Archiv

Klimaschutz im Verkehr
Auch Flugzeuge und Schiffe sollen grüner werden

Windkraftanlagen ersetzen Kohlemeiler, Autos fahren mit Biosprit und Elektromotor. Überall will man das Klima schützen, nur bei Luft- und Schifffahrt tut sich wenig – bis jetzt. Pünktlich vor dem nächsten Klima-Gipfel in Paris gibt es erste Vorschläge.

Von Volker Mrasek |
    Ein Festmacher arbeitet an den Bugleinen des Containerschiffs "CSCL Globe" bei dem Besuch in Hamburg.
    Ein Festmacher arbeitet an den Bugleinen des Containerschiffs "CSCL Globe" in Hamburg: Auch Schiffe sollen in Zukunft weniger CO2 ausstoßen. (picture alliance / dpa)
    Rund zwölfhundert winzige Inseln, zusammen kaum größer als Liechtenstein und bewohnt von gerade mal 55.000 Menschen - das sind die Marshall-Inseln nordöstlich von Australien. Atolle, die nur wenige Meter aus dem Meer ragen. Durch die globale Erwärmung gerate der Inselstaat im Pazifik in höchste Not, sagt Elisabeth Holland, Professorin für Klimawandel an der Universität des Süd-Pazifiks auf den Fidschi-Inseln:
    "Die Republik der Marshall-Inseln wird es nicht mehr geben, wenn sich die Erde um 1,5 Grad erwärmt und der Meeresspiegel weiter steigt. Schon in den letzten 18 Monaten ist die Hauptstadt fünfmal überflutet worden."
    Draußen in der Welt kriegt das kaum jemand mit. Doch jetzt macht der kleine Pazifikstaat Schlagzeilen. Im Mai reiste der Außenminister der Marshall-Inseln eigens nach London, zu einer Sitzung der IMO, der Internationalen Maritimen Organisation. Dort schilderte er den Ernst der Lage und machte einen delikaten Vorschlag:
    "Auch die Schifffahrt sollte ihre Treibhausgas-Emissionen vermindern. Und die IMO dafür ein Ziel setzen."
    Bereits seit 1992 verhandeln die Staaten der Erde über Klimaschutz. Doch Schiff- und Luftfahrt blieben immer außen vor.
    Klimazertifikate sollen CO2-Ausstoß ausgleichen
    In beiden Verkehrszweigen fehlen bis heute Verpflichtungen zur Reduktion der eigenen CO2-Emissionen. Dabei sind Schiffe und Flugzeuge keine kleinen Fische, wie Malte Meinshausen erläutert. Der Umweltwissenschaftler war lange am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung tätig und wechselte vor Kurzem an die Universität Melbourne in Australien. Laut Meinshausen sind es...
    "...fünf Prozent der weltweiten Emissionen, die der Schiffs- und Luftverkehr gemeinsam verursacht. Da gibt's nur sehr wenige Länder, die in der gleichen Kategorie spielen. Das ist ganz Indien zum Beispiel oder Japan, die vergleichbare Emissionen haben."
    Zudem wird erwartet, dass insbesondere die Fliegerei weiter kräftig wächst - um rund fünf Prozent jährlich. Sodass das Verkehrsaufkommen in der Luft Mitte des Jahrhunderts vermutlich drei- bis viermal so hoch ist wie heute. Bis dahin werden die Energiewirtschaft und andere Industriezweige ihren CO2-Ausstoß sicher stark vermindert haben.
    Was aber, wenn Luft- und Schifffahrt das nicht auch tun? Meinshausen und einige Fachkollegen simulierten das im Computermodell.
    "In 2050 werden wir nicht mehr über Zwei-, Drei-Prozent-Sektoren reden, sondern es könnte dann durchaus sein, dass die Emissionen vielleicht ein Drittel oder sogar die Hälfte der weltweiten verbleibenden Netto-Emissionen ausmachen.
    Regierung der Marshall-Inseln prescht nun mit einem Klimaschutzziel vor
    Demnach besteht also Handlungsbedarf. Doch auch bei der ICAO, der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation, mahlen die Mühlen langsam. Erst vor Kurzem legte sie einen Vorschlag auf den Tisch. Dazu Martin Cames, Leiter des Bereichs "Energie und Klimaschutz" beim Öko-Institut in Berlin:
    "Also, die ICAO hat ein Ziel gesetzt: Wir wollen ab 2020 kohlenstoffneutral wachsen. Das heißt, alle Emissionen, die über dieses Niveau in 2020 hinausgehen, sollen kompensiert werden durch Zertifikate."
    Zertifikate - das sind Gutschriften, die es für Klimaschutz-Projekte an anderer Stelle gibt und die dann für den Emissionshandel zur Verfügung stehen. Die Fluggesellschaften sollen sie nach dem Vorschlag der ICAO in großem Stil kaufen und so wenigstens die Zunahme ihre CO2-Emissionen nach 2020 ausgleichen.
    Die Branche will zwar vermehrt Bio-Kraftstoffe einsetzen. Luftfahrt-Ingenieure können Triebwerke sparsamer gestalten und Flugzeugrümpfe aerodynamischer. Doch das allein genügt nicht, wie Martin Cames sagt:
    "Da kann man vielleicht in der Größenordnung um 30 Prozent die Effizienz bis 2050 verbessern. Aber es bleibt eine Lücke."
    Immerhin hat sich die Luftfahrtbranche jetzt zu einem ersten - wenn auch schwachen - Klimaschutz-Ziel durchgerungen. Bei der Schifffahrt sieht das noch immer anders aus. Auf der Versammlung der IMO wurde die Beratung über Emissionsreduktionen auf unbestimmte Zeit verschoben.
    Die Regierung der Marshall-Inseln prescht nun selber vor. Sie will den CO2-Ausstoß auf See kurzfristig um ein Fünftel senken. Und demonstrieren, dass Handelsschiffe schon heute ihren Treibstoff-Verbrauch durch technische Maßnahmen spürbar senken können. Die Signalwirkung wäre groß. Unter der Flagge der Marshall-Inseln fahren immerhin über 12.000 Schiffe.