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Klimaziele der Bundesregierung
Beck: "Eine CO2-freie Welt ist der ganz wichtige Punkt"

Die neuen Klimaziele der Bundesregierung seien sehr ambitioniert, vor allem in der Umsetzung, sagte Marie-Luise Beck vom deutschen Klima-Konsortium im Dlf. Um sie zu erreichen, brauche es dringend einen Wandel der Infrastruktur im Verkehr ebenso wie klare Rahmenbedingungen für die Industrie.

Marie-Luise Beck im Gespräch mit Stephanie Rohde |
Wuppertaler Wasserstoffbus tankt H2 Wasserstoff an einer H2 Wasserstofftankstelle
Der Infrastrukturwandel im Bereich Verkehr sei eine langfristige Aufgabe, die mit viel Dynamik angegangen werden müsse, sagte Marie-Luise Beck vom deutschen Klima-Konsortium im Dlf (imago / Rupert Oberhäuser)
Nach dem Urteil aus Karlsruhe hat die Bundesregierung kurz vor der Bundestagswahl ein neues Klimagesetz vorgelegt. Bis 2035 sollen nun 65 anstatt 55 Prozent der Treibhausgase eingespart werden. Ab 2045 soll Deutschland zudem klimaneutral sein, d.h. dass nur noch so viel Treibhausgas ausgestoßen wird wie auch gebunden werden kann. Für die Sektoren Verkehr und Industrie wurden neue Emissionsziele festgelegt, ebenso wie für die Bereiche Gebäude, Energie, Landwirtschaft und Abfall.
Insel Pellworm, Luftbild vom Schleswig-Holsteinischen Nationalpark Wattenmeer
Deutsches Klimagesetz in Teilen verfassungswidrig
Dem deutschen Klimaschutzgesetz fehlen nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts Maßgaben, wie der Treibhausgas-Ausstoß nach 2031 reduziert werden solle. Bis Ende 2022 müsse der Gesetzgeber hier nachbessern. Ein Überblick über die wichtigsten Fragen.
Marie-Luise Beck, Geschäftsführerin des deutschen Klima-Konsortiums (nicht zu verwechseln mit Marie-Luise Beck von den Grünen) sagte im Deutschlandfunk, die neuen Ziele der Bundesregierung seien sehr ambitioniert, "wenn man auf die Umsetzung schaut".

Infstruktur im Bereich Verkehr entscheidend

Im Bereich Verkehr sei die Infrastruktur der entscheidende Faktor, diese müsse sich ändern, forderte sie. "Breite Fahrradwege ziehen Radfahrer an, breite Straßen Autofahrer", das zeige etwa ein Vergleich der beiden Großstädte Kopenhagen und Berlin. 60 Prozent der Menschen fahren in Kopenhagen mit dem Fahrrad, 20 Prozent in Berlin und das bei einer ähnlichen Wetterlage.
Zwar sei im vergangenen Jahr das Klimaziel von minus 40 Prozent gegenüber 1990 eingehalten worden. Aber – so Beck – "der Wermutstropfen war: Ohne Corona wären auch diese Ziele, die jetzt viel höher angesetzt werden, nicht eingehalten worden." Den enormen Rückgang beim Verkehr in Höhe von elf Prozent werde man im kommenden Jahr nicht halten können, geschweige denn absenken. "Da muss sich ein Verkehrsminister sehr, sehr viel einfallen lassen, um hinterherzukommen, so Beck.
Der Wandel der Infrastruktur im Verkehr sei eine langfristigere Aufgabe, die man aber mit viel Dynamik angehen müsse. Die Schiene etwa sei letztes Jahr nicht ausgebaut worden, Straßen dafür schon, kritisierte Beck.

Industrie braucht einen verlässlichen Rahmen

Für die Wirtschaft forderte Marie-Luise Beck beim Klimaschutz "langfristige verlässliche Pfade und Wege", denn für Investitionsentscheidungen sei kurzfristiges Handeln "sehr schwierig". Zudem seien Chancen verpasst worden. Als Beispiel nannte sie die Zwei-Grad-Initiative deutscher Unternehmer, die beim Klimaschutz eine Vorreiterrolle spielen wollten. Die Politik habe aber nicht die Rahmenbedingungen geschaffen.
Olaf Scholz, Kanzlerkandidat der SPD, hat die neuen Klimaziele der Bundesregierung verkündet
Neues Klimaziel soll auf die Marke Scholz einzahlen
Deutschland will nun schon im Jahr 2045 klimaneutral sein. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Absichtserklärung der SPD vonseiten der Großen Koalition Taten folgen, ist aber gering, meint Ann-Kathrin Büüsker. Vielmehr soll das Klimathema Olaf Scholz als Kanzlerkandidat im Wahlkampf nutzen.

Kohlestrom könnte bald unrentabel werden

Der Kohlekompromiss sei eine Aufgabe für die nächste Regierung, sagte Beck im Dlf. Er müsse Entschädigungen für die Industrie und Strukturhilfen für die Regionen beinhalten und dennoch einen schnelleren Kohleausstieg ermöglichen. Denn wenn der CO2-Preis pro Tonne Kohle durch den Emmissionshandel weiter ansteigt, könnte die Kilowattstunde Kohlestrom so teuer werden, dass sie keine Abnehmer mehr findet. Ein solches Produkt sei dann raus aus dem Markt.
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