Archiv

Köln gegen HSV
Fußball als Botschafter der Inklusion

Beim Heimspiel des 1. FC Köln gegen den Hamburger SV ging es nicht nur um Bundesliga-Punkte, sondern auch um Inklusion, um das Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung. Ein Junge mit Down-Syndrom durfte den Stadionsprecher begleiