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Koalitionsgespräche
Frauenquote soll kommen

Durchbruch am späten Abend: Union und SPD haben sich in ihren Koalitionsverhandlungen auf eine Frauenquote für Aufsichtsräte geeinigt. Der Streit über Betreuungsgeld, Kranken- und Pflegeversicherung dauert allerdings an.

    Die feste Frauenquote soll nun also kommen. Von einer "vernünftigen Regelung im Sinne der Frauen" sprach die Verhandlungsführerin der Union, Annette Widmann-Mauz. SPD-Unterhändlerin Manuela Schwesig hatte zuvor in Berlin mitgeteilt, in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen sollten künftig mindestens 30 Prozent Frauen sitzen. Die neue Regelung gelte ab 2016. Nach der in der Arbeitsgruppe Familie, Frauen und Gleichstellung getroffenen Einigung sei vorgesehen, dass beim Nichterreichen der Quote die für das unterrepräsentierte Geschlecht vorgesehenen Stühle frei blieben, teilte SPD-Vize Schwesig mit.
    Die gesetzliche Frauenquote war seit Jahren ein Streitthema. Auch in der Union war man intern darüber uneins. Der stellvertretende CDU-Bundestagsfraktionsvorsitzende, Michael Fuchs, nannte die Frauenquote eine Kröte, die man habe schlucken müssen. "Wir müssen bei den Koalitionsverhandlungen Kompromisse machen. Manche sind bitter", sagte Fuchs im Deutschlandfunk.
    Eine weitere Einigung der Arbeitsgruppe betrifft Eltern. Diese sollen künftig bis zu 28 Monate ein "ElterngeldPlus" erhalten, wenn sie nach der Geburt ihrer Kinder in Teilzeit in den Beruf zurückkehren. Wenn sich beide Elternteile um die Betreuung kümmern und dafür in Teilzeit arbeiten, soll es einen Bonus von zehn Prozent geben.
    Mit ihrer Forderung, das umstrittene Betreuungsgeld zu ändern, stieß die SPD bei den Unions-Unterhändlern auf Widerstand. Für den Vorstoß, das Geld in die Qualitätsverbesserung für Kitas zu stecken, habe es "keine Zustimmung bei der Union gegeben", sagte Schwesig. Ebenso strittig bleibe das Adoptionsrecht für Homosexuelle.
    Einlenken beim Mindestlohn?
    Auch bei einem weiteren Thema scheint es zur Annäherung zu kommen. Denn die Union zeigte große Bereitschaft, sich auf die von der SPD gewünschten Mindestlohnhöhe von 8,50 Euro einzulassen. Volker Kauder, Fraktionschef der Union, sagte gestern Abend im ARD-"Bericht aus Berlin": "Für die SPD sind die 8,50 Euro ein Glaubensbekenntnis. Und das nehme ich zur Kenntnis. Und deswegen ist es schon richtig, dass irgendwo diese 8,50 Euro auftreten werden."
    Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU)
    Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) (dpa / Peter Endig)
    Zuvor hatte bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel erkennen lassen, auf die SPD-Forderung einzugehen zu wollen.
    Gegensätzliches zum Thema Pflege
    Der Streit um die künftige Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen ist inzwischen aber ein heikler Punkt in den Koalitionsverhandlungen geworden. Angesichts erwarteter Zusatzbeiträge für Millionen Krankenversicherte dringt die SPD auf Abschaffung dieser Aufschläge - die Union will daran festhalten.
    "Zum Schluss wird der Zusatzbeitrag wegmüssen", sagte SPD-Verhandlungsführer Karl Lauterbach am Sonntagabend nach rund sechsstündigen Beratungen der Arbeitsgruppe Gesundheit. Unionsverhandlungsführer Jens Spahn (CDU) lobte den Zusatzbeitrag dagegen als "ein sehr starkes Wettbewerbsinstrument".
    Einig zeigten sich aber beide Seiten im Ziel, schnell Verbesserungen für Pflegebedürftige und -kräfte zu schaffen. Eine Beitragssatzerhöhung von bis zu 0,5 Prozentpunkten soll die nötigen Mittel bringen.
    Buhlen um die Basis
    Während die Beratungen in den Arbeitsgruppen fortgesetzt werden, ringen die Parteivorsitzenden der Unionsparteien und Sozialdemokraten weiterhin um den Rückhalt ihrer Anhänger für eine Große Koalition. Auf dem SPD-Parteitag zählte der Vorsitzende Sigmar Gabriel alle Mindestbedingungen der SPD für einen Koalitionsvertrag auf - von 8,50 Euro Mindestlohn bis zur doppelten Staatsbürgerschaft für Migranten. "Wenn das alles im Koalitionsvertrag steht, verdammt nochmal, dann dürfen wir doch keine Zweifel daran lassen, dass wir den unterschreiben und mehrheitsfähig in der SPD machen", sagte Gabriel vor den Delegierten. "Jetzt müsst Ihr liefern, liebe Leute von der Union."
    Merkel rief die SPD zur Zurückhaltung auf. Eine Koalition, bei der die einen für die Einnahmen und die anderen für die Ausgaben zuständig seien, könne nicht funktionieren, sagte Merkel beim Deutschlandtag der Jungen Union in Erfurt. "Wenn ich zu der Überzeugung komme, die Summe aller Vereinbarungen, die wir getroffen haben, gibt uns nicht die Chance, 2017 sagen zu können, es geht Deutschland wieder besser als heute, dann kann ich nicht empfehlen, dass die Union einen solchen Koalitionsvertrag unterschreibt." Unionsfraktionschef Volker Kauder rechnet trotzdem mit einem erfolgreichen und pünktlichen Abschluss der Verhandlungen: "Bis Ende November sollte der Koalitionsvertrag fertig sein", sagte er der "Bild am Sonntag".
    Grüne signalisieren Gesprächsbereitschaft
    Für den Fall des Scheiterns der Koalitionsverhandlungen von Union und SPD oder des SPD-Mitgliedervotums haben die Grünen neue Gespräche mit CDU und CSU nicht ausgeschlossen. "Wir werden nicht unsere Türen verbarrikadieren", sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Allerdings bleibe sie "sehr skeptisch".
    Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt
    Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt (picture alliance / dpa / Wolfgang Kumm)
    Ihre Zurückhaltung begründete Göring-Eckardt mit dem "Vorrang für Erneuerbare Energien", den die Grünen hätten. "Auch in der Flüchtlingspolitik muss es echte Veränderungen geben und die doppelte Staatsbürgerschaft sowie die Ehe für alle müssen selbstverständlich sein."
    Heute wieder mehrere Arbeitsgruppen
    Die Koalitionsverhandlungen von Union und SPD werden heute unter anderem in den Arbeitsgruppen Umwelt und Verkehr sowie Auswärtiges und Verteidigung fortgesetzt. Dabei dürfte auch das Thema Kampfdrohnen eine Rolle spielen.