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Klimaschutz im Fußball
Tore für den Regenwald

Pro Minute geht eine Waldfläche verloren – mit einer Größe von 17 Fußballfeldern. Die neue Kampagne „Football for Forests“ will die Spendenbereitschaft für Aufforstung im Amazonas stärken. Einige Experten sehen das Projekt kritisch.

Von Ronny Blaschke |
Blick von oben auf einen Fußballplatz der mitten in einen Wald grenzt.
Der Regenwald geht weiter dramatisch zurück. Die Kampage "Football for Forests" will das ändern. Doch kann sie wirklich etwas erreichen? (dpa / picture alliance / dpa / Robert Michael)
Ein Sommerabend im Stadion des 1. FC Union in Berlin, vor wenigen Wochen. Stehtische, Bildschirme, eine Bühne. Persönlichkeiten des Fußballs stellen eine Kampagne vor: „Football for Forests“. Mit Hilfe des Fußballs soll die Aufforstung tropischer Wälder unterstützt werden.

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Die Schirmherrschaft übernimmt das Auswärtige Amt, vertreten durch die Staatssekretärin und Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik, Jennifer Morgan: „Die Menschen, das ist mein Gefühl im Moment, wissen, dass es nicht richtig ist, was mit der Umwelt passiert. Und sie wollen was tun. Aber sie wissen nicht unbedingt, was sie tun können. Und ich finde, Football for Forests‘ ist eine Chance, dass Leute, die was tun möchten mit Leidenschaft, sich verbinden können mit anderen Leuten weltweit, und mit ihrer Leidenschaft eine tolle Veränderung für Klimaschutz und für eine bessere Welt schaffen.“
Football for Forests wurde von den Nachhaltigkeitsorganisationen Climate Focus und Planet League ins Leben gerufen. Ihr Plan: Fans, Vereine und Sponsoren können Tore ihrer Teams mit Spenden verknüpfen, die dann an Aufforstungsprojekte im Amazonas gehen, zurzeit in Kolumbien. Mit Hilfe einer App können sie verfolgen, wer die höchsten Beiträge beisteuert und in der Spendentabelle nach oben klettert.

Eine App ohne Kritik an den Strukturen

Jenny Amann, die sich wissenschaftlich mit sozial-ökologischen Themen im Fußball befasst, sieht Geldüberweisungen wie diese eher kritisch: „Denn es führt häufig dazu, dass sich mit dem eigenen Lebensstil beziehungsweise den Geschäftspraktiken selbst gar nicht, oder erst viel später, auseinandergesetzt und etwas geändert wird. Und von dieser, ich sag’s jetzt mal ganz plakativ, ,Ich werfe Geld auf ein Problem und dann wird es sich schon lösen‘-Mentalität müssen wir dringend wegkommen. Und was die Ansprache generell angeht, wissen wir eben auch, dass ein Fokus auf Klima-Auswirkungen in weit entfernten Ländern die noch immer sehr weitverbreitete Sichtweise nährt, dass die Auswirkungen des Klimawandels hierzulande ja kaum oder gar nicht spürbar sind. Und das dann auch dazu führt, dass man jetzt nicht unbedingt die Notwendigkeit verspürt, selbst was zu ändern.“
In die Entwicklung der App Football for Forests dürfte eine beachtliche Summe Geld geflossen sein. Und was ist mit Klimabelastungen, für die der Fußball selbst verantwortlich ist? Zum Beispiel Sponsoren wie Fluglinien, Autobauer, Energiekonzerne? Die Herstellung von Trikots in asiatischen Niedriglohnländern? Oder klimatisierte Stadien in Katar? Darüber erfährt man bei Football for Forests nichts.
Jenny Amann, die an der Universität Loughborough promoviert, hält grundlegende Änderungen der Fußballstrukturen für nötig: „Wenn Fans nicht sehen, dass um uns herum Nachhaltigkeit ernst genommen wird und Klubs, Ligen, Verbände sinnvolle Veränderungen vornehmen, dann ist es eben auch schwierig, Fans zu vermitteln, warum sie etwas ändern oder mehr Geld bezahlen sollen, während der Verein beispielsweise immer noch auf Inlandsflüge zurückgreift, die DFL auf Internationalisierungskurs ist oder internationale Wettbewerbe künstlich aufgebläht werden.“

Noch ohne Rückhalt bei den Fans

Für das Sammeln von Spenden benötigt Football for Forests die Aufmerksamkeit von Fans. Am vergangenen Freitag hatte das Netzwerk bei Instagram nur rund 850 Follower, bei Linkedin waren es 450 und bei X, früher Twitter, gerade mal 80. Football for Forests hat das Auswärtige Amt und die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ hinter sich. Aber offenbar fehlen Kontakte zu einflussreichen Fan-Bündnissen, die sich bereits seit Jahren für Klimaschutz starkmachen.
Rico Noack von der Fußball-Bildungsinitiative „Gesellschaftsspiele“ war bei der Präsentation von Football for Forests in Berlin dabei. Er sagt: „Das hatte viel mehr für mich mit ,Feel Good‘ zu tun. Es gab endlose Wortspiele, wie ,Verlängerung für die gute Sache‘ oder ‚Rote Karte gegen Rodung‘, aber mir fehlte einfach ein bisschen Content. Also Infos zur Projekt-Genese, zur wissenschaftlichen Begleitung. Vielleicht ja auch, wenn man ganz mutig ist, zu den Herausforderungen, die dieses Projekt mit sich bringt. Man muss ja nicht alles rosarot erscheinen lassen, wenn es nicht so ist.“

Fußballer mit großer Reichweite

Am Beispiel von Football for Forests lässt sich eine alte Frage neu diskutieren: Wie schlicht darf eine Botschaft sein, um breites Interesse im Fußball zu wecken? Ohne dabei aber die Komplexität der Klimakrise zu verharmlosen? Es ist eine Frage, die sich auch Morten Thorsby immer wieder stellt. Der norwegische Nationalspieler war zuletzt bei Union Berlin aktiv und wurde nun an den CFC Genua ausgeliehen.

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In der Initiative „We Play Green“ setzt er sich für den Klimaschutz ein. Er sagt: „In einer perfekten Welt würden wir Fußballer einfach Fußballer sein lassen. Und wie würden Wissenschaftler entscheiden lassen, was wichtig für eine nachhaltige Gesellschaft ist. Leider sind viele Falschinformationen über den Klimawandel im Umlauf. Und immer weniger Leute hören auf die Wissenschaft. Mit unserer Organisation möchten wir wichtige Infos an Fußballer weiterleiten. Denn sie haben die Reichweite, um die jüngere Generation zu erreichen.“
Morten Thorsby unterstützt Football for Forests. Er sagt, dass er sich die Projekte genau aussuche, denen er mit seinem Namen Glaubwürdigkeit verleihen möchte. Und er sagt auch, dass er von Fans mitunter für klimapolitische Kommentare kritisiert werde, wenn es sportlich bei ihm mal nicht läuft. Bei Football for Forests kann er nun mit eigenen Toren dafür sorgen, dass die Spendenbereitschaft für den Amazonas weiterhin steigt.