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Koalitionsstreit
Das Asylpaket verzögert sich

Keine Einigung in wichtigen Punkten: Das neue Asylpaket tritt nicht wie geplant am 1. Januar in Kraft. Strittig ist zwischen Union und SPD unter anderem die gesundheitliche Versorgung von schwangeren und behinderten Flüchtlingen. Wann die Maßnahmen umgesetzt werden, ist unklar.

    Flüchtlinge gehen am 21.11.2015 an der deutsch-österreichischen Grenze nahe Wegscheid (Bayern) während eines Schneeschauers nach Deutschland.
    Mit dem Asylpaket sollen schärfere Regeln für Flüchtlinge eingeführt werden. (dpa / picture alliance / Armin Weigel)
    Merkel begründete die Verzögerung mit "prozeduralen Gründen", wegen denen das Paket bis Jahresbeginn nicht mehr in Kraft treten könne. Das Bundeskabinett hätte in dieser Woche einen Beschluss fassen müssen. Das ist aber wegen der noch offenen Punkte nicht passiert. Merkel betonte, sie sei optimistisch, "dass, wenn wir es eingehend beraten haben, wir zu einer Lösung kommen werden".
    Die Kanzlerin hatte sich mit den Vorsitzenden von SPD und CSU, Sigmar Gabriel und Horst Seehofer, nach langem Streit Anfang November auf Verschärfungen im Asylrecht geeinigt. Geplant sind unter anderem Einschränkungen beim Familiennachzug. Zudem sollen abgelehnte Asylbewerber nur noch in schwerwiegenden Fällen aus gesundheitlichen Gründen von einer Abschiebung verschont werden können.
    Gegenseitige Schuldzuweisungen
    Zwischen den Parteien sind diese Punkte jedoch weiterhin umstritten, weshalb das Paket bisher nicht verabschiedet wurde. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte, die SPD fordere zudem "über das Beschlossene hinaus Punkte, die nicht akzeptabel sind."
    Es gehe unter anderem um die Umsetzung von EU-Richtlinien, mit denen die gesundheitliche Versorgung von Schwangeren, Kindern und Behinderten unter den Flüchtlingen verbessert werde. "Ich sehe derzeit keine Notwendigkeit, mehr zu leisten", sagte Hasselfeldt. Sie warnte vor zusätzlichen Anreizen für die Flucht nach Deutschland.
    SPD weist Vorwurf zurück
    SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann dementierte: "Der Vorwurf der Verzögerung ist völlig unberechtigt." Er fügte hinzu: "Man kann nicht die ganzen Flüchtlinge ins Land holen und sie dann schlecht behandeln, wenn es um gesundheitliche Versorgung und ähnliche Dinge geht." Darüber müsse in der Koalition gesprochen werden. Er sei zuversichtlich, dass eine Einigung gelinge. Wenn das Gesetz nicht zum 1. Januar in Kraft trete, denn eben einen Monat später.
    Fast eine Million Flüchtlinge in diesem Jahr
    Flüchtlinge warten nahe Wegscheid (Bayern) an der deutsch-österreichischen Grenze.
    Flüchtlinge an der deutsch-österreichischen Grenze - die Bundespolizei zählte zuletzt weniger Migranten. (dpa / picture alliance / Sebastian Kahnert)
    In diesem Jahr registrierten die Bundesländer nach Angaben aus Koalitionskreisen bis zum vergangenen Wochenende 953.000 Migranten. Seit Ende Oktober kamen damit fast 200.000 neue Flüchtlinge hinzu. In den vergangenen Tagen erreichten jedoch deutlich weniger Flüchtlinge als bisher Deutschland. Das liegt nach Einschätzung von Experten am schlechten Wetter in der Ägäis.
    Dennoch rechnet der Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Frank-Jürgen Weise, damit, dass die Zahl der unbearbeiteten Asylanträge erst im kommenden Jahr sinken wird. Inzwischen würden die Fälle zwar schneller bearbeitet, sagte er in Nürnberg. Da im Oktober und November aber deutlich mehr Flüchtlinge angekommen seien, habe sich der Rückstand dennoch leicht vergrößert. Ende Oktober gab es bei dem Bundesamt rund 328.000 unerledigte Anträge. Zudem konnten viele Flüchtlinge in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder noch gar keine Anträge stellen.
    (hba/fwa)