2015 auf dem UN-Klimagipfel verpflichteten sich fast alle Staaten in dem sogenannten Pariser Abkommen, die Weltwirtschaft klimafreundlicher zu gestalten. Die Länder setzten sich zudem das Ziel, die globale Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad Celsius zu beschränken. Um dem Klimawandel entgegenzuwirken, muss in vielen Bereichen gehandelt werden - zum Beispiel in der Zementindustrie.
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Forschungsgebäude in der Schweiz
In Dübendorf, am Rand von Zürich in der Schweiz, steht das Gebäude Nest, das wie ein riesenhafter Baukasten aussieht: Auf vier Etagen haben Architekten und Bauingenieure ganz besondere Wohnungen, Büros und sogar ein Fitnessstudio einschieben lassen: Eine Einheit besitzt luftgefüllte Wände aus Aerogel, eine andere ist gekrönt von einem geschwungenen Gewölbe aus hauchdünnem Beton.
"Dahinter steht eine Aufgabenstellung. Das ist das Problem, dass gerade die Bauindustrie als weltweit größte Industrie - die weltweit am wenigsten innovative Industrie ist. Sie ist extrem innovationsträge," erklärt Enrico Marchesi von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt.
Hohe CO2-Emissionen der Zementindustrie
Eigentlich aber mangelt es nicht an durchscheinenden Wänden – der Bausektor müsste zu allererst sauberer werden. Vor allem ist das die Zementindustrie: Sie stößt fast zehn Prozent aller CO2-Emissionen der Menschheit aus, fast dreimal so viel wie der Flugverkehr.
Dennoch wird in den nächsten Jahren weltweit so viel gebaut werden wie nie zuvor: Bis 2050 werden noch einmal zwei Milliarden Menschen mehr auf der Welt leben. Damit auch die über Wohnraum verfügen, müsste jährlich 18-mal die Infrastruktur von Berlin neu errichtet werden, in jedem einzelnen Jahr bis 2050. Biologische Baumaterialien wie Holz, Stroh oder Lehm sind wegen des schlechten Rufs von Beton so gefragt wie nie – aber sie werden nicht ausreichen.
"Wenn man nur 25 Prozent der heute hergestellten Betonmenge durch Holz ersetzen wollte, müsste man einen neuen Wald pflanzen, der anderthalb mal so groß ist wie die Fläche Indiens," und das sei möglich, so Karen Scrivener, Zementchemikerin von der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne.
Alternative Betonrezeptur und Verfahren
Die Forscherin Scrivener ging einen anderen Weg: Sie versuchte, die Zementherstellung selbst zu verbessern, und es gelang: Scrivener veränderte die Rezeptur und entwickelte damit eine energiesparendere und weniger CO2-intensive Herstellungsweisen für den Zement. Andere haben das Recycling von Altbeton perfektioniert oder neue Verfahren entwickelt, um Betonträger mit hunderten Luftlöchern herzustellen und dadurch sparsamer mit dem Baumaterial umzugehen. Obwohl all diese Verfahren längst verfügbar sind – es bleibt eine letzte gewaltige Hürde, mit der auch Karen Scrivener kämpft: "Es ist eine konservative Industrie. Und die muss von all den neuen Ideen erst einmal überzeugt werden."