Laut Schätzungen der Denkfabrik "Agora Energiewende" gingen die Treibhausgas-Emissionen in Deutschland 2019 im Vergleich zum Vorjahr um rund 50 Millionen Tonnen auf 811 Millionen Tonnen zurück. Das sind rund sechs Prozent weniger Ausstoß als 2018 und rund 35 Prozent weniger als im Jahr 1990.
Grund dafür ist ein deutlich gesunkener Stromverbrauch sowie die zunehmende Stromerzeugung mit erneuerbaren Energiequellen bei gleichzeitigem Rückgang der besonders klimaschädlichen Kohleverstromung. So decken erneuerbare Energien wie Wind, Wasser und Sonne inzwischen fast 43 Prozent der Stromnachfrage ab. Dagegen ging die Stromerzeugung von Steinkohlekraftwerken um 31 Prozent zurück, die von Braunkohlekraftwerken um 22 Prozent.
In anderen Bereichen stiegen die Emissionen dagegen - etwa im Verkehrssektor, wo der Trend zu schweren Autos wie SUVs ungebrochen ist. Auch die CO2-Emission von Gebäuden nahm zu, obwohl 2019 ein ungewöhnlich warmes Jahr mit wenig Bedarf an Heizenergie war. In der Industrie hat die Umstellung auf klimafreundliche Produktionsverfahren offenbar keine großen Fortschritte gemacht.
CO2-Preis drängt Kohle aus dem Markt
Ursache für den Rückgang der Treibhausgase im Energiesektor ist der gestiegene CO2-Preis im europäischen Emissionshandel. An der Leipziger Energiebörse kostet eine Tonne CO2-Emission inzwischen um die 24 Euro - jahrelang dümpelte der Preis bei unter zehn Euro. Das drängt die CO2-intensive Stromerzeugung durch Kohle aus dem Markt. Ersetz wird sie durch Gas, das weniger Emissionen verursacht, oder erneuerbar Energiequellen.
In den anderen Bereichen wirken diese Preissignale nicht. Im Verkehr zehrt der Trend zu immer stärkeren Motoren und größeren Autos Fortschritte bei der Motortechnik auf, zudem haben Elektroautos noch keinen großen Marktanteil. Im Gebäudesektor hat die Bundesregierung eine Förderung der energetischen Sanierung gerade erst beschlossen und auch der Industrieumbau macht keine großen Fortschritte.
Klimaschutzziele der Regierung werden trotzdem verfehlt
Die Schätzungen von "Agora Energiewende" bestätigen einen Trend, der auch aus anderen Quellen, etwa aus der Energiewirtschaft oder der Bundesregierung, ablesbar sind. Demnach sind die Emissionen offenbar deutlich zurückgegangen. Allerdings sind die Zahlen von "Agora Energiewende" noch vorläufig und im vergangenen Jahr prognostizierte die Denkfabrik den Emissionsrückgang höher als er am Ende tatsächlich war.
Wenn die Zahlen von "Agora Energiewende" stimmen, dann rückt das für dieses Jahr von der Bundesregierung ausgegebene Ziel einer Emissionsreduzierung von 40 Prozent im Vergleich zum Referenzjahr 1990 wieder in greifbare Nähe. Dieses Ziel wird dennoch verfehlt werden, wenn auch nicht so deutlich, wie befürchtet. Für das begonnene Jahr sieht es nicht nach einer Fortsetzung des Trends zu deutlich weniger Emissionen aus: Der Ausbau der Windenergieanlagen stockt, der Aussstieg aus der CO2-freien Stromerzeugung durch Atomkraft geht weiter - und welche Preissignale vom EU-Emissionshandel kommen, ist unsicher. Wenn die Emissionen weiter sinken sollen, muss die Bundesregierung handeln - kurzfristig vor allem beim Ausbau der Windenergie.