Klimawandel
Wie kann die Industrie ihren CO2-Ausstoß reduzieren?

Die Industrie ist für knapp 200 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß im Jahr verantwortlich. Angesichts des Klimawandels und dem verschärften Klimaschutzgesetz muss in diesem Bereich der Ausstoß drastisch reduziert werden. Viele Unternehmen versuchen das - aber was ist noch möglich?

Von Volker Mrasek |
Kokerei Schwelgern ThyssenKrupp Steel in Duisburg Hamborn. Rechts im Bild sind Hochöfen zu sehen, hinten links, Kühlturm des Kohlekraftwerks Duisburg Walsum.
Groß ist die Herausforderung für die Industrie, bis zur Jahrhundertmitte klimaneutral zu sein (picture alliance / dpa - Jochen Tack )
2015 auf dem UN-Klimagipfel verpflichteten sich fast alle Staaten im sogenannten Pariser Abkommen, die Weltwirtschaft klimafreundlicher zu gestalten. Die Länder setzten sich zudem das Ziel, die globale Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad Celsius zu beschränken. Wie kann die Industrie CO2 einsparen und ihren Teil für mehr Klimaschutz beitragen?

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Industrie versucht Emissionen zu reduzieren

Knapp 200 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr gehen auf das Konto der Industrie. Die muss ihre Emissionen drastisch reduzieren – und versucht das auch.
Es gibt Industriebetriebe, die vormachen, was schon heute geht. Der hessische Heiz- und Kühltechnikhersteller Viessmann zum Beispiel: "Im Moment null Prozent CO2!"
Die Firma hat eigene Biogas- und Solaranlagen errichtet. In Kurzumtriebsplantagen wachsen Millionen von Pappeln – sie liefern Holzhackschnitzel zum Heizen. Pumpen, Beleuchtung, Waschanlagen – alles im Werk kam auf den Prüfstand und ist heute sparsamer im Verbrauch. Das Unternehmen konnte seinen CO2-Ausstoß so immens verringern, um rund 80 Prozent. Und das schon vor Jahren.
Ein anderes Beispiel: die Chemieindustrie. Sie beginnt damit, das Klimagas Kohlendioxid als Rohstoff zu nutzen, statt es in die Luft zu blasen: "Wir haben hier einen Reaktor."
"Eine Serienschaltung von Rührkesseln im Prinzip."
Der Präsident des Bundesumweltamtes, Dirk Messner, am 21.4.2021 in Berlin
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CO2-Reduktionsziele für die deutsche Industrie

So baut die Firma Covestro CO2 inzwischen in Matratzenschäume ein. Das Bundesforschungsministerium fördert ein Projekt in Duisburg bei ThyssenKrupp. Dort wird getestet, ob die Hüttengase der Stahlindustrie nicht wichtige Grundbausteine für die Chemie liefern können. 20 Millionen Tonnen CO2, heißt es, könnten so vielleicht einmal sinnvoll genutzt werden. Das wäre ein Zehntel der gesamten Emissionen von Industrie und verarbeitendem Gewerbe in Deutschland.
Doch das alles kommt erst sehr spät in Gang. CO2-Reduktionsziele für die deutsche Industrie wurden erst vor fünf Jahren festgelegt, im Klimaschutzplan 2050. Zwar gibt es schon seit 2005 den europäischen Emissionshandel. Doch der verfehlte seine Wirkung. Die Preise für jede ausgestoßene Tonne CO2 waren lange Zeit viel zu niedrig:
"Man hat 10, 15 Jahre verloren," so die Einschätzung von Wolfgang Eichhammer vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.
Und das auch bei der Einsparung von Energie: "Seit 2008 war nur ein sehr geringer Fortschritt der Energieeffizienz-Entwicklung in der Industrie", sagt Barbara Schlomann ebenfalls vom Fraunhofer-Institut.
Solarfeld im Licht des Sonnenaufgangs in Mecklenburg-Vorpommern bei Luttow-Valluhn.
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Angestrebte Klimaneutralität erfordert neue Prozesse

Umso größer ist nun die Herausforderung für die Industrie, bis zur Jahrhundertmitte klimaneutral zu sein. Zum Teil erfordert das völlig neue Prozesse, etwa in der Stahlerzeugung. Die Hochöfen dürfen irgendwann keine Kokskohle mehr verfeuern. Stattdessen könnte man Wasserstoff nehmen. Daran wird auch schon gearbeitet:
"Nur: In die großtechnische Anwendung dauert es typischerweise vielleicht 20 Jahre. Und deswegen hätten die Unternehmen eigentlich schon früher starten können."
Inzwischen ist der CO2-Preis gestiegen, was fossile Energieträger stark verteuert. Am besten bleibt das auch so. Denn dann kommt die Industrie nicht umhin, ihre Emissionen zu senken und sparsamer mit Energie umzugehen. Fraunhofer-Forscher Clemens Rohde weiß, wie sich das noch zusätzlich befördern ließe – indem Firmen ihre Abschreibungsfristen verlängern. Bisher müssten sich neue Technologien oft schon nach ein, zwei Jahren amortisiert haben: "Und das heißt: Viele wirtschaftliche Investitionen fallen einfach durch das unternehmensinterne Entscheidungsraster."
Um das zu ändern, hat das Karlsruher Institut sogenannte Effizienz-Netzwerke aufgebaut, mit mehreren hundert Betrieben aus den verschiedensten Branchen. Damit einer vom anderen lernt – und alle weniger CO2 ausstoßen.