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Klimawandel
"Jedes Land muss mehr machen"

Der Klimawandel gilt als wichtiges Thema bei G7-Gipfel in Lübeck. Auch in den USA spielt die Bedrohung eine zentrale Rolle: Alleine 2014 gab es elf Extremwetter-Ereignisse. Das Land sei verletzbar, sagte US-Umweltschützerin Jennifer Morgen im DLF. Wie stark die amerikanische Klimapolitik sei, werde sich im Sommer zeigen.

Jennifer Morgen im Gespräch mit Stefan Römermann |
    Blick auf einen Tornado in der Nähe von Sount Plains in Texas (12.05.2005).
    Extremwetter-Ereignisse kosten die USA jedes Jahr über eine Milliarde Dollar. (picture alliance / dpa / DB Cloud9-Tours)
    Stefan Römermann: In Lübeck tagen heute die Außenminister der sieben großen westlichen Industrienationen. Ein wichtiges Thema dort ist der Klimawandel und seine Folgen, denn die Erderwärmung wird zunehmend auch eine Gefahr für die globale Sicherheit. Oder anders formuliert: Der Kampf gegen den Klimawandel ist inzwischen auch eine Frage von Krieg und Frieden. Das ist jedenfalls das Ergebnis einer Studie, die heute beim G7-Treffen offiziell präsentiert werden soll. Die Erderwärmung führt demnach nämlich zu Überflutungen, zu Dürrekatastrophen und Lebensmittelknappheit in vielen Regionen der Erde. Vor der Sendung habe ich mit der amerikanischen Umweltschützerin Jennifer Morgan über diese Studie und die US-Klimapolitik gesprochen. Jennifer Morgan arbeitet für das World Resources Institute, einer Umweltdenkfabrik in Washington. Und ich habe sie gefragt, in welchen Regionen der Klimawandel vor allem zu einem Sicherheitsproblem werden kann.
    Jennifer Morgan: Nordafrika, kann man schon sagen, ist fragil, wenn man guckt in den Sudan. Es gibt schon Studien, die sagen, dass der Klimawandel da schon eine Rolle gespielt hat in den Konflikten wegen der Dürre. Man kann auch gucken in Zentralamerika für die USA, da mit Flüchtlinge, die auch ein Problem sein könnten. Eigentlich sind es mehr Konflikte, die ausbrechen können, und deswegen wird es sehr ernst genommen, weiß ich vom US-Militär, und ich glaube, von der deutschen und europäischen Seite auch.
    Römermann: Die Bedrohung durch die Erderwärmung für Tier- und Pflanzenwelt, das ist ja schon lange bekannt, auch wenn es immer noch Leute gibt, die das bestreiten. Trotzdem halten sich ja die Anstrengungen beim Klimawandel in vielen Ländern immer noch sehr in Grenzen. Denken Sie, dass dieser neue Fokus jetzt auch auf den Sicherheitsaspekt, auf den Frieden, der bedroht ist durch den Klimawandel, durch die Erderwärmung, dass das vielleicht diesem Thema neuen Schub bringt, dass man vielleicht dieses Thema Klimawandel auch in den USA stärker in Angriff nimmt?
    Morgan: Ich glaube schon, dass dieses Frieden- und Klimathema schon bedrohlicher ist, diese Frage von Klimawandel. Aber ich glaube, was noch wichtiger ist, bestimmt in den USA: Die Auswirkungen finden jetzt statt und sind da anerkannt als Klimawandel. Zum Beispiel die Meeresspiegel-Erhöhung ist klar, und wenn man in Florida wohnt, dann ist es klar, dass die Bevölkerung da bedroht ist. In den USA und in anderen Ländern ist alle Politik lokal. Wenn die Auswirkungen wirklich lokal sind und die Wissenschaftler diese Verbindung machen zwischen Klimawandel und diesen lokalen Auswirkungen, das macht eigentlich einen ganz großen Unterschied in der US-Debatte im Moment.
    Römermann: Hier von Europa aus betrachtet erscheinen die Klimaziele, die sich die USA bisher gesetzt hat, als nicht so richtig ambitioniert, als ein bisschen weich. Andererseits ist es für Obama, glaube ich, schon ein ziemlich großer Schritt gewesen, das zu machen. Wie beurteilen Sie selber als Amerikanerin die US-Klimapolitik? Reicht Ihnen das, was da passiert?
