Fast 20 Stunden bis zur Unterbrechung, und noch kein Ende und kein Ergebnis in Sicht. Das ist eine neue Qualität für diese Ampelkoalition. Das erinnert auch eher an grundsätzliche Koalitionsverhandlungen als an einen Koalitionsausschuss, der den Weg für die nächste gemeinsame Zeit bereiten soll.
Aber das mit den erneuten Koalitionsverhandlungen ist auch nicht von der Hand zu weisen. Denn das erste Jahr dieser Ampelkoalition war maßgeblich vom Krieg in der Ukraine und den Nachwirkungen der Coronakrise überschattet.
Da gab es bei allen drei politischen Partnern keine grundsätzlichen Zweifel an der notwendigen Geschlossenheit der Regierungskoalition, um schnell und angemessen auf diese Herausforderungen zu reagieren.
Die Bundesregierung hat schnell gehandelt
Ob die 100 Milliarden für die Bundeswehr, die Wirtschaftshilfen oder die inflationsbedingten Sonderzahlungen für die Bürger: Schnelles Handeln war angesagt. Und das ist auch so geschehen.
Jetzt aber ist diese Koalition mit über einem Jahr Verzögerung bei ihren eigentlichen Themen angelangt, die man als Fortschrittskoalition vollmundig bewältigen will. Jetzt geht es tatsächlich um den Klimawandel und die technologische und gesellschaftliche Modernisierung des Landes, die man sich auf die Fahnen geschrieben hat.
Nur dass sich die ökonomischen und finanziellen Voraussetzungen inzwischen deutlich geändert haben. Sicher geglaubte Spielräume sind abhandengekommen oder haben sich zumindest durch die Schuldenbremse deutlich verschoben.
Nach außen wird der Anschein des Zusammenhalts gewahrt
Und inhaltlich geht es zumindest für die Grünen und die FDP ans Eingemachte, an die eigenen politischen Grundsätze und Ziele, die man in dieser Koalition umgesetzt wissen will. Darüber dürfte im Kanzleramt beinhart gerungen werden, auch wenn man nach außen den Anschein des Zusammenhalts wahrt.
Da kann am Ende nur ein weitgehend neuer Grundsatzvertrag stehen, wenn die Tage dieser Koalition nicht gezählt sein sollen.
Das aber wirft auch ein bescheidenes Licht auf die SPD und Olaf Scholz. Denn der Kanzler hat wieder einmal lange nur zugesehen. Hat Grüne und Liberale streiten lassen, anstatt selbst die Initiative zu ergreifen.
Inhaltliche Kompromisse sind nötig
Der Koalitionsausschuss ist ein Gremium der drei Koalitionsparteien und nicht der Bundesregierung. Ein Gremium, das man eigentlich nur zu Rate ziehen muss, wenn man nicht mehr weiterweiß.
Insofern darf man gespannt sein, ob es den drei Partnern gelingt, sich mit den nötigen inhaltlichen Kompromissen neu zu erfinden, oder ob der politische Streit danach munter weitergeht.
Die vielen Stunden deuten darauf hin, dass man das gemeinsame Projekt zumindest noch nicht aufgeben hat. Aber ob die notwendigen Kompromisse auch die jeweilige Anhängerschaft überzeugen können, steht auf einem anderen Blatt.