Britta Fecke: Es ist nicht leicht, gleichzeitig Anheizer und Bremser zu sein. Doch im Fall von den USA und China traf das in Bezug auf den Klimawandel lange zu, denn die beiden Länder führen die Liste der größten Kohlendioxid-Emittenten an. Zusammen sind sie für über 40 Prozent der weltweiten Emissionen der Treibhausgase zuständig. Und die größten Anheizer waren, wenn es um die Begrenzung des CO2-Ausstoßen ging, auch die stärksten Bremser. USA und China waren in Kopenhagen maßgeblich für das Scheitern des Klimagipfels verantwortlich. Doch in dieser Woche haben sie ihren Klimakurs zumindest offiziell geändert. Die USA gaben in Peking an, bis zum Jahr 2025 ihren CO2-Ausstoß um rund 28 Prozent im Vergleich zu 2005 zu reduzieren. Mein Kollege Georg Ehring hat Klaus Töpfer, den früheren Bundesumweltminister gefragt, was das für die globalen Klimabemühungen auch mit Blick auf ein weltweites Abkommen bedeutet.
Klaus Töpfer: Das ist eigentlich ein ganz großes Signal für die Welt. Wenn die beiden Hauptemittenten zum Ergebnis kommen, sie müssen nun wirklich handeln, dann ist das auch ein Beleg dafür, dass hier eine ganz reale Gefahr für die Welt besteht und dass das andere auch mit aufgreifen müssen. Endlich, endlich, endlich sind auch diese beiden Hauptemittenten von Klimaschadstoffen zur Überzeugung gekommen, es muss konkret gehandelt werden.
Georg Ehring: Aber es reicht ja noch lange nicht.
Töpfer: Ich sagte ja: das ist immer wieder das zusätzliche herausfordernde Problem, dass der Anfang immer nicht hinreichend ist, um das zu erreichen, was am Ende wirklich dabei sein muss. Erst wenn man anfängt merkt man auf einmal, wie viele Möglichkeiten es darüber hinaus noch gibt. Ich habe in meinem ganzen Leben immer wieder gesehen, dass wir zuerst Ziele gesetzt haben, über die wir hinterher eigentlich etwas gelächelt haben, weil wir gesagt haben, da konnten wir noch viel mutiger sein, und das ist bei den Großen nicht zu erwarten, dass sie mit großem Mut erst mal reingehen, sondern mit sehr viel Realismus. Wenn man weiß, dass in den USA die Mehrheiten im Senat und im Kongress so sind, dass sie nicht gerade die Mehrheit für den Präsidenten Obama darstellen, dann ist es richtig, wenn man sagt, wir machen auf jeden Fall das, was wir verlässlich umsetzen können, und das kann man da umsetzen. Das gilt natürlich in China unter gänzlich anderen Vorzeichen auch so. Hier will man nicht zu laut pfeifen und dann hinterher sehen oder belegt bekommen, dass es nicht klappt. Ich glaube, da ist noch viel Luft drin, zu einer besseren Lösung zu kommen, aber wenn man nicht anfängt, kann man auch nicht das Bessere hinterher erreichen.
Ehring: Was heißt das für Deutschland? Bei uns diskutieren wir darüber, ob die 40 Prozent realistisch sind.
"Deutschland hat eine Verpflichtung übernommen"
Töpfer: Ich glaube, wir dürfen nicht fragen, ob sie realistisch sind, sondern wir müssen zunächst mal sagen, das ist eine Verpflichtung, die Deutschland übernommen hat, nebenbei mit beschlossen und mit in die Welt hineingebracht von jetzt noch handelnden Personen, und deswegen wäre es ein denkbar dramatisch schlechtes Zeichen, wenn wir uns von diesen 40 Prozent verabschieden.
Worüber es füglich zu streiten und zu argumentieren gilt ist: Wie kriegen wir sie denn hin? Was können wir da machen? Ist das alles ausgereizt, was wir an Energieeffizienz zu erreichen haben? Können wir nicht sehr viel mehr auch noch an Energieeffizienz etwa in der Produktion erreichen? Dass wir darüber uns unterhalten müssen, wie wir auch andere Brennstoffe mit heranziehen können, die CO2-Emissionen vermindern, das ist richtig. Aber es geht auch kein Weg daran vorbei, dass man sich auch fragen muss, wie kommen wir zu einem Kohlekonsens in Deutschland, bei dem man natürlich breiter denken muss als nur in der Frage, wie viele Kraftwerke werden geschlossen. Wir müssen uns fragen, welches sind die regionalen Konsequenzen, die damit verbunden sind, welche Arbeitsplätze werden dadurch nicht mehr oder können nicht mehr sicher sein, kann man dort regionalpolitische, sozial auffangende Programme in die Wege leiten. Wir müssen uns fragen, was sind die Konsequenzen für die Energiepreise, die damit verbunden sind. Das sind alles ganz legitime Fragen, aber die können auch beantwortet werden bis hin zu der Tatsache, dass für viele Menschen in Deutschland Energiepreise auch eine Frage sind, wie sie das noch bewältigen sollen. Energiearmut ist nicht herbeigeredet, sondern an vielen Stellen Realität.
Worüber es füglich zu streiten und zu argumentieren gilt ist: Wie kriegen wir sie denn hin? Was können wir da machen? Ist das alles ausgereizt, was wir an Energieeffizienz zu erreichen haben? Können wir nicht sehr viel mehr auch noch an Energieeffizienz etwa in der Produktion erreichen? Dass wir darüber uns unterhalten müssen, wie wir auch andere Brennstoffe mit heranziehen können, die CO2-Emissionen vermindern, das ist richtig. Aber es geht auch kein Weg daran vorbei, dass man sich auch fragen muss, wie kommen wir zu einem Kohlekonsens in Deutschland, bei dem man natürlich breiter denken muss als nur in der Frage, wie viele Kraftwerke werden geschlossen. Wir müssen uns fragen, welches sind die regionalen Konsequenzen, die damit verbunden sind, welche Arbeitsplätze werden dadurch nicht mehr oder können nicht mehr sicher sein, kann man dort regionalpolitische, sozial auffangende Programme in die Wege leiten. Wir müssen uns fragen, was sind die Konsequenzen für die Energiepreise, die damit verbunden sind. Das sind alles ganz legitime Fragen, aber die können auch beantwortet werden bis hin zu der Tatsache, dass für viele Menschen in Deutschland Energiepreise auch eine Frage sind, wie sie das noch bewältigen sollen. Energiearmut ist nicht herbeigeredet, sondern an vielen Stellen Realität.
Ehring: Ende nächsten Jahres soll ein Weltklimaabkommen stehen. Glauben Sie, dass es klappt und dass es genügend Inhalt hat, um das Zwei-Grad-Ziel auch zu erreichen?
Töpfer: Nach dem, was wir jetzt aus Peking gehört haben mit den beiden Präsidenten, ist die Hoffnung, ist die Wahrscheinlichkeit dafür gestiegen. Das ist gar keine Frage. Ob das schon beim ersten Ansatz erreicht wird, dass man beruhigt sagen kann, damit wird das Zwei-Grad-Ziel erreicht, da würde ich noch eine deutliche Frage dazu anschließen. Aber ich sage noch mal: Wichtig ist, dass der Prozess begonnen wird, dass man rangeht. Immer und immer wieder habe ich in meinem Leben feststellen können: am Anfang sind die Ziele sehr vorsichtig, sehr zurückhaltend gesteckt, und indem man sie in Angriff nimmt, kommt man weiter.
Fecke: Mein Kollege Georg Ehring sprach mit Klaus Töpfer.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.