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Klimawandel in Australien
Mündungsgebiete an der Ostküste erwärmen sich besonders schnell

Wald- und Buschbrände lodern seit Oktober im Südosten Australiens - einer Region, in der der Klimawandel besonders stark ausgeprägt ist. So häufen sich dort schon seit Jahren die Hitzerekorde. Forscher der Universität Sydney legen jetzt neue Messungen aus Gewässern im Süden des Kontinents vor.

Von Volker Mrasek |
Urlauber bevölkern am 07.01.2018 in Bondi Beach in Sydney den Strand.
Bondi Beach an der australischen Ostküste: In den Mündungsgebieten erwärmt sich das Wasser besonders schnell (dpa-Bildfunk / AAP / Glenn Campbell)
Der Staat New South Wales im Südosten Australiens hat mehr als elfhundert Kilometer Küste. Im Norden beginnt sie unterhalb von Brisbane, im Süden reicht sie ein gutes Stück über Canberra hinaus. Ungefähr in der Mitte liegt Sydney. Es ist der Küstenabschnitt, an dem jetzt auch die verheerenden Buschbrände wüten und Menschen an die Strände fliehen ließ.
Im Jahr 2006 startete dort ein staatliches Messprogramm. Seither wird regelmäßig die Wasserqualität in allen Ästuaren an der Küste bestimmt. So nennt man Flussmündungen, die unter dem Einfluss der Meeresgezeiten stehen:
"Ästuare – das ist dort, wo sich Meer und Land treffen und wo ständig Nährstoffe und Süßwasser in den Ozean fließen. Es sind unglaublich wichtige Lebensräume! Fast alle Fische und Meeresfrüchte, die wir essen, verbringen Teile ihres Lebens in einem Ästuar."
Der Meeresbiologe Elliott Scanes von der Universität Sydney hat die Messdaten jetzt ausgewertet. Regelmäßig erfasst wurde auch die Wassertemperatur in einem Meter Tiefe, und das in fast 170 Ästuaren entlang der Küste.
Erwärmung im Rekordtempo
Nach Scanes' Analyse hat sich das Brackwasser in den Mündungsgebieten im Schnitt um fast 2,2 Grad Celsius erwärmt, und das innerhalb von gerade mal zwölf Jahren:
"Diese Ästuare erwärmen sich schneller als die Atmosphäre und das Meer. Der Osten Australiens ist ohnehin bekannt als ein Hot Spot des Klimawandels – als einer der Orte, die sich am schnellsten erwärmen. Und wir sehen jetzt, dass dieser Prozess in Ästuaren sogar noch beschleunigt abläuft."
Der Osten Australiens wird mit Wärme aus den Tropen beliefert. Dafür sorgt eine große Meeresströmung vor der Küste, der Ostaustralische Strom. Er ist in jüngerer Zeit stärker geworden, sodass sich auch New South Wales stärker erwärmt.
Australien ist ein regenarmer Kontinent, große Flüsse fehlen dort weitgehend. Deshalb sind auch viele der Küstenästuare dort eher klein und seicht. Manche werden sogar nur von Bächen gespeist, und einige bilden Lagunen, in denen das Wasser mehr steht als fließt. Ideale Bedingungen für eine besonders rasche Erwärmung, wie Luisa Listmann erläutert, Meeresbiologin an der Universität Hamburg:
"Das kann man sich vorstellen wie ein flaches Planschbecken im Garten. Wenn man das im Sommer draußen stehen hat und da relativ wenig Wasser drin ist, dann kann das sehr schnell gehen, dass es sich erwärmt. Genau das passiert auch in solchen Gebieten, wo halt eben sehr viel Sonneneinstrahlung da ist und es flach ist."
Beeinträchtigt die Erwärmung die Austernzucht?
In der Vergangenheit habe es bloß Untersuchungen in einzelnen Ästuaren gegeben, sagt Elliott Scanes – zum Beispiel im Hudson River in den USA. Die neue Studie sei die erste zur Erwärmung sämtlicher Mündungsgebiete einer Region:
"Ich denke, die Ergebnisse sind sicher auf andere trockene Gebiete übertragbar. Zum Beispiel auf den Mittelmeerraum, auf Südafrika und die Westküste der USA, wo Ästuare ebenfalls klein und seicht sind."
Flüsse, Bäche und Lagunen an der australischen Südostküste erwärmen sich nicht nur rasch, sie werden auch immer saurer – ihr pH-Wert sinkt, wie die Messungen seit 2006 zeigen. Welche ökologischen Folgen das habe, sei bisher nicht untersucht, sagt Scanes. Er hoffe, dass seine Ergebnisse entsprechende Studien in Gang setzen.
Die Ostküste Australiens ist berühmt für ihre Austern. Die ganze Zucht spielt sich in den Küstenästuaren ab. Überdies sind die Mündungen Kinderstube für Brassen, Schnapper und andere wichtige Speisefische, wie der Biologe sagt. Noch seien keine gravierenden Veränderungen durch die Erwärmung und Versauerung aufgefallen. Doch wenn die Entwicklung so weitergehe, sei das bloß eine Frage der Zeit.