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Klimaschutz
Debatte über CO2-Steuer nimmt Fahrt auf

Die Bundesregierung verfehlt die eigenen Klimaziele. Pläne für schwierige Bereiche wie den Verkehr kommen nicht vom Fleck. Immer öfter ist deshalb von einer Abgabe für schädliches CO2 die Rede. Auch ein ehemaliger Umweltminister der SPD schaltet sich in die Debatte ein.

Von Barbara Schmidt-Mattern |
Demonstration der weltweiten "FridaysForFuture"-Bewegung: Schülerinnen halten ihre mit dem Satz "Our Future" und "In Your Hands" beschrifteten Handfläche in die Lust, aufgenommen am 15. März 2019 in Berlin
Auch die "FridaysForFuture"-Bewegung fordert einen Preis für klimaschädliches CO2 (imago images / IPON)
Nicht etwa Andrea Nahles oder Svenja Schulze melden sich jetzt zu Wort – sondern ihr Parteifreund Sigmar Gabriel erhebt seine Stimme, Ex-Parteichef der SPD und Ex-Umweltminister. Gabriel kennt also beide Ämter, die jetzt Nahles und Schulze innehaben. Und hat offenbar deshalb aufgeschrieben, warum die Umweltverschmutzung durch CO2 künftig Geld kosten soll: "Das ist so ein bisschen wie früher mit der Abfallgebühr. Wenn die Abfalldeponien voll waren, stiegen die Müllgebühren. Und die Atmosphäre ist als Mülldeponie benutzt worden für Treibhausgase, und die ist halt jetzt voll. Also müssen die Gebühren steigen. Dann überlegen sich nämlich Verbraucher und Unternehmen, ob sie nicht vielleicht doch besser auf Energie, auf Waren zurückgreifen, die keinen Müll produzieren und deshalb die Müllgebühren zu sparen."
Die Debatte nimmt gerade erst Schwung auf
So Gabriel am Morgen in unserem Programm. Eine CO2-Steuer schlägt auch Svenja Schulze seit Monaten schon vor, doch erst jetzt kommt richtig Fahrt in die Debatte. Im Deutschlandfunk sagte die Ministerin bereits Ende März: "Ich glaube, dass wir Anreize geben müssen, CO2 einzusparen."
Wie eine entsprechende Steuer genau berechnet und gestaltet werden könnte, und was sie die Häuslebesitzerinnen, Autofahrer und Flugreisenden konkret kosten würde – diesen Fragen weicht Schulze bisher jedoch aus, ihr Ministerium sei noch am Rechnen. Und auch der Genosse, den es am meisten betreffen würde, Finanzminister Olaf Scholz, schweigt zu den Details. Nur Sigmar Gabriel hat offenbar schon fertig gerechnet: "Wir zahlen das, was die Steuer an Einnahmen bringt, an alle Bürger aus, und zwar pro Kopf der gleiche Betrag. Das hätte sogar eine Umverteilungswirkung, denn Menschen mit hohem Einkommen fahren in der Regel größere Autos und bewohnen größere Häuser und werden deshalb vermutlich für ihre Energie mehr CO2-Steuer zahlen müssen als Menschen mit einem niedrigeren Einkommen."
Eine CO2-Abgabe müsste sozial flankiert werden
Zusätzlich schlägt Gabriel massive Investitionen in die Gebäudesanierung vor und Umstiegsprämien für den Kauf umweltfreundlicher Autos. Parteiübergreifend herrscht Einigkeit, dass die CO2-Steuer sozialverträglich gestaltet sein muss. Die Grünen sprechen von einem "Energiegeld": "Konkret heißt das zum Beispiel dass die Mehreinnahmen aus einem CO2-Preis per Kopf zurückgegeben werden an die Bevölkerung. Das heißt, wenn ich ein kleineres Einkommen habe, und auf weniger CO2 ausstoße, dann habe ich mehr davon", so Ska Keller, Spitzenkandidatin der Grünen für die Europawahl, im Deutschlandfunk. Ihr Parteifreund, Bundestagsfraktionschef Anton Hofreiter, fordert zusätzlich EU-weite Zölle auf klimaschädliche Produkte. Ausländische Firmen, die ihre Produkte mit hohem CO2-Ausstoß herstellten, müssten einen Ausgleich zahlen, wenn sie diese auf dem europäischen Markt verkaufen wollten, sagte Hofreiter der "Rheinischen Post". Auch FDP-Parteichef Christian Lindner hat Sympathien für ein individuelles CO2-Budget: "Und dann kann jeder, der CO2 für das Fleisch, den Flug, das Auto (ausstößt), sich sein Recht am CO2-Ausstoß kaufen. Das ist ein marktwirtschaftliches System, das dazu führt, dass an der effizientesten, an der günstigsten Stelle CO2 eingespart wird."
Nur die Union ist gegen die CO2-Steuer
Einzig die Union tut sich bisher schwer mit einem CO2-Preis. Einzelne, wie etwa Bundestags-Fraktionsvize Andreas Jung finden die Idee zwar gut, doch eine einheitliche Linie, gar eine klare Stellungnahme der Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer fehlt bislang. Stattdessen meldet sich Carsten Linnemann. Der Friedrich Merz-Vertraute und Chef der CDU-Mittelstandsvereinigung lehnt einen CO2-Preis als nationalen Alleingang ab: "Ich möchte gerne, dass das Thema Klima auf die europäische Eben gezogen wird. Weil man nur europaweit was erreicht, am besten weltweit. Deswegen möchte ich gerne, dass der heutige Zertifikatehandel, den es gibt, für die Industrie und für die großen Energieerzeuger, ausgeweitet wird, auch auf die anderen Sektoren, weil das marktwirtschaftlich ist, günstig ist und am Ende des Tages wirklich Klimaschutz bedeutet."
Den Gebäude, Verkehrs oder Landwirtschaftssektor in den europäischen Emissionshandel einzubinden wäre allerdings ein Schritt, den das SPD-geführte Bundesumweltministerium für wenig praktikabel hält. Das sei europarechtlich kaum umsetzbar, sagt Staatssekretär Jochen Flasbarth im Tagesspiegel.