Archiv

Klimaschutz beim Museumsbau
Forscher: "Wenn ich ein Museum planen würde, wäre es sehr hässlich"

Das geplante Museum der Moderne in Berlin sei nicht ökologisch genug, kritisiert der Bundesrechnungshof. Nachhaltigkeit zähle beim Museumsneubau eben nicht zu den ersten Priorität, sagte Stefan Simon, Leiter des Rathgen-Forschungslabor, im Dlf. Andere Länder seien Deutschland in diesem Punkt voraus.

Stefan Simon im Gespräch mit Anja Reinhardt |
Haupteingang, Ansicht vom Scharounplatz (Nordfassade). Die Fassade zum Scharounplatz wird großflächig verglast. So wird von außen die vielfältige Nutzung wahrnehmbar. Die offene Glasfassade wirkt einladend und verbindet das Museum mit dem umgebenden Stadtraum. Im ersten Obergeschoss ist der zentrale Ausstellungsraum als geschlossener Sichtbetonkubus ablesbar.
Entwurf für das Museum der Moderne: Der Bundesrechnungshof kritisiert die Klimabilanz des Gebäudes (Herzog & de Meuron)
Das Museum der Moderne in Berlin ist noch gar nicht gebaut, da wird es schon kritisiert: Zu teuer seien die Pläne, monierte der Bundesrechnungshof - und bemängelte auch die Klimabilanz des Gebäudes. In dem Entwurf des Architektenduos Jacques Herzog und Pierre de Meuron sind kaum Wände geplant, was den Energieverbrauch der Klimaanlage in die Höhe treiben wird.
Das Museum Louvre in Paris
Nachhaltigkeit im Kunstbetrieb - Grüne MuseenDer Kunstbetrieb trägt auf verschiedene Weise zum weltweiten Klimawandel bei. Damit sich das ändert, müssen Museumsmacher, Künstler und Architekten umdenken.
Kritik kommt auch aus den eigenen Reihen: Stefan Simon bezeichnete die sich abzeichnende schlechte Klimabilanz schon mehrfach als katastrophal. Der Chemiker leitet das Rathgen-Forschungslabor, eine naturwissenschaftliche Einrichtung der Staatlichen Museen zu Berlin, zu denen auch das neue Museum der Moderne gehören wird.

"Nachhaltigkeit nicht unter den ersten Prioritäten"

Nach der massiven Kritik vom Bundesrechnungshof fange man an die Planung für das Museum der Moderne zu verbessern, aber es gehe dabei um "marginale Verbesserungen", so Simon im Deutschlandfunk. Das Problem liege von Beginn an im Konzept der offenen Bauweise. Ab einer gewissen Etappe könne man dann nur noch "vorsichtig gesagt: fast kosmetische Verbesserungen" einführen.
Auch wenn man sich vor dem Bau von Museumsneubauten dem Problem der Klimabilanz bewusst sei: "Nachhaltigkeit kommt nicht unter den ersten Prioritäten", sagte Simon. Stattdessen stünden architektonische, städtebauliche und museale Aspekte im Vordergrund. Meistens verbrauchten die neuen Gebäude mehr Energie als die alten. Fünf Jahre nach Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens hält Simon es trotzdem für überraschend, dass Nachhaltigkeitsaspekte keine größere Bedeutung bei der Planung eines neuen Museums spielten.

Planer müssen Umweltschutz und Ästhetik verbinden

Zu den Aspekten von Nachhaltigkeit und Ästhetik kommen laut Simon auch noch die Anforderungen der Restauratoren hinzu: ein möglichst konstantes Raumklima. Das mache das Konzept sehr teuer und sehr klimafeindlich. "Wenn Sie mich fragen würden, so ein Museum zu planen, das wäre sehr hässlich." Es hätte große thermische Massen, keine Fenster, kleine Türen, niedrige Luftaustauschraten und keine Isolierung zum Untergrund. "Das wäre ein ästhetisch äußerst unbefriedigendes Projekt, das niemandem gefallen würde."
Die Verantwortung der Planer sei es, Aspekte des "grünen Museums" mit dem Ästhetischen zu verbinden. Man könne auch Gebäude in anderen Ländern als Vorbild nutzen, zum Beispiel in Dänemark. Auch andere Museen wie das Reina Sofia in Madrid oder das Ceintre Pompidou in Paris seien schon Schritte vorangegangen. "Wir in Berlin hinken ganz stark hinterher", bemängelte Simon.

"Generelles Umdenken"

Für Museen, die große Plätze des gesellschaftlichen Dialogs seien, sei es wichtig, voranzuschreiten und nicht Neubauten zu planen, die den Klimazielen und den CO2-Einsparzielen entgegengesetzt seien.
Simon fordert dafür ein "generelles Umdenken". Die Staatlichen Museen stünden vor einem massiven Anstieg ihrer Energiekosten - "und da ist schon die Frage: Wie will man das gegenüber der Öffentlichkeit rechtfertigen?"