Fröhndrich:Wer Bahn fährt, der tut etwas für das Klima. Denn die Fahrt mit dem Zug ist ohne Frage klimafreundlicher als der Flug. Und einige berücksichtigen das auch inzwischen, wenn sie reisen. Doch in der Summe müssen wir festhalten: In der Atmosphäre sammeln sich immer mehr Treibhausgase an – und im vergangenen Jahr waren sie laut den Vereinten Nationen so hoch wie noch nie. Georg Ehring, dieser neue Bericht, überrascht der noch?
Ehring: Nein, das ist keine Überraschung. Die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre steigt jedes Jahr um etwa zwei ppm, also zwei Teile auf eine Million Mengenanteile in der Luft. Die WMO, die Meteorologische Weltorganisation, hat heute für 2017 den Wert von 405,5 ppm genannt, im Jahr zuvor waren es 403,3 ppm. Der Ausstoß von Treibhausgasen wächst bisher immer weiter, weil der Klimaschutz viel zu wenig konkrete Ergebnisse bringt. Und weil CO2 über Jahrhunderte in der Atmosphäre bleibt, wächst die Konzentration immer dann, wenn der Mensch etwas dazutut. Der CO2-Gehalt würde erst dann sinken, wenn wir die Emissionen komplett einstellen. Und das halten selbst ambitionierte Klimaschutz-Szenarien erst um die Mitte des Jahrhunderts für möglich.
Inzwischen ist die Konzentration von Treibhausgasen nach Angaben der WMO auf das Niveau gestiegen, das zuletzt vor drei bis fünf Millionen Jahren vorherrschte. Damals war es zwei bis drei Grad wärmer als heute und der Meeresspiegel lag zehn bis 20 Meter höher. Für viele Städte wäre das zu hoch: Hamburg liegt auf etwa sechs Metern Höhe, Bremen auf elf und Rostock auf 14 Metern über dem Meeresspiegel.
Selbst Ozon gilt noch als Sorgenkind
Fröhndrich: Die Klimaforscher sorgen sich auch um die Ozonschicht – hatten wir dieses Thema, das Ozonloch, nicht längst abgehakt?
Ehring:Das ist ein wirklich düsteres Detail: Die WMO stellt fest, dass die Konzentration eines Gases mit dem Namen Trifluorchlormethan, (Kürzel CFC 11) nicht mehr so schnell sinkt wie sie eigentlich müsste. CFC 11 ist seit den 1990er-Jahren verboten, weil es nicht nur das Klima, sondern auch die Ozonschicht schädigt und es gibt genaue Berechnungen, wie seine Konzentration in der Atmosphäre sinken müsste. Sie sinkt langsamer und das heißt: Es wird irgendwo trotz Verbotes noch produziert. Die WMO nennt als Quelle Ostasien, Umweltschützer haben Schaumstofffabriken in China im Verdacht. Da gibt es offenbar Lücken in der Überwachung.
Es fehlt der politische Wille, was zu ändern
Fröhndrich: Wenn wir einen Strich darunter machen: Im Kleinen vollzieht der eine oder andere seine private Energiewende – aber international sehen wir einen enormen Energiehunger. Mehr Flugverkehr, Schiffsverkehr – ist eine Wende überhaupt schaffbar?
Ehring: Es wird immer schwieriger. Petteri Taalas, der Generalsekretär der WMO, sagte, das Fenster der Gelegenheit sei fast geschlossen, also die Chance fast verpasst. Es wären ganz drastische Änderungen nötig, um die Erderwärmung unter zwei oder unter 1,5 Grad zu halten. Auch wenn viele Staaten Klimaschutzpläne schmieden und ein Teil sie auch umsetzt – diese Pläne laufen auf eine Erwärmung um etwa drei Grad hinaus, also weitab von allen Zielen. Ein Beispiel ist die Diskussion um den Kohleausstieg bei uns. Rainer Haseloff, der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, forderte heute zum Beispiel einen Braunkohleausstieg mit Augenmaß, also eher langsam. Aus Klimasicht wäre aber eine Vollbremsung fast noch zu wenig – und es geht nicht nur um die Braunkohle, sondern auch um den Spritverbrauch von Autos, Verringerung von Flugreisen, energetische Gebäudesanierung und um die Landwirtschaft. Von der Physik her könnte die Wende also noch klappen, aber der politische Wille ist nicht zu sehen.