    "Obama nimmt das Problem ernst"
    Morgan: Ich glaube, dass Obama der erste Präsident ist, der wirklich dieses Problem ernst nimmt und was macht. Er hat Ziele gesetzt und benutzt eigentlich dieses Green Air Act, um die verschiedenen Sektoren zu regulieren. Es heißt, es werden keine neuen Kohlekraftwerke gebaut in den USA. Es heißt, dass die Autos effizienter sein werden. Mein Institut hat das berechnet. Es ist schon ernst gemeint. Ich glaube, das ist seriös. Jedes Land muss mehr machen. Aber ich glaube jetzt, dass die USA einen glaubwürdigen Versuch macht, und man soll das anerkennen.
    Römermann: Das ist jetzt, was Obama vorangebracht hat. Allerdings ist es ja so, dass Amerika, das Land relativ stark gespalten ist. Das politische System in den USA ist stark gespalten. Wir haben auf der einen Seite die Republikaner, auf der anderen Seite die Demokraten. Wenn jetzt bei der nächsten Wahl ein republikanischer Präsident gewinnen sollte, heißt das, dass in der Klimapolitik wieder alles zurück auf Anfang geht und wir wieder die gleichen Konflikte haben wie vor zehn Jahren?
    Morgan: Ich glaube nicht. Ich glaube, die Mehrheit der Bevölkerung macht sich Sorgen über den Klimawandel. Die Umfragen zeigen das. Sie zeigen auch, dass sie wollen, dass die Regierung was macht. Aber das US-System ist leider sehr beeinflusst von Kampagnen, wie Wahlkampagnen finanziert sind. Das heißt, dass fossile Unternehmen immer noch einen großen Einfluss haben auf verschiedene Abgeordnete und Kandidaten. Aber ich glaube, es kommt darauf an, welcher Republikaner das ist. Wenn es ein Republikaner ist, glaube ich, wird es nicht so einfach sein, nur zurückzurudern. Der Mechanismus, was Obama jetzt ins Leben gerufen hat, dieser Regulierungsansatz bleibt schon eine Weile.
    Römermann: Wie weit spielen denn eigentlich die Diskussionen, die wir in Deutschland, die wir in Europa zum Thema Klimawandel, zum Thema Umweltschutz haben, inwieweit spielen die denn überhaupt in der amerikanischen Diskussion irgendeine Rolle? Wird das dort wahrgenommen, was wir hier in Europa über dieses Thema denken und reden, oder ist das etwas, was ziemlich allein aus nationalen Interessen heraus diskutiert wird?
    Morgan: Es ist beides, glaube ich. Man muss nur wissen, letztes Jahr gab es elf Extremwetter-Ereignisse, die jedes über eine Milliarde Dollar gekostet hat.
    Römermann: Allein in den USA?
    Morgan: Allein in den USA. Das heißt, die Debatte in den USA finde ich eigentlich fast lebendiger über die Risiken für die USA von Klimawandel als hier in Europa, weil es verletzbar ist. Ich glaube, auf globale Sicht ist für die USA China hoch wichtig und das US-China-Abkommen war sehr wichtig, was im November stattgefunden hat. Aber es gibt auch neue Umfragen, die zeigen, die Amerikaner wollen Leadership von Präsident Obama. Ob sie Republikaner sind oder Demokraten sind, sie wollen, dass er mit anderen Ländern arbeitet, um Lösungen zu finden.
    Römermann: Jetzt haben wir diesen G7-Gipfel. Was ist da von den USA in Sachen Klimapolitik zu erwarten? Wird es da jetzt vielleicht ein bisschen Bewegung geben? Denken Sie, dass es heute schon irgendwelche Signale geben wird?
    Morgan: Ich glaube, die Signale sind da. Ich glaube, es wird Signale geben von Secretary Kerry hier in Deutschland, dass das ein wichtiges Thema ist. Er übernimmt die Präsidentschaft vom Arctic Council im Sommer und ich glaube, er wird Klima als Schwerpunkt machen. Und man sieht auch, dass in jedem bilateralen Gespräch das Klima ein Thema ist, von Secretary Kerry und von Präsident Obama. Klimapolitik selbst auf nationaler Ebene, ich glaube, im Sommer ist eine sehr wichtige Regulierung zu Ende über Kraftwerke, und da werden wir wirklich sehen, wie stark ist die amerikanische Klimapolitik.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.