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Knochenersatz aus dem 3D-Drucker

Medizin. - Macht der Knochen knacks, nutzen Chirurgen oft Titanimplantate, um ein Stück zu ersetzen. Forscher der Technischen Universität Dresden haben eine Alternative zu Fremdkörpern als Knochenersatz entwickelt: ein Gerüst aus Textilfasern, auf dem sich körpereigene Zellen zu Knochen entwickeln.

Von Viola Simank |
    Eine Düse bewegt sich gleichmäßig über einem Metallkolben hin und her. Auf dem Kolben befindet sich eine hauchdünne Schicht grüner Faserschnipsel, die jetzt durch die Düse mit winzigen Tröpfchen Klebstoff benetzt wird. Die Düse trägt den Klebstoff nach einem bestimmten Muster auf, damit die nächste Lage der Faserschnipsel nur dort haftet, erklärt Ezzedine Laourine vom Institut für Textil- und Bekleidungstechnik der Technischen Universität Dresden.

    "Und nun kommt auf den Klebstoff die neue Schicht drauf, dann wird die mittels UV-Licht ausgehärtet. Und so lassen sich beliebige Geometrien wieder rekonstruieren und mit beliebigen Faserstoffen herstellen."

    Schicht für Schicht werden die Fasern auf diese Weise bis zur fertigen Form zusammengeklebt – für einen ein Mal ein Zentimeter großen Würfel braucht die Maschine gut 20 Minuten. Ezzedine Laourine hat sie eigens für dieses Verfahren entwickelt: Ein etwa zwei Meter hoher durchsichtiger Kasten, in dem sich der Faserbehälter, die Klebstoff-Düse und verschiedene Steuerungselemente befinden. Die damit produzierten schaumstoffähnlichen Formen dienen als luftige und durchlässige Gerüste für körpereigene Knochenzellen:

    "Da können die Zellen dann anhaften und sich in den Freiräumen vermehren. Wenn man jetzt kein Trägermaterial verwendet, würden die Zellen nur in der Petrischale auf der Oberfläche und der Flüssigkeit schwimmen und dann entsteht ganz dünnes Gewebe. Das könnte man beispielsweise für die Herstellung von Knorpelgewebe anwenden, aber besser ist es, wenn den Zellen ein dreidimensionales Gerüst zur Verfügung gestellt wird, so dass die Zellen auch dreidimensional durchwachsen."

    Das Gerüst dient gewissermaßen als Bauplan für die Knochenzellen. Die Idee solcher Trägerstrukturen für Zellen ist nicht neu – es gibt bereits entsprechende Verfahren. Doch mit denen erreicht man nicht die nötige Porengröße und Porenverteilung im Trägergerüst, so dass die Zellen nicht optimal wachsen können. Mit der Entwicklung des Institutes für Textil – und Bekleidungstechnik wird dies nun möglich. Deren Trägergerüste bieten beste Voraussetzungen für das Zellwachstum und die Ausbildung eines funktionierenden Gefäßsystems. Sie bestehen aus unzähligen kurzen Faserhärchen, die die Maschine zusammenfügt. In welcher Form – das bestimmen die Aufnahmen des Computertomografen von den zerstörten Knochen des Patienten, erklärt Ezzedine Laourine:

    "Die Form wird direkt aus den CT-Bildern gewonnen. Diese Form wird dann virtuell in unterschiedliche Ebenen zerlegt und für jede Ebene wird dann die Bahn berechnet, die die Düse beschreiben soll. Und daraus wird ein CNC-Code erstellt, mit dem können wir die Maschine direkt betreiben für die Wiederherstellung des gleichen Bauteils."
    Im Labor werden dann körpereigene Knochenzellen des Patienten auf das so maßgeschneiderte Trägergerüst aufgebracht. Im Brutkasten vermehren sich die Zellen dort einige Tage, bis das Gerüst dem Patienten implantiert wird. In dessen Körper wachsen die Knochenzellen weiter und zersetzen dabei langsam die textile Trägerstruktur, denn die ist biologisch abbaubar. Nach einiger Zeit - so die Hoffnung der Wissenschaftler - ist der auf diese Weise neu entstandene Knochen ein Teil des Körpers geworden.

    "Im Moment sind wir bei den ersten Schritten, das heißt, diese Trägerstrukturen zu gestalten. Es geht darum, den Prozess zu beherrschen: Welche Poren entstehen, wie verhalten sich die Zellen da drin. Und wenn das alles verifiziert wird, werden Tierversuche stattfinden und später dann wird das an Menschen eingesetzt."

    Noch sind also viele Tests und medizinische Gutachten notwendig, bis der maßgeschneiderte Knochenersatz aus Textilfasern Patienten implantiert werden kann. Das Verfahren ist zwar schon patentiert – bis zu dessen praktischer Anwendung werden aber noch mindestens fünf Jahre vergehen, schätzt Ezzedine Laourine.