30 Studenten sitzen im kleinen Auditorium der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. Vor ihnen eine riesengroße Leinwand. Die Tatortkommissarin Janneke erstarrt am Telefon, als sie die Stimme am anderen Ende hört. Mit der Schweizer Filmkomponistin Christine Aufderhaar tauschen sich die Studenten über das Sounddesign aus, das einige von ihnen für diese Filmsequenz entworfen haben. Dabei scheinen die Grenzen zwischen Musik und Sound zunächst gar nicht so groß zu sein.
"Also ich finde, Sounddesign ist eigentlich dasselbe wie Komposition, nur nicht mit Musik, sondern mit Geräuschen", meint eine Studentin, die extra für das Klangsymposium "Klingt Gut!" nach Hamburg angereist ist. Tongestaltung, elektroakustische Musik und neue Klangtechnologien stehen bei der dreitägigen Veranstaltung im Vordergrund. Dabei soll insbesondere der Austausch zwischen Künstlern und Wissenschaftlern gefördert werden. Aus gutem Grund, erklärt Klangforscher und Leiter des Symposiums Thomas Görne.
"Wenn man sich zum Beispiel mit Filmsounddesign beschäftigt, muss man sich die Inspiration in der Kunst holen. Und wenn man als Gestalter frei sein will, muss man die Technik kennen und man muss wissen, was an Technik zur Verfügung steht."
"Und dann haben wir eine neue Form von Popmusik geschaffen"
An den Schnittstellen von Kunst und Technik arbeitet auch der Engländer Martyn Ware. Er ist einer der vielen Gastredner. Für öffentliche Orte wie zum Beispiel die Londoner Tate Gallery entwirft er "Soundscapes", virtuelle Klangwelten. Daneben hat er Songs von Tina Turner und Erasure produziert. Die New-Wave-Bands "Heaven 17" und "Human League" hat er mitgegründet. Parallelen zwischen der Arbeit mit den Bands und seiner Tätigkeit als Sounddesigner sieht auch er.
"In den späten 70ern, als wir mit "Human League" starteten, waren wir auch an einer Art "Soundscaping" interessiert. Allerdings hatten wir nicht die technischen Mittel. Wir waren zum Beispiel von Brian Eno und Ambient Music beeinflusst. Und dann haben wir eine neue Form von Popmusik geschaffen, die vollkommen elektronisch und ein bisschen Punk war."
Synthesizer und Sampler halten damals Einzug in die Popmusik und revolutionieren sie durch einen kühleren Sound. Dabei hat sich eines bis heute nicht verändert: neue Geräte und Techniken inspirieren und eröffnen neue Soundwelten.
Mit einem vielfältigen Programm aus Konzerten, Workshops und Vorträgen ermöglicht das Symposium die Auseinandersetzung mit ganz unterschiedlichen Aspekten des Klangs. Nicht die Theorie, sondern vor allem die praktische Anwendbarkeit von Sounddesign steht im Vordergrund. Auch wenn man auf dem Symposium manchmal einen anderen Eindruck gewinnt: Sound ist nicht alles. Schon gar nicht in Bezug auf Musik. Das findet auch der Hamburger Experimentalmusiker und Hörspielmacher Felix Kubin.
"Ein Grund, warum Kraftwerk so gut funktionieren, ist, weil sie einfach sehr einfache, schöne Melodien produziert haben. Darum wird Kraftwerk dann auch vom Kronos Quartett oder irgendeiner Blaskapelle gecovert. Das funktioniert eben nur, weil Kraftwerk nicht nur auf einen innovativen Sound geachtet hat, sondern die haben auch darauf geachtet, dass ihre Kompositionen interessant sind.
Eine der beeindruckendsten unter den Gästen ist die amerikanische Jazzpianistin Carla Bley. Heute mit 80 genauso eigenwillig wie damals: In den 70er-Jahren gehört sie zur New Yorker Avantgarde. Ihr künstlerischer Ansatz ganzheitlich. Sound und Musik sind für sie eins.
"Mich inspiriert nichts, außer wie zwei Töne zusammen klingen, wenn sie erklingen. Mehr ist es nicht. Eine ziemliche simple Sache. Es ist nicht so, dass ich in die Wälder gehe und inspiriert wieder rauskomme. Ich gehe in den Wald und dann komme ich zurück. Ich schreibe zwei Noten auf, an der richtigen Stelle. Das hat nichts mit Inspiration zu tun. Das mache ich jeden Tag meines Lebens. Man könnte es eine Gewohnheit nennen."