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Klimaschutz in Großbritannien
CO2-neutral bis 2050

Großbritannien hat sich ehrgeizige Klimaschutzziele gesetzt und den einstigen Klima-Primus Deutschland überholt. Bis 2050 soll der Netto-Beitrag zur Erderwärmung auf Null sinken. Geplant sind Maßnahmen, die jährlich Milliarden kosten werden. Die aber, erklärt Deutschlandfunk-Klima-Experte Georg Ehring, dennoch zu schaffen sind.

Georg Ehring im Gespräch mit Stefan Römermann |
Demonstranten protestieren auf der Waterloo Bridge für den Klimaschutz. Im Hintergrund sieht man die Skyline von London.
Auch in London gehen die Menschen für den Klimaschutz auf die Straße. (dpa/Jonathan Brady)
Was heißt CO2-neutral?
Ab 2050 soll Großbritannien netto keinen Beitrag zur Erderwärmung mehr leisten. Das heißt: Das Land wird also CO2-neutral und auch die anderen Treibhausgase sollen dann aus Großbritannien nicht mehr in die Atmosphäre entweichen, vor allem Methan und Lachgas. Das verschärft ein Klimaschutzgesetz aus dem Jahr 2008. Damals hatte man beschlossen, den Ausstoß bis 2050 um 80 Prozent zu senken. Das reicht aber nicht, um die Ziele der UN-Klimarahmenkonvention und des Pariser Klimavertrages zu erreichen.
Mit welchen Maßnahmen soll das Ziel erreicht werden?
Großbritannien als einstiges Kohleland ist bei der Stromerzeugung schon heute im einstelligen Prozentbereich mit Kohlestrom. Der Kohleausstieg soll bis 2030 beendet sein. Die erneuerbaren Energien werden ausgebaut, Wohngebäude werden gedämmt. Geheizt werden soll künftig vor allem elektrisch. Ab 2030 sollen keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden. Eine Aufforstung ist geplant, um CO2 zu binden. In der Landwirtschaft sollen weniger Lebensmittel verschwendet werden und die Ernährung soll gesünder werden, das heißt auch weniger Fleischkonsum. All das sind Dinge, die den Treibhausgas-Ausstoß senken sollen. Prominent vertreten in den Plänen ist auch das in Deutschland umstrittene Thema CO2-Speicherung im Boden. Das ist auch eine Möglichkeit, um unvermeidbare Emissionen etwa aus der Landwirtschaft dann noch zu kompensieren.
Wieviel kostet das?
Die britische Regierung geht von Kosten in der Größenordnung von einem bis zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Im Jahr 2008 gab es schon mal ein Klimaschutzgesetz. Da waren die Kosten etwa in der gleichen Höhe angesetzt worden. Man kann daran sehen, dass Klimaschutz heute sehr viel billiger geworden ist als noch vor einigen Jahren. Trotzdem ist das eine Menge Geld: Drei Billionen Euro etwa macht das Bruttoinlandsprodukt Großbritanniens pro Jahr aus. Das wären dann derzeit 30 bis 60 Milliarden Euro jährlich, die etwa für Förderprogramme für Wärmedämmung, für die Umstellung der Energieversorgung und für viele andere Dinge ausgegeben werden müssen. Die Details folgen in Gesetzen, die dem heutigen Grundsatzbeschluss folgen.
Wie steht Großbritannien beim Klimaschutz beispielsweise im Vergleich zu Deutschland da?
Großbritannien ist deutlich weiter als Deutschland. Das britische Ziel, sagt Niklas Höhne vom New Climate Institute, passe nahezu zum Ziel von höchstens 1,5 Grad Erderwärmung, das sich die Weltgemeinschaft vorgenommen hat. Allerdings nicht ganz, denn Industrieländer wie Großbritannien müssten in dieser Hinsicht eigentlich vorangehen. Die Welt müsste insgesamt bis 2050 den Ausstoß von Treibhausgasen beendet haben, Industrieländer eigentlich noch etwas früher. Deutschland hinkt in dieser Hinsicht hinterher. Bei uns gilt das Ziel 80 bis 95 Prozent weniger CO2 bis zum Jahr 2050. Da müssten wir noch deutlich nachbessern als ehemaliger Klima-Primus. Manche anderen Länder sind auch schon ein ganzes Stück weiter. Finnland zum Beispiel: Da gibt es jetzt eine neue Regierung, die das gleiche Ziel hat wie Großbritannien, allerdings schon für das Jahr 2035. Das ist international einmalig.
Das Land ist gespalten, die Regierung steht auf der Kippe. Wie stehen denn die Chancen, dass dieser Plan umgesetzt wird?
Großbritannien geht den Klimaschutz sehr langfristig an und deswegen stehen die Chancen gar nicht schlecht. Der Brexit ist ja ein vermutlich eher schnelles Ereignis, auch wenn es uns im Moment quälend langsam vorkommt und die Fristen immer wieder verschoben werden. Man wird wegen des Brexit auch einiges anpassen müssen. Es stellt sich zum Beispiel die Frage: Was wird aus dem Europäischen Emissionshandel in Großbritannien? Aber Großbritannien hat eine recht konsistente Klimaschutzpolitik: Ein ganz langfristiges Ziel und dann regelmäßige Überprüfungen alle fünf Jahre, damit man auf Kurs bleibt. Die Chancen, das Klimaschutzziel zu erreichen, stehen nach meiner Einschätzung nicht schlecht, zumal der Klimawandel als Problem ja immer drängender und fühlbarer wird und damit auch die Zustimmung zu Gegenmaßnahmen steigt.