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Kniefall von Warschau
Historiker: Brandt hat neues Bild der Bundesrepublik vermittelt

Willy Brandts Kniefall 1970 vor dem jüdischen Ghetto-Mahnmal in Warschau habe international das Bild der Bundesrepublik geprägt, sagte der Historiker Gerhard Paul im Dlf. In Deutschland habe "die Rechte in der Republik bis weit hinein in die CDU/CSU" diese Geste allerdings kritisiert.

Gerhard Paul im Gespräch mit Änne Seidel |
Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) während des Kniefalls vor dem Denkmal für die Opfer des Warschauer Ghettos in Warschau im Jahr 1970
Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) während des Kniefalls vor dem Denkmal für die Opfer des Warschauer Ghettos in Warschau im Jahr 1970 (imago/Sven Simon)
Der Kniefall von Willy Brandt vor 50 Jahren hat nach Ansicht des Historikers Gerhard Paul die internationale Anerkennung der Bundesrepublik gefördert. Das Bild des damaligen Bundeskanzlers und SPD-Chefs sei eine "Ikone" und "ein Medienereignis" gewesen, sagte er im Dlf.
Viele Bundesbürger hielten Geste für übertrieben
"Das Charakteristische für Ikonen ist ja, dass sie eine eigene Realität schaffen. Die gesamte Politik, insbesondere die Ostpolitik der Bundesregierung, hat sich später auf dieses Ereignis bezogen. Die Anerkennung der Welt, die die Bundesrepublik nach 1970 weltweit erfahren hat, beruht auf dem Bild dieser besonderen Geste Willy Brandts. Es hat praktisch die Aussöhnung mit dem Osten eingeleitet und es hat ein neues Bild der Bundesrepublik in die Welt hinein vermittelt", sagte Paul.
Die Geste sei damals höchst umstritten gewesen, sagte der Historiker. 48 Prozent der Befragten hätten damals laut Umfragen angegeben, Brandts Geste sei übertrieben. 41 Prozent hielten sie für angemessen. "Die Rechte in der Republik bis weit hinein in die CDU/CSU hat diese Geste kritisiert", sagte Paul.
Bundeskanzler Willy Brandt kniet am 7. Dezember 1970 vor dem Mahnmal im einstigen jüdischen Ghetto in Warschau, das den Helden des Ghetto-Aufstandes vom April 1943 gewidmet ist. 
"Wenn die Sprache versagt..."
Der Kniefall sei erst im Nachhinein zur Ikone geworden, meint der Politikwissenschaftler Claus Leggewie. Viele Zeitgenossen empörten sich über diese "Geste der Unterwürfigkeit". Brandts Ostpolitik sei innenpolitisch hochriskant gewesen.
Am 7. Dezember 1970 hatte Brandt unmittelbar vor der Unterzeichnung des Vertrags, in dem die Bundesrepublik die polnische Westgrenze anerkannte, am Denkmal der Helden des jüdischen Ghettos in Warschau einen Kranz niedergelegt. Nach dem Zurechtrücken der Kranzschleifen fiel der SPD-Politiker auf die Knie. Die Geste fand weltweit Beachtung als Bitte um Vergebung für die Verbrechen der Nationalsozialisten.