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Klimawandel
Eisberge als Nährstofflieferanten

Schmelzende Eisberge sind ein eindrückliches Symbol für den Klimawandel. Sie können der Erwärmung des Klimas allerdings auch entgegenwirken. Wie das funktioniert, haben britische Forscher untersucht.

Von Monika Seynsche |
    Die Aufnahme von 2003 zeigt einen Eisberg vor der Nordküste von Baffin Island im kanadischen Territorium Nunavut.
    Schmelzwasser von Eisbergen enthält viele Nährstoffe. (picture-alliance / dpa / Silvia Pecota)
    Grant Bigg: "Wir haben uns Rieseneisberge angeschaut, denn diese sind bislang kaum untersucht worden. Und das obwohl es immer wieder Hinweise darauf gab, dass sie eine große Rolle im Südozean spielen könnten, sowohl für die Düngung, als auch für den Zufluss von Schmelzwasser und Veränderungen in der Bildung von Tiefenwasser."
    Deshalb analysierten Grant Bigg von der Universität Sheffield und seine Kollegen über zehn Jahre hinweg Satellitenbilder von fast 200 sehr großen Eisbergen in den Gewässern rund um die Antarktis. Sie interessierten sich für die Farbe des Ozeans in der Umgebung der Eisriesen, mit einer Kantenlänge von mehr als 18 km. Denn daran lässt sich ablesen, wie viel Chlorophyll im Wasser vorhanden ist. Der grüne Stoff Chlorophyll ist in den kleinsten Pflanzen, im Phytoplankton enthalten. So zeigt die Farbe des Ozeans, wie viel Pflanzenmaterial gebildet wird, wie hoch also die Primärproduktion im Meer ist, von der wiederum alle anderen Lebewesen abhängig sind.
    Bigg: "Wir stellten fest, dass Rieseneisberge einen wesentlich größeren Einfluss haben, als wir erwartet hätten. Unseren Untersuchungen zufolge könnten sie für zehn bis 20 Prozent des gesamten Kohlenstofftransports in die tieferen Ozeanschichten verantwortlich sein."
    Nährstoffe regen das Phytoplanktonwachstum an
    Das Schmelzwasser der Eisberge enthält Eisen und viele andere Nährstoffe, die das Phytoplanktonwachstum anregen. Die Pflanzen ziehen dabei Kohlendioxid aus der Atmosphäre und nehmen es, wenn sie später sterben, mit in die Tiefen des Ozeans. Besonders groß sei dieser Effekt in einiger Entfernung vom schmelzenden Eisberg. Denn die Nährstoffe aus dem Eis brauchen Zeit, bis sie die oberen Wasserschichten und damit das Phytoplankton erreicht haben. Und das Phytoplankton wiederum braucht etwas Zeit, bis es die Nährstoffe verwertet hat.
    Bigg: "Der südliche Ozean spielt eine relativ große Rolle bei der Entfernung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre. Denn er ist sehr groß und sehr kalt, das Kohlendioxid kann sich also gut im Wasser lösen. Normalerweise ist er allerdings nicht sehr produktiv, denn hier fehlen die Nährstoffe für ein starkes Phytoplanktonwachstum. Gerade an Eisen mangelt es."
    Schmilzt also einer der großen Eisberge, bringt er genau die dringend benötigten Nährstoffe und kurbelt die Primärproduktion an. Durch die Klimaerwärmung werden die Eisschilde instabiler und immer mehr Eisberge brechen ab. In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat ihre Zahl im südlichen Ozean um 5 Prozent zugenommen. Allen Klimaprognosen zufolge wird dieser Trend wahrscheinlich anhalten, sich möglicherweise sogar verstärken. Mehr Eisberge bedeuten Grant Biggs Ergebnissen zufolge aber weniger Kohlendioxid in der Atmosphäre. Damit könnten die großen Eisberge einer weiteren Erwärmung des Klimas entgegenwirken.
    Bigg: "Das ist ein negativer Rückkopplungsprozess, der eventuell den Anstieg der Kohlendioxidmengen in der Atmosphäre bremsen und damit die Zunahme der globalen Temperaturen verlangsamen könnte."
    Auch wenn der Effekt nicht sehr groß sein dürfte, sei das zur Abwechslung mal ein positives Zeichen, sagt Grant Bigg.