Nach dem Urteil aus Karlsruhe hat die Bundesregierung kurz vor der Bundestagswahl ein neues Klimagesetz vorgelegt. Bis 2035 sollen nun 65 anstatt 55 Prozent der Treibhausgase eingespart werden. Ab 2045 soll Deutschland zudem klimaneutral sein, d.h. dass nur noch so viel Treibhausgas ausgestoßen wird wie auch gebunden werden kann. Für die Sektoren Verkehr und Industrie wurden neue Emissionsziele festgelegt, ebenso wie für die Bereiche Gebäude, Energie, Landwirtschaft und Abfall.
Marie-Luise Beck, Geschäftsführerin des deutschen Klima-Konsortiums (nicht zu verwechseln mit Marie-Luise Beck von den Grünen) sagte im Deutschlandfunk, die neuen Ziele der Bundesregierung seien sehr ambitioniert, "wenn man auf die Umsetzung schaut".
Infstruktur im Bereich Verkehr entscheidend
Im Bereich Verkehr sei die Infrastruktur der entscheidende Faktor, diese müsse sich ändern, forderte sie. "Breite Fahrradwege ziehen Radfahrer an, breite Straßen Autofahrer", das zeige etwa ein Vergleich der beiden Großstädte Kopenhagen und Berlin. 60 Prozent der Menschen fahren in Kopenhagen mit dem Fahrrad, 20 Prozent in Berlin und das bei einer ähnlichen Wetterlage.
Zwar sei im vergangenen Jahr das Klimaziel von minus 40 Prozent gegenüber 1990 eingehalten worden. Aber – so Beck – "der Wermutstropfen war: Ohne Corona wären auch diese Ziele, die jetzt viel höher angesetzt werden, nicht eingehalten worden." Den enormen Rückgang beim Verkehr in Höhe von elf Prozent werde man im kommenden Jahr nicht halten können, geschweige denn absenken. "Da muss sich ein Verkehrsminister sehr, sehr viel einfallen lassen, um hinterherzukommen, so Beck.
Der Wandel der Infrastruktur im Verkehr sei eine langfristigere Aufgabe, die man aber mit viel Dynamik angehen müsse. Die Schiene etwa sei letztes Jahr nicht ausgebaut worden, Straßen dafür schon, kritisierte Beck.
Industrie braucht einen verlässlichen Rahmen
Für die Wirtschaft forderte Marie-Luise Beck beim Klimaschutz "langfristige verlässliche Pfade und Wege", denn für Investitionsentscheidungen sei kurzfristiges Handeln "sehr schwierig". Zudem seien Chancen verpasst worden. Als Beispiel nannte sie die Zwei-Grad-Initiative deutscher Unternehmer, die beim Klimaschutz eine Vorreiterrolle spielen wollten. Die Politik habe aber nicht die Rahmenbedingungen geschaffen.
Kohlestrom könnte bald unrentabel werden
Der Kohlekompromiss sei eine Aufgabe für die nächste Regierung, sagte Beck im Dlf. Er müsse Entschädigungen für die Industrie und Strukturhilfen für die Regionen beinhalten und dennoch einen schnelleren Kohleausstieg ermöglichen. Denn wenn der CO2-Preis pro Tonne Kohle durch den Emmissionshandel weiter ansteigt, könnte die Kilowattstunde Kohlestrom so teuer werden, dass sie keine Abnehmer mehr findet. Ein solches Produkt sei dann raus aus dem Markt.
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