Das Versprechen stammt noch aus dem Jahr 2009. Auf dem ansonsten weitgehend gescheiterten Klimagipfel in Kopenhagen sicherten die Industrieländer zu, bis 2020 pro Jahr 100 Milliarden US-Dollar zu mobilisieren, um Entwicklungsländern beim Klimaschutz unter die Arme zu greifen. Windräder und Solaranlagen sollen daraus bezahlt werden, aber auch künstliche Bewässerung, wenn der Regen ausbleibt oder höhere Deiche, wenn der Meeresspiegel steigt und stärkere Wirbelstürme ihre zerstörerische Wirkung entfalten. Indiens Premierminister Narendra Modi pocht jetzt wie viele seiner Amtskollegen aus dem Süden auf eine Einhaltung der Zusage:
"Die entwickelten Länder müssen ihrer Verantwortung gerecht werden, der gesamten sich entwickelnden Welt saubere Energie verfügbar, bezahlbar und zugänglich zu machen. Das ist in unserem gemeinsamen Interesse. Deshalb schauen wir darauf, dass die entwickelten Länder von 2020 an jedes Jahr 100 Milliarden US-Dollar für den Kampf gegen den Klimawandel und für die Anpassung an seine Folgen in den Entwicklungsländern mobilisieren."
Kreative Buchführung der Industriestaaten
Doch es ist noch längst nicht sicher, dass die Industriestaaten ihre Zusage auch einhalten werden – auch wenn sie sich selbst auf einem guten Weg dorthin sehen. Wenn man den Geldgebern glauben darf, dann sind rund 60 Prozent der Summe mittlerweile zusammengekommen. In der Dritten Welt jedoch rechnet man anders, der Vorwurf kreativer Buchführung in den Industriestaaten macht die Runde. Jan Kowalzig, Klimaexperte bei der Hilfsorganisation Oxfam:
"Die Entwicklungsländer gucken sich das natürlich skeptisch an, weil sie wissen, da rein gerechnet sind auch Sachen, die gar keine Unterstützung darstellen. Also zum Beispiel Exportkredite, wo reiche Länder ihre eigenen Industrien subventionieren, damit die erfolgreich in die Welt exportieren können. Das stellt gar keine Unterstützung dar, sondern das entscheidet nur darüber, welches Unternehmen aus welchem Land den Zuschlag für eine Ausschreibung bekommt."
Reiche Ölstaaten nicht hilfsbedürftig
Der Streit darum, welche Mittel mitgezählt werden sollen, hat Sprengkraft. Und wenn die Industrieländer keine glaubwürdige Lösung präsentieren, könnte ein Klimaabkommen von Paris noch am Geld scheitern. Die Industrieländer wiederum suchen weitere Zahler: Schwellenländer oder reiche Ölstaaten seien nicht hilfsbedürftig, sondern könnten selbst helfen, so das Argument. Jan Kowalzig findet das einerseits richtig:
"Es ist durchaus nachvollziehbar, dass Länder, die ähnlich leistungsfähig sind oder ähnlich viel Wohlstand inzwischen entwickelt haben wie die Industrieländer, dass die auch zur Kasse gebeten werden. Also: Länder wie Saudi-Arabien zum Beispiel oder Qatar, die ein Pro-Kopf-Einkommen haben, das auch über dem der Industrieländer zum Teil liegt."
Eine gewaltige Summe?
Doch für die zugesagten 100 Milliarden Dollar seien andererseits allein die Industrieländer zuständig, die das Geld auch zugesagt haben – Mittel aus China, Saudi-Arabien oder anderen mittlerweile reicheren Staaten dürften nicht dazu zählen. Zumal längst klar ist, dass die 100 Milliarden Dollar auf Dauer nicht reichen – aufgeteilt auf weit über 100 Entwicklungsländer relativiert sich die auf den ersten Blick gewaltige Summe. Entwicklungsländer haben jetzt die Forderung aufgestellt, nach 2020 die Zahlungen noch zu erhöhen, zumal der Ausstoß von Treibhausgasen nicht wie erwartet gesunken, sondern weiter gestiegen ist. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks zeigt sich hier prinzipiell offen:
"Ich gehe nicht davon aus, dass es eine konkrete Nummer geben wird, aber ich gehe davon aus, dass man sich darauf verständigen können wird, dass es in der Zukunft Anpassungen nach oben gibt."
Was die Aufgabe, das Geld erst einmal zusammenzubekommen, eher noch dringlicher macht.