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Klimaschutz wird immer teurer

Im Auftrag des Umweltprogramms der Vereinten Nationen haben Wissenschaftler errechnet, wie groß die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit im Klimaschutz ist. Das Ergebnis: Die bisherigen Bemühungen reichen nicht aus.

Von Dieter Nürnberger |
    Es sind verschiedene Szenarien, welche das Umweltprogramm der Vereinten Nationen hier soeben in Berlin präsentierte. Aber egal, welches Szenario man nimmt, es entsteht auf jeden Fall eine Lücke. Der Anspruch für das Jahr 2020 ist ein Äquivalent von 44 Gigatonnen CO2 weltweit - dieser Wert würde noch dem Zwei-Grad-Ziel entsprechen. Grundlage sind hier die Zusagen, die die Staaten freiwillig beim Klimagipfel in Kopenhagen 2009 gegeben haben. Auf der anderen Seite der Skala ist sozusagen der derzeitige Ist-Zustand abgebildet, hochgerechnet auf das Ziel Jahr 2020. Die Lücke beträgt - je nach Szenario - zwischen sechs und 15 Gigatonnen CO2. Daraus folgt schon einmal eine wesentliche Erkenntnis, die Jochen Flasbarth, der Präsident des Umweltbundesamtes, wie folgt formuliert:

    "Die bisherigen Zusagen reichen nicht aus, um das Ziel zu erreichen, bis 2020 die globalen Treibhausemmissionen auf 44 Gigatonnen CO2-Äquivalent zurückzuführen. Die letzten gesichert verfügbaren Zahlen von 2010 zeigen rund 50 Gigatonnen an. Und in einem business-as-usual-Szenario würden wir bei 59 Gigatonnen 2020 landen."

    Das Umweltbundesamt präsentierte heute das Zahlenwerk des Umweltprogramms für Deutschland. Zeitgleich wurde der UNEP-Report auch in Brüssel und Rio de Janeiro veröffentlicht. Zugeschaltet war auch Achim Steiner, der Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, und auch hier fiel das Wort von einem Weckruf für die Weltgemeinschaft, künftig entschlossener zu handeln.

    Auf dem Berliner Podium saß Joseph Alcamo, einer der führenden Wissenschaftler des Umweltprogramms. Er machte heute auch ein wenig Hoffnung, dass das anvisierte Zwei-Grad-Ziel doch noch zu meistern sei. Man könne die Lücke schließen, sagt er, auch mit vielen kurzfristig umsetzbaren Maßnahmen.

    "Beispielsweise der Verkehrssektor: Hier könnten wir im Gegensatz zum business-as-usual-Szenario zwischen 1,7 und 2,5 Gigatonnen CO2 einsparen. Durch viele unterschiedliche Maßnahmen - etwa durch Schnellspur-Systeme für Busse. Das wurde bereits in 16 Ländern so gemacht, in Mexico-City werden damit rund 140.000 Tonnen CO2 jährlich eingespart. Nur dadurch, dass man ein modernes, effizientes Bussystem installiert hat."

    Weitere Vorschläge der Wissenschaftler betreffen beispielsweise die Landwirtschaft oder auch die Verbesserung der Energieeffizienz in Gebäuden. Technisch, so eine wichtige Botschaft des UNEP-Reports, sei es möglich, diese Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei den Emissionen zu schließen. Und auch politisch sei es zumindest nicht unmöglich, sagt und hofft Steffi Richter, sie ist Leiterin des Fachgebiets Klimaschutz beim Umweltbundesamt.

    "Wenn wir schauen, was beispielsweise große Schwellenländer wie etwa China auf nationaler Ebene tun: Da gibt es eine Städte-Initiative - wir sehen, dass Maßnahmen getroffen werden. Sicherlich nicht so, dass es schon einen Konsens auf globaler Politikebene gebe, aber die Staaten bereiten sich vor, sie wollen sich entwickeln, sie wollen sich auch nachhaltig entwickeln. Sie schauen somit auch auf den Klimaschutz."

    Gerade im Hinblick auf die startende Klimakonferenz nächste Woche in Warschau hoffen die Akteure also, dass ein verbindliches Klimaschutzprogramm, welches dann ab 2015 installiert werden soll, zustande kommt. Wer jetzt nicht handelt, so UBA-Präsident Jochen Flasbarth, müsse sich später umso mehr anstrengen.

    "Es ist nicht so, dass wir mit einem späteren, stärkeren Engagement beim Klimaschutz das Zwei-Grad-Ziel nicht mehr erreichen könnten. Das sagt der Bericht sehr deutlich. Aber es wird sehr viel teurer, wenn wir unsere Ambitionen erst später erhöhen. Grundsätzlich: Spätere Aktivitäten sind immer teurer als frühe Maßnahmen. Das 2020-Ziel mit 44 Gigatonnen ist ein kostenoptimaler, ein optimierter Weg."