Es war eine lange Nacht im Kanzleramt an dessen Ende um kurz vor drei Uhr noch viele Fragen offen blieben. Fest steht nur, dass es eine Einigung beim Diesel-Streit gibt, die nach Aussagen von SPD-Parteichefin Andrea Nahles auch Hardware-Nachrüstungen enthalten wird.
"Die gibt es, die Einigung. Wie das konkret aussieht, werden wir den Fachministern überlassen. Sie müssen wissen, es ist eine ausgesprochen komplexe Einigung, die sehr facettenreich ist, die uns auch lange beschäftigt hat heute. Und weil das wichtige Botschaften sind, die auch präzise rüberkommen müssen, wollen wir das nicht mitten in der Nacht machen."
Hardware-Nachrüstungen sollen Stickoxid-Ausstoß senken
Die entscheidenden Fragen nach der Finanzierung, der Haftung und der Eingrenzung auf einzelne Regionen – die blieben offen. Details soll es im Laufe des Tages in einer Pressekonferenz der Fachminister geben. Eine Uhrzeit nannten die Fraktionsspitzen – Andrea Nahles für die SPD, Alexander Dobrindt, CSU und Ralph Brinkhaus, der erstmals für die Unionsfraktion dabei war – ebenfalls nicht.
Vor dem Treffen pochte vor allem die SPD auf rein Hersteller-finanzierte Nachrüstungen, der CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer favorisierte Kaufprämien. Nach Aussage von CSU-Landesgruppen-Chef Alexander Dobrindt wird es einen Maßnahmenmix zur Abwendung von Fahrverboten in Innenstädten geben:
"Aus unserer Sicht ein wichtiger Abend. Mit auch etwas Ringen, bei den Themen durchaus nachvollziehbar, aber immer in dem Willen, Lösungen hinzukriegen."
Mit den Hardware-Nachrüstungen soll der Ausstoß von Stickoxid bei älteren Dieselfahrzeugen gesenkt werden. Eine erste Reaktion gab es noch in der Nacht von den Verbraucherzentralen. Vorstand Klaus Müller begrüßte, dass sich die Koalitionsspitzen auf mehrere Maßnahmen geeinigt hätten, denn auch die Bedürfnisse der Dieselfahrer seien unterschiedlich. Details nannte auch Müller nicht.
Autohersteller äußerten sich noch nicht
Bei der politischen Einigung der Koalition müssen die Autohersteller auch mitziehen, denn sie können zu den Maßnahmen juristisch nicht gezwungen werden. Sie äußerten sich in der Nacht noch nicht.
Mehr als sechs Stunden saßen die Spitzen von Parteien und Fraktionen von Union und SPD mit den zuständigen Fachministern zusammen. Der Druck, nun endlich zu einer Entscheidung zu kommen war groß. Nach über drei Jahren nach dem Auffliegen der illegalen Diesel-Manipulationen drohen in immer mehr deutschen Städten Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge. Zuletzt hatte dies ein Gericht für Frankfurt am Main verfügt.
Auf der Tagesordnung des Koalitionsausschusses stand auch ein zweites Großthema, es gilt Regeln für die Einwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten zu schaffen. CDU, CSU und SPD einigten sich auf ein Eckpunkte-Papier, über dessen Inhalt nichts bekannt wurde, das aber bereits morgen im Kabinett beschlossen werden soll. Umstritten war vorab der sogenannte Spurwechsel von Asylbewerbern in die Arbeitsmigration.
Zudem gibt es eine Übereinkunft bei den Sonderausschreibungen für Wind und Photovoltaik, die im Koalitionsvertrag beschlossen wurden. Hier wurden am meisten Details bekannt: Vorgesehen sind Sonderausschreibungen zu je vier Gigawatt Onshore-Windenergie und Photovoltaik, damit sollen acht bis zehn Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Um dem Klimaziel von 2020 wenigstens ein bisschen näher zu kommen.
Fraktionsspitzen wollten Handlungsfähigkeit beweisen
Klar wurde auch, dass die Fraktionsspitzen nach der lähmenden Maaßen-Affäre und vor den wichtigen Landtagswahlen in Bayern und Hessen Handlungsfähigkeit beweisen wollen. Zudem soll die Runde nun häufiger tagen.
"In den wichtigen Bereichen haben wir Lösungen erzielt. Das zeigt, dass die Koalition viel Schwung hat, dass die Koalition auch in der Sacharbeit stark ist."
Der neue Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus scheint einen guten Eindruck hinterlassen zu haben – er dürfe wieder kommen, hieß es nach der Marathon-Sitzung.