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Koalitionsvertrag
Wirtschaft kritisiert Ausgabepläne von Schwarz-Rot

Bei den Koalitionsverhandlungen fügten sich die Einzelteile nicht zusammen, sondern es wurde grob zusammengedrückt. So steigen die Ausgaben, nicht aber die Steuern - und am Ende soll es keine Neuverschuldung geben.

Von Verena Herb | 27.11.2013
    Horst Seehofer: “Solide Finanzen – das ist uns gemeinsam sehr wichtig. Keine Schulden ab 2015. Keine Steuererhöhungen. Auch keine indirekten Steuererhöhungen durch Abbau von irgendwelchen Ausnahmen oder Verbreiterungen von Bemessungsgrundlagen.“
    Angela Merkel: “Keine Steuererhöhungen, weil wir glauben, dass das gut ist für den Mittelstand. Für die kleinen Unternehmen. Für diejenigen, die in unserem Land Arbeitsplätze schaffen. Und die damit auch Arbeitnehmerinnern und Arbeitnehmern Sicherheit geben.“
    Die Parteivorsitzenden von CDU und CSU, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Horst Seehofer präsentieren diese Regelung als großen Erfolg für die Union und auch die Wirtschaftsverbände sind erfreut, dass es zu keinen Steuererhöhungen kommen soll. Generell stellt die Wirtschaft dem Koalitionsvertrag jedoch ein schlechtes Zeugnis aus. Vor allem in Hinblick auf die Kosten, die die Vorhaben der Großen Koalition zum Beispiel bei Rente und Mindestlohn mit sich bringen. Schon im Vorfeld gingen Industrie und Unternehmen auf die Barrikaden: Doch der gesetzliche Mindestlohn von 8 Euro 50 – er wird kommen. Flächendeckend ab 2015. Für Tarifverträge, bei denen bis Ende 2016 das Mindestlohnniveau nicht erreicht wird, gelten ab 2017 bundesweit die 8 Euro 50. Und so gibt Angela Merkel gerne zu, dass
    “die Frage des einheitlichen flächendeckenden Mindestlohns eine der großen Brocken war, die wir überwinden mussten und die wir gestalten mussten. Das war seit Langem bekannt. Die Unionsvorstellungen waren hier im Regierungsprogramm andere, aber ich finde, wir haben einen fairen Kompromiss gefunden.“
    Auch eine Reform der Renten war ein großer Brocken, über den die Verhandlungspartner lange diskutiert haben. Nun beinhaltet das Paket Inhalte von Union und SPD gleichermaßen. Beispiel: die Mütterrente. Sie nannte Merkel einen „Riesenschritt“: Kosten hier rund 6,5 Milliarden Euro jährlich, finanziert werden soll dies aus den Überschüssen der Rentenkasse. Die SPD konnte sich mit der abschlagsfreien Rente mit 63 Jahren nach 45 Beitragsjahren durchsetzen. Sie wird die Steuerzahler wohl 4 Milliarden Euro jährlich kosten. Immer wieder betonte der SPD – Chef Sigmar Gabriel:
    “Der Koalitionsvertrag ist auch einer für die kleinen Leute. Vielleicht muss man sagen, vor allem auch für die kleinen und fleißigen Leute.“
    Neben Mindestlohn und Änderungen bei Leiharbeit und Werksverträgen steht die Energiewende im Fokus der Großen Koalition. Sigmar Gabriel skizziert die Energiewende als zentrales Projekt, das die Koalition in die Erfolgsspur bringen müsse. Und Angela Merkel ergänzte:
    “Wir haben sehr viel Zeit mit dieser Frage verbracht. Wir haben hier sehr detailliert beraten und wir müssen die Bezahlbarkeit, die Versorgungssicherheit und die Umweltfreundlichkeit in eine Balance bringen. Und ich glaube, das ist uns gelungen.“
    Bei all dem zeigt sich Horst Seehofer eher zurückhaltend – blüht jedoch auf, als er eine seiner zentralen Forderungen als „erledigt“ vorbringen kann:
    “Wir haben die Pkw-Maut. Wo ich mit großer Freude die Interpretationen erlebe. Aber der Text ist ziemlich eindeutig.“
    Nämlich: Im Verlauf des nächsten Jahres soll ein Gesetz zur Pkw-Maut, für nicht in Deutschland zugelassene Autos erstellt werden. Allerdings müssen die wichtigen Voraussetzungen erfüllt sein: Kein Fahrzeughalter in Deutschland darf stärker belastet werden als heute. Und: Die Ausgestaltung muss EU-Rechtskonform sein. Und genau darin dürften die Schwierigkeiten für das Gesetz liegen.