Tag der Organspende
Knapp 8.400 Menschen warten auf Spenderorgan - Patientenschützer fordern neue Maßnahmen

Tausende Menschen in Deutschland benötigen ein lebensrettendes Spenderorgan. Zum Tag der Organspende forderten nun Patientenschützer finanzielle Anreize für Kliniken und ein Transplantationsnetzwerk gefordert, um die Zahl der Spender zu erhöhen.

    Die Internetseite "www.organspende-register.de" auf einem Smartphone und ein Organspendeausweis
    Trotz des elektronischen Organspende-Registers reicht die Zahl der Spenderinnen und Spender nicht aus. (picture alliance / epd-bild / Heike Lyding)
    Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Brysch, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", ein solches Netzwerk könne den Ablauf effektiv organisieren. Wichtig seien auch Bildungsprogramme und die Schulung von Koordinatoren, die sich Zeit nähmen, um mit Angehörigen zu sprechen.

    Zahl der Spender immer noch zu gering

    Brysch betonte, die von Bundesgesundheitsminister Lauterbach und vielen Ressortchefs der Länder geforderte Widerspruchslösung sorge nicht automatisch für mehr Spenderorgane. Das zeige das Beispiel Spanien. Nach der Regelung wird jeder automatisch zum Spender, der das nicht ausdrücklich ablehnt.
    Die Zahl der Menschen in Deutschland mit einem Organspendeausweis oder einer Patientenverfügung ist nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) noch immer viel zu gering. Aktuell liege nur bei 15 Prozent der potentiellen Spenderinnen und Spender ein schriftlicher Wille vor, erklärte der Medizinische Vorstand der DSO, Rahmel.

    Wartelisten zeigen dringenden Bedarf

    Welch großer Bedarf an Organspenden besteht, zeigt der Blick auf die Wartelisten von Eurotransplant. Ende April warteten laut der Organisation bundesweit mehr als 8.300 Menschen auf ein Spenderorgan. Allein rund 6.500 als transplantabel eingestufte Menschen brauchen eine neue Niere. Das sind rund dreimal so viele wie die tatsächliche Zahl der Nierentransplantationen im vergangenen Jahr in Deutschland. Bei jährlich hunderten Menschen verschlechtert sich der Gesundheitszustand so dramatisch, dass eine Transplantation nicht mehr möglich ist oder dass sie während der Wartezeit sterben, weil nicht rechtzeitig ein passendes Organ gefunden wurde.

    Neues Online-Register

    Hoffnung macht der DSO das neue Online-Register zur Organspende. Seit Mitte März können Menschen unter www.organspende-register.de eintragen, ob sie nach ihrem Tod Organe spenden wollen oder nicht. Bis Ende Mai haben sich laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bereits mehr als 120.000 Menschen registriert. 
    Die Stiftung Organtransplantation sieht im Register eine wichtige Grundlage für die mögliche Einführung der Widerspruchslösung. Bei dieser soll die Bereitschaft zur Organspende vorausgesetzt werden. Möchte jemand dies nicht, muss er dem widersprechen. Die Bundesländer Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen hatten zuletzt eine Bundesratsinitiative für ein entsprechendes Gesetz angekündigt. 2020 war ein erster Anlauf für ein solches Gesetz im Bundestag gescheitert.
    "Die Widerspruchslösung könnte helfen, eine Kultur der Organspende zu fördern, wie sie uns andere Länder bereits voraushaben", erklärte DSO-Vorstand Rahmel. "Sie wäre ein klares Signal, dass Gesellschaft und Politik hinter der Organspende stehen, und würde eine Basis für einen positiven und selbstverständlichen Umgang mit dem Thema Organspende schaffen."

    Welche Organe könne gespendet werden?

    Das sind Niere, Leber, Herz, Lunge, Bauchspeicheldrüse und Dünndarm. Außerdem lassen sich Gewebe wie zum Beispiel Hornhaut oder Knochen verpflanzen. Es können aber auch einzelne Organe ausgeschlossen werden.

    Existiert eine Altersbegrenzung für die Organspende?

    Nein, die bisher älteste Organspenderin Deutschlands war nach Angaben der DSO 98 Jahre alt, und ihre Leber konnte erfolgreich transplantiert werden. Nur wenige Vorerkrankungen schließen eine Organspende grundsätzlich aus. Das sind akute bösartige Tumorerkrankungen oder nicht behandelbare Infektionen. Bei allen anderen Erkrankungen entscheiden die Ärzte nach Befund.

    Weitere Informationen

    Lesen Sie hier ein Interview mit NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) zur Widerspruchslösung bei Organspenden.
    Hören Sie hier ein Interview mit Jutta Falke-Ischinger von der Intiative "Leben Spenden", die ebenfalls die Widerspruchslösung befürwortet.
    Diese Nachricht wurde am 01.06.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.