende beistehen sondern bekommt sogar vielleicht noch Geld.