Nein: Für ein Machtwort ist die Zeit noch nicht gekommen. Das hat die Kanzlerin ihrer Umweltministerin heute deutlich gemacht. Es läuft doch alles ganz normal, betont Angela Merkel. Ressortabstimmung, die Klimaziele werden auf Ebene von Abteilungsleitern verhandelt, dann bringen sich die Minister ein, sagt sie, und verschweigt dabei, dass der Klimaschutzplan eigentlich schon im Sommer durchs Kabinett sollte und kurzfristig noch einmal von der Tagesordnung der heutigen Sitzung genommen wurde.
"Erst dann, wenn in den bilateralen Ministergesprächen keine Einigung gefunden wird, muss man überlegen, wie man sozusagen vonseiten des Kanzleramts die Dinge voranbringt. Dazu bin ich selbstverständlich bereit, aber dazu muss erst einmal bis auf höchster Ebene verhandelt werden."
Ressorts zerpflückten Klimaplan
Die Geduld von Barbara Hendricks war allerdings ganz offensichtlich am Ende. Die Sozialdemokratin hatte ein Machtwort Merkels gefordert, weil sie nicht länger hinnehmen wollte, dass ihr ehrgeiziger Klimaplan von den Ressorts immer weiter zerpflückt wurde. Der Kanzleramtschef müsse die Sache jetzt mal regeln.
"Das ist die Koordinierungsumfrage, die im Kanzleramt liegt. Und da bin ich ganz sicher, dass Kollege Altmaier das wahrnehmen wird."
Kollege Altmaier allerdings hatte dem unmittelbar widersprochen. Für den Christdemokraten gibt es da erst einmal nichts zu koordinieren. Er betont wie seine Kanzlerin: Änderungswünsche bei den Klimaschutzzielen müssen von den zuständigen Ministern besprochen werden.
"Ich habe der Frau Kollegin Hendricks gesagt, sie muss dafür sogen, dass die Ressortabstimmung so vorangetrieben wird, dass wir dann auch in den Ministergesprächen mit Frau Hendricks, mit Christian Schmidt, mit Herrn Dobrindt, mit Herrn Schäuble, mit Herrn Altmaier, mit Herrn Gabriel zu einer vernünftigen und klugen Lösung kommen."
Gabriel fährt der eigenen Ministerin in die Parade
Ein erstes Veto hatte der Wirtschaftsminister und Vizekanzler vor Monaten eingelegt. Ausgerechnet SPD-Chef Sigmar Gabriel war der eigenen Ministerin in die Parade gefahren, einem schnellen Abschalten von schmutzigen Braunkohlekraftwerken wollte er unter Verweis auf Arbeitsplatzverluste nicht zustimmen. Dann folgte der Verkehrsminister. Eine allzu forsche Verdrängung der Verbrennungsmotoren ist mit Dobrindt nicht zu machen. Schließlich der Landwirtschaftsminister, ebenfalls ein CSU-Mann. Christian Schmidt hat am Morgen im Deutschlandfunk durchblicken lassen, dass er von einer drastischen Reduzierung der Treibhausgase auf Kosten der deutschen Bauern nichts hält und legt nach:
"Hochwertige Lebensmittel lassen sich nicht mit null Emissionen herstellen. Ernährungssicherung ist die Kernaufgabe der Landwirtschaft, wohl zukünftig bei steigender Weltbevölkerung noch mehr und eher als die Bereitstellung von Energiepotenzialen."
Schmidt hält den Klimaschutzplan dennoch nicht für gescheitert, auch wenn Deutschland bei der am Montag im marokkanischen Marrakesch beginnenden Klimakonferenz nun mit leeren Händen dastehen dürfte. Nicht dramatisch, meint dazu die Kanzlerin, schließlich gebe es das von Deutschland und der EU ratifizierte Klimaabkommen von Paris. Mit Blick auf nationale Verpflichtungen mahnt sie zur Geduld.
"Hier geht es um die Zukunft der Landwirtschaft, hier geht es um die Zukunft und Fragen der Automobilindustrie, des Kohlebergbaus – sie können sich vorstellen, dass da natürlich auch die Fachminister bestimmte Interessen zu vertreten haben. Aber es gib die einhellige Meinung in der Bundesregierung, dass wir einen solchen Plan brauchen."
Kritik der Opposition: "Steinzeitliche" Klimapolitik
Die Opposition hält das für Schönrednerei. Grünen Geschäftsführer Michael Kellner spricht von einem Gesamtversagen von Union und SPD beim Klimaschutz.
"Ich finde ehrlich gesagt die Klimapolitik von Angela Merkel und Sigmar Gabriel verdammt steinzeitlich."