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Klose: Republikaner müssen sich aus der Zwangslage befreien

Er freue sich über das klare Ergebnis zugunsten von Präsident Barack Obama, sagt Hans-Ulrich Klose (SPD) von der deutsch-amerikanischen Parlamentariergruppe. Für die Republikaner sei es wichtig, sich aus den Zwängen der sehr radikalen Tea Party zu befreien. Obama selbst müsse auf die Republikaner im Repräsentantenhaus zugehen.

Fragen von Bettina Klein an Hans-Ulrich Klose |
    Bettina Klein: Ich begrüße am Telefon in Berlin einen wirklich erfahrenen Transatlantiker: Hans-Ulrich Klose von der SPD. Er ist Vorsitzender der deutsch-amerikanischen Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag. Guten Morgen, Herr Klose.

    Hans-Ulrich Klose: Guten Morgen.

    Klein: Ein historischer Moment, ein historischer Morgen auch für Sie?

    Klose: Es ist jedenfalls ein schöner Morgen, denn es sah ja eine Zeit lang nicht so aus, als würde das Ergebnis am Ende so klar sein, wie es geworden ist. Es ist aber, was die Präsidentschaft angeht, klar. Ich weiß noch nicht genau, wie sich die Stimmenverhältnisse im Repräsentantenhaus verändert haben, ob sie unverändert geblieben sind. Ich weiß, dass der Senat bei den Demokraten bleibt. Das heißt, im Prinzip bleibt die Konstellation, die politische, ja ähnlich, wie sie in den ersten vier Jahren war, und es wird sehr darauf ankommen, ob es diesmal gelingt, die Blockade insbesondere auf Seiten der Republikaner aufzubrechen.

    Klein: Gehen Sie davon aus, dass die Republikaner das gleiche machen werden wie vor vier Jahren, nämlich von Anfang an darauf zu setzen, dass diese Präsidentschaft zumindest in Teilen zum Scheitern verurteilt sein wird?

    Klose: Ich finde, es ist ein bisschen früh, das zu beantworten, weil ich nicht genau weiß, wie das Innenleben der Republikaner derzeit aussieht. Es ist ja so, dass die Republikaner sehr gespalten gewesen sind. Es gab die sehr radikale Tea Party, die den Rest der Partei vor sich hergetrieben hat und die jeden Kompromiss unmöglich gemacht hat. Die Republikaner haben aber meines Erachtens nur eine Zukunft, wenn sie sich aus dieser Zwangslage befreien. Das heißt, es muss ein Klärungsprozess bei den Republikanern stattfinden. Dazu kann übrigens der unterlegene Kandidat Romney, der, wie ich finde, sich nobel geäußert hat, beitragen.

    Klein: Das heißt, Sie gehen davon aus, dass die Republikaner dann eben doch wieder ein wenig den Schwenk zurück machen werden, vom eher rechten Rand der Gesellschaft hin zur Mitte?

    Klose: Nun gibt es ja zunächst einmal einen Anlass, das zu tun, weil wir steuern ja zu auf das, was die Amerikaner den "fiscal cliff" nennen. Das heißt, wenn bis zum Ende des Jahres nicht eine Vereinbarung über den Haushalt getroffen wird, dann werden Steuererhöhungen automatisch in Gang gesetzt werden, weil Steuervergünstigungen wegfallen, und es werden gleichzeitig erhebliche Einschnitte in Haushaltspositionen vorgenommen. Das ist etwas, was die Republikaner eigentlich nicht akzeptieren können. Es wäre im Übrigen auch nicht gut für Amerika, weil das die Wirtschaft stark beeinträchtigen könnte, also genau das Gegenteil von dem, was erforderlich ist. Vielleicht ist das ein Anlass, der beide Seiten doch in die richtige Richtung drängt.

    Klein: Würden Sie sagen, unter dem Strich sind die Vereinigten Staaten von Amerika eben doch nicht so geteilt und so zerrissen, wie man das ja überall in deutschen Medien zumindest lesen konnte?

    Klose: Na ja, das Land ist schon gespalten und die letzten vier Jahre waren so, dass man schon ängstlich sein musste um die Zukunft dieses großen Landes. Auf der anderen Seite: Wer die Geschichte Amerikas kennt weiß, dass das Potenzial an Erholung und Erneuerung in diesem Land groß ist, und es kommt darauf an, jetzt das Momentum zu gewinnen, um diese Erneuerung in Gang zu setzen.

    Klein: Wie kann Obama das beschleunigen und auch für sich nutzen?

    Klose: Ich glaube, auch Obama kann etwas tun. Das Wichtigste wäre, dass er auf die Führung der Republikaner im Repräsentantenhaus zugeht und dass er wie angekündigt das Gespräch mit Mitt Romney führt, dem ich, um das noch mal zu sagen, eine Rolle zuschreibe. Er hat sich ja, wie ich finde, konstruktiv geäußert – in einer Weise, die mich, um ehrlich zu sein, etwas überrascht hat. Aber darin liegt eine Chance. Und ich finde, es käme sehr darauf an, dass der Präsident darauf großherzig reagiert.

    Klein: Man hat Obama ja auch so ein bisschen vorgehalten, dass er sich davor gescheut hat, ich sage mal, sich die Hände schmutzig zu machen im sogenannten schmutzigen politischen Geschäft, wo man eben auch mitunter mal im Hinterzimmer etwas dealen muss, Mehrheiten suchen muss. Abschließend gefragt, Herr Klose: Wäre das für Sie auch ein Punkt, wo Sie sagen würden, da muss sich der amtierende und wiedergewählte Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ändern und vielleicht auch über seinen eigenen Schatten springen?

    Klose: Er muss sich jedenfalls in die Niederungen der amerikanischen Politik begeben. Das heißt, er muss mit den Republikanern reden – in dem Bewusstsein, dass er sie braucht. Ohne sie wird er keine erfolgreiche Präsidentschaft haben.

    Klein: Hans-Ulrich Klose, SPD-Außenpolitiker und erfahrener Transatlantiker, heute Morgen bei uns im Deutschlandfunk. Danke Ihnen für das Gespräch, Herr Klose.

    Klose: Nichts zu danken – auf Wiederhören!

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