Kurz vor der Abstimmung über die Krankenhausreform im Bundesrat war der Streit zwischen Nonnemacher und dem Ministerpräsidenten eskaliert. Noch auf dem Bundesrats-Flur in Berlin bekam Nonnemacher nach eigener Schilderung ihre Entlassungsurkunde. Die 67-jährige Ärztin sprach von einem "Tiefpunkt der politischen Kultur". Der anschließende Rücktritt von Agrarminister Vogel sei eine Konsequenz "aus dem respektlosen Umgang des Ministerpräsidenten mit der bisherigen Gesundheitsministerin", heißt es in einer Mitteilung der Grünen.
Woidke: "Kann mir nicht auf der Nase rumtanzen lassen"
Woidke sagte zur Entlassung Nonnemachers gegenüber den Sendern RTL und ntv: "Ich kann mir da nicht auf der Nase rumtanzen lassen." Woidke wollte nach Auskunft von Regierungssprecher Engels die Anrufung des Vermittlungsausschusses von Bundesrat und Bundestag bei der Krankenhausreform erreichen. Die für die Krankenhäuser zuständige Fachministerin Nonnemacher aber war dagegen und warnte: "Das führt zu einer Versenkung dessen, was hier in zwei Jahren mühsam ausgehandelt worden ist." Woidkes Regierungssprecher sagte zur Entscheidung des SPD-Politikers: Mit diesem "divergierenden Abstimmungsverhalten" wären Brandenburgs Stimmen in der Länderkammer ungültig gewesen.
Am Ende konnte die düpierte Ministerin - anders als Woidke - zumindest mit dem Ergebnis der Abstimmung zufrieden sein: Die Länderkammer ließ das Gesetz für eine grundlegende Neuordnung der Kliniken in Deutschland passieren. Woidkes Ziel, den Vermittlungsausschuss einzuschalten, wurde nicht erreicht.
Bundesweit empörte Reaktionen
Die Art der Entlassung Nonnemachers durch Woidke löste bundesweit empörte Reaktionen aus. Bundeswirtschaftsminister Habeck nannte das Vorgehen von Woidke "unfassbar". Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte der Grünen-Politiker: "Egal, wie sehr man politisch auseinander liegt, man sollte immer einen menschlichen Umgang miteinander pflegen. Die Entlassung ist ein Alarmzeichen: Das passiert, wenn sich ein SPD-Ministerpräsident im Vorgriff auf eine Koalition schon mal Sahra Wagenknechts Bündnis andient." Auch die Grünen-Landeschefin Pichl sprach von einem beschämenden Vorfall. Bundesgesundheitsminister Lauterbach (SPD) würdigte den Einsatz Nonnemachers für die Krankenhausreform.
Das Verhältnis zwischen Woidke und Nonnemacher galt schon länger als angespannt. In der Corona-Krise verlagerte er die Zuständigkeit für das Impfen zwischenzeitlich von ihrem Ministerium zum Innenressort. Im März enthielt sich der Ministerpräsident im Bundesrat bei der Entscheidung über eine Teil-Legalisierung von Cannabis nicht wie in Streitfällen der Koalition, sondern setzte sich für ein Nachschärfen der Gesetzespläne ein und rief den Vermittlungsausschuss an. Nonnemacher spricht im Rückblick von "Vertrauensbruch".
Die Regierung aus SPD, CDU und Grünen war nur noch geschäftsführend im Amt bis zur Bildung einer neuen Regierung. SPD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) wollen eine neue Koalition schmieden und sind in der Endphase ihrer Verhandlungen.
Diese Nachricht wurde am 22.11.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.