Beim Thema Klimaschutz haben CDU und CSU Nachholbedarf. Jetzt gibt es mit der Klimaunion einen Verein, um die CDU fit zu machen in Sachen Klimaschutz.
"Wir sind angetreten, weil wir denken, es geht besser und es muss auch leider besser gehen", sagt Bianca Praetorius im Interview mit dem Deutschlandfunk. Sie ist eine der Gründerinnen der sogenannten Klimaunion, ein Verein, der CDU und CSU fit machen will in Sachen Klimaschutz. Zu den sieben Gründungsmitgliedern gehört auch Heinrich Strößenreuther, Gründer der Klimaschutzorganisation GermanZero und Initiator der Initiative Volksentscheid Fahrrad in Berlin. Die Klimaunion bringt also nicht nur klimapolitische Überzeugungen mit, sondern auch Kampagnenerfahrung.
- Klimaneutralität bis 2040
- klare Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels
- eigene Technologien entwickeln und damit Arbeitsplätze schaffen
Ziel des Vereins ist es, der Union ein klares klimapolitisches Profil zu geben. Klimaneutralität bis 2040, eine klare Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels – dies soll innerhalb der Partei mehrheitsfähig werden, zur gemeinsamen Beschlusslage. "Ich glaube, ein ganz entscheidender Punkt ist, dass wir mehr und mehr Parteimitgliedern verständlich machen müssen, in welcher Klimadramatik wir uns gerade befinden, also wie wenig Zeit aus klimawissenschaftlicher Forschung da ist", erklärt Strößenreuther. Wissen schaffen darüber, wie sehr der Klimawandel uns schon jetzt betrifft und wie er in Zukunft wirken wird, wenn wir nichts tun. Zeigen, was auf dem Spiel steht.
Chancen aufzeigen, um zu überzeugen
Doch die Klimaunion will keine Schreckensszenarien entwerfen, sondern die Chancen des Wandels herausstellen. Mit positiven Erzählungen. Strößenreuthers liebstes Beispiel: "Lieber Sprit vom Deich als Öl vom Scheich." Dahinter steht die Idee, die eigene Wirtschaft so umzubauen, dass sie klimaneutral produzieren kann. Dass neue Technologien entstehen und dabei neue Arbeitsplätze. Grüner Wohlstand für Deutschland.
Mit dieser Aussicht sollen Parteimitglieder Argumente an die Hand bekommen, um in Klimadiskussionen bestehen zu können.
Die Klimaunion macht sich auch auf innerparteiliche Diskussionen gefasst, so Bianca Praetorius: "Der schwierige Schritt ist diese politische Willensbildung und in einer demokratischen Partei, die ja so organisiert sind, zu dem Punkt zu kommen, wo alle sagen: Okay, das machen wir. Und natürlich gibt es dann irgendwann in paar Monaten, vielleicht auch erst nach den Koalitionsverhandlungen auch Maßnahmen.
Die Klimaunion macht sich auch auf innerparteiliche Diskussionen gefasst, so Bianca Praetorius: "Der schwierige Schritt ist diese politische Willensbildung und in einer demokratischen Partei, die ja so organisiert sind, zu dem Punkt zu kommen, wo alle sagen: Okay, das machen wir. Und natürlich gibt es dann irgendwann in paar Monaten, vielleicht auch erst nach den Koalitionsverhandlungen auch Maßnahmen.
Aber das wäre jetzt der falsche Schritt, zuerst zu machen, weil das dann so wirkt als sei die Klimakrise bekämpfbar mit zwei Schwertern. Wir machen jetzt fünf Wasserstoff und drei Solar, und dann ist es hier gemacht. So ist es ja nicht. Und deswegen ist Schritt eins, dass alle sagen okay, ja, wir stehen hinter 1,5 Grad zwar maximal."
Wie groß die Veränderung sein darf, wie sie aussehen soll und mit welchen Mitteln sie herbeigeführt werden kann, darüber dürfte in der Union in den kommenden Monaten erheblich diskutiert werden. Die Klimaunion wird mit ihrem Engagement einen Beitrag dazu leisten. Die unterschiedlichen Interessen vereinen - auch ist das Kennzeichen einer Volkspartei, gehört also zum Anspruch von CDU und CSU.
Zuspruch aus der Fraktion
Zuspruch für die Klimaunion kommt unter anderem von Andreas Jung, stellvertretender Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, er verhandelt derzeit in Baden-Württemberg für die CDU die neue grün-schwarze Koalition mit. Für ihn entspricht Klimaschutz den Werten einer christdemokratischen Partei, es gehe um die Bewahrung der Schöpfung. Und darum, Volkspartei zu bleiben:
"Wenn wir keine überzeugende Antwort auf so eine zentrale Zukunftsfrage haben, dann wird es uns nicht gelingen wirklich Mehrheiten in allen gesellschaftlichen Schichten zu gewinnen, das muss aber unser Anspruch sein als Volkspartei und deshalb ist es glaube ich auch aus strategischer Sicht unabdingbar, dass wir hier sehr klar sind."
Jung hält diesbezüglich auch die Koalitionsverhandlungen in Baden-Württemberg für möglicherweise richtungsweisend. Dort hatte sich Winfried Kretschmann für eine Fortsetzung der grün-schwarzen Koalition entschieden, das Bundesland soll nun Klimaschutz-Musterland werden.
Ist Nachhilfe nötig?
Andreas Lämmel, CDU-Bundestagsabgeordneter aus Sachsen, Wirtschaftspolitiker der Bundestagsfraktion, sieht keinen Nachholbedarf. Die Union habe schon unter Umweltminister Klaus Töpfer Klimaschutz gemacht und in den letzten Jahren den Kohleausstieg auf den Weg gebracht. "Und wir müssen natürlich auch sehen, dass das, was wir als Politik anbieten, auch mehrheitsfähig ist. Darauf sind wir natürlich als Volkspartei angewiesen. Wobei wir natürlich in einer so großen Partei wie der CDU durchaus einen vielschichten Chor haben und daraus muss man nun jetzt versuchen, sinnvolle Politik zu machen."
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Lämmel betont die notwendige Akzeptanz durch die Menschen mehrfach, Verbote etwa sind aus seiner Sicht nicht zweckmäßig. Wichtig ist für ihn, dass keine Arbeitsplätze verloren gehen und der Wirtschaftsstandort Deutschland ein starker bleibt. Er warnt auch vor einer schleichenden Deindustrialisierung bestimmter Industriebereiche, nennt hohe Strompreise als ein mögliches Problem, geht man die Veränderung falsch an. Klimapolitik ist aus seiner Sicht grundsätzlich aber wichtig, Veränderung nötig.
Im Gründungsteam der Klimaunion um Strößenreuther und Praetorius macht man keinen Hehl daraus, dass man sich eine Koalition mit den Grünen gut vorstellen kann, zumindest aus klimapolitischer Sicht. "Deutschland ist ein sehr konservatives Land und die CDU wird noch viele Jahre sehr relevant sein und wenn wir dazu mithelfen können, dass die Diskussion in einer Koalitionsverhandlung nicht mehr ein ob 1,5 Grad, sondern um ein wie 1,5 Grad geht, dann haben wir schon sehr viel gewonnen.", sagt Praetorius.
Es geht aber auch darum, Stimmen zur Union zurückzubekommen. Wechselwähler und Wechselwählerinnen, die sich zum Beispiel zu den Grünen bewegt hatten, weil ihnen Klimaschutz wichtig ist. Oder jene, die sich deshalb überlegen, eine andere Partei zu wählen. Eine aktuelle Untersuchung der Konrad-Adenauer-Stiftung zeigt: 25 Prozent derjenigen, die bei der Sonntagsfrage die Union als Wahlpräferenz nennen, könnten sich vorstellen, die Grünen zu wählen. Dieses Potenzial möchte Strößenreuther halten und Klimaschützerinnen und –schützern eine politische Heimat geben: "Unser Job ist das bürgerliche Lager, das jetzt ausgeschlossen war von der Klimaszene, weil man dort sich eher Richtung rot-grün orientiert hatte, denen eine Heimat zu bieten, wo sie mithelfen können, diese Diskussion führen können."
Dass sich in der Union in Sachen Klimaschutz etwas bewegen könnte, begrüßt Oliver Krischer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender von Bündnis90/Die Grünen im Bundestag, grundsätzlich, fügt aber kritisch hinzu: "In der Union war es ja bisher so, wenn sie sich da für Klimaschutz eingesetzt haben, da gab es ja niemanden, der sich offen artikuliert hat, das war offensichtlich ein Malus, das war ein Karrierehemmnis."
Noch fehlt es ihm auch an prominenteren Stimmen beim Thema. Und an konkreten Inhalten. Statt Ankündigungen brauche es konkrete Vorschläge: "Man wird Menschen, gerade bei dem Thema, nur überzeugen durch konkretes Handeln. Die engagierten Menschen haben jahrelang ja gesehen, dass geredet wird, aber nicht gehandelt wird - und am Ende wird auf dem Platz entschieden."
Sorgen vor einem Verlust von Wählerinnen und Wählern hat Krischer nicht. Im Gegenteil – Krischer würde sich über offene Bekenntnisse zu Klimaschutz freuen, vor allem auch aus der Parteispitze von CDU und CSU.
Zuletzt hatte der frisch gekürte Kanzlerkandidat der Union, Armin Laschet, für sich in Anspruch genommen, für Klimaschutz zu stehen. "Tagtäglich!", war seine Antwort in der ARD, wo er auf das von ihm regierte Nordrhein-Westfalen verwies. Umweltverbände und die dortige Opposition sehen NRW allerdings kaum als reines Positivbeispiel. Mit einer Leitentscheidung zum Braunkohleabbau hat die Landesregierung zwar Tagebaue verkleinert, Erweiterungen für den Tagebau Garzweiler II aber möglich gemacht. Wenn es um den Kohleausstieg geht, hat Laschet stets auch Arbeitsplätze im Blick: "Das jetzt weiter zu führen in die 20er Jahre hinein und trotzdem die soziale Frage, die Frage der Arbeitsplätze auch im Blick zu haben, das ist die Aufgabe, die die Union hat."
Das Kabinett in Düsseldorf hat außerdem neue Abstandsregelungen für Windräder beschlossen. Diese sollen künftig nur noch mit 1000 m Abstand zu Wohnbebauung errichtet werden dürfen – Ausnahmen sind kommunal möglich. Deutschland hinkt beim Ausbau der Erneuerbaren Energien massiv hinterher, die Große Koalition scheitert gerade daran, neue Ausbaukorridore festzulegen. Für die Klimaunion bleibt also einiges zu tun.