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Klinsmann neuer Bayern-Trainer

Überraschung in der Fußball-Bundesliga: Jürgen Klinsmann wird neuer Trainer des FC Bayern München. Herbert Fischer-Solms aus der Deutschlandradio-Sportredaktion verweist auf die starken Persönlichkeiten in der Vereinsführung und kommt zu dem Schluss: "Da ist eine Menge Konfliktpotenzial drin."

Moderation: Dirk-Oliver Heckmann |
    Dirk-Oliver Heckmann: Es war eine dürre Meldung auf der Internetseite des FC Bayern München, doch diese Meldung, die hatte es in sich: Jürgen Klinsmann, der ehemalige Cheftrainer der Fußball-Nationalmannschaft, wird Trainer beim Rekordmeister und wird damit Nachfolger von Ottmar Hitzfeld. Herbert Fischer-Solms aus unserer Sportredaktion ist zu mir ins Studio gekommen. Herr Fischer-Solms, war es eine überraschende Entscheidung, oder wurde Klinsmann von den Insidern auch gehandelt?

    Herbert Fischer-Solms: Nein, wurde nicht gehandelt oder wurde kaum gehandelt, in jedem Fall eine Riesenüberraschung. Die Nachrichtenagenturen, auch Fernsehkanäle, sprechen von einer Sensation. So hoch würde ich es nicht hängen. Klinsmann hat uns ja schon mal überrascht, aber so oder so, wie man will, in jedem Fall eine hochinteressante Entwicklung.

    Heckmann: Eine Entwicklung, die entsprechende Reaktionen ausgelöst hat und Stellungnahmen auch aus dem DFB?

    Fischer-Solms: Zum Beispiel, überraschenderweise hat der DFB mit einer Presseerklärung reagiert und äußert sich überrascht und erfreut, dass Klinsmann jetzt wieder im deutschen Fußball ist. Er habe viel für den deutschen Fußball geleistet, heißt es dort. Und der DFB-Präsident Zwanziger sagt, er wird sicherlich auch beim FC Bayern einiges bewegen. Das kann man sicherlich unterstreichen, er wird einiges bewegen, noch wissen wir nicht, in welche Richtung.

    Heckmann: Jürgen Klinsmann war ja gehandelt worden als Nationaltrainer in verschiedenen Ländern sogar. Was dürfte denn jetzt den Ausschlag gegeben haben, dass er sich für den FC Bayern entschieden hat?

    Fischer-Solms: Ja, das sind wir sehr gespannt, von ihm heute Nachmittag um 16 Uhr in der Pressekonferenz persönlich zu hören. Wenn wir spekulieren, dann muss man sagen, Klinsmann und die Bayern verbindet ganz sicher ein gemeinsamer Nenner, und der heißt, auf den Erfolg orientiert sein und zwar bis hin zur Bewusstlosigkeit. Die Bayern sind ein hochinteressanter Verein, sind ein finanzstarker Verein, der finanzstärkste in der Bundesliga. Er muss immer nach dem Höchsten streben. Und die werden sich überlegt haben, wer könnte etwas Neues bewegen. Dieser Verein muss in den Schlagzeilen bleiben, will in den Schlagzeilen bleiben, und da ist Klinsmann der richtige Mann.

    Heckmann: Was allerdings auch eine finanzielle Entscheidung ist, die man sich ganz gut überlegen muss, denke ich mal.

    Fischer-Solms: Ganz sicherlich, aber ich gehe mal davon aus, dass das bei den Bayern, wen immer sie als Trainer verpflichtet hätten, sie hätten tief in die Tasche greifen müssen, selbst bei Leuten, die noch nicht so, ja vielleicht international tauglich sind wie zum Beispiel Jürgen Klopp von Mainz 05, der ja im Gespräch war. Hätte man einen Mourinho von Chelsea verpflichtet, wäre das in die gleiche finanzielle Kategorie gegangen. Leider ist uns Lothar Matthäus nicht präsentiert worden, da hätten wir viel Spaß gehabt.

    Heckmann: Es läuft also auf ein Tandem Hoeneß/Klinsmann hinaus beim FC Bayern. Kann das gut gehen?

    Fischer-Solms: Das ist die interessanteste Frage, kann das gut gehen? Es gibt keinen Verein, keinen Fußballclub der Welt, der in der Führung so viele ehemalige Spieler hat bei den Bayern, Beckenbauer, der Präsident, Hoeneß der Manager, Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsvorsitzende, dann soll ja auch Oliver Kahn langsam ins Management reinrutschen. Und dann haben wir auch noch Paul Breitner als Berater. Aber das brisanteste Duell wird das sein, Beckenbauer, der "Bild"-Kolumnist, gegen Klinsmann, der ja ein - wie er offen eingesteht - Fan der distanziert frechen und intelligenten Feder der "Süddeutschen Zeitung" ist und der mit "Bild" ja auf Kriegsfuß steht. Erinnern wir uns, "Bild" hat nach den zum Teil ja deftigen Niederlagen im Vorfeld der Weltmeisterschaft, bei der Klinsmann dann das sogenannte Sommerwunder schaffte mit Platz 3, "Bild"-Zeitung hatte gefordert, dass nach diesen Niederlagen Klinsmann abgelöst wird, und die beiden vertragen sich wirklich nicht gut. Klinsmann hat in der Nachfolgezeit allen Verlockungen von "Bild" widerstanden. Und da ist eine Menge Konfliktpotenzial drin.

    Heckmann: Was könnte das Ganze spielerisch bedeuten für den FC Bayern?

    Fischer-Solms: Spielerisch wird er in jedem Fall die neuen Ideen, die Klinsmann auch präsentiert hat in der Nationalmannschaft, die wird er auch umsetzen. Das ist interessant zu sehen, Klinsmann und seine Leute haben immer gefordert, ihr müsst mehr euch der Moderne öffnen, das heißt also, die Ko-Trainer, die Physiotherapeuten, da hat ja Klinsmann ein ganzes Team mitgebracht zur Nationalmannschaft und hat die Vereine aufgefordert, diesem Beispiel zu folgen. Jetzt muss er zeigen, wie er das im Verein umsetzt. Und ganz sicherlich, Klinsmann ist Angreifer, das heißt, es geht in die Offensive.

    Heckmann: Wenn Sie einen Strich machen, Herbert Fischer-Solms, eine gute Entscheidung, Jürgen Klinsmann neuer Trainer beim FC Bayern?

    Fischer-Solms: Ich denke, es ist eine gute Entscheidung, in jedem Fall eine interessante Entscheidung, die viel Gesprächsstoff für die Bundesliga, für den deutschen Fußball und nicht zuletzt auch eben für die Journalisten bringt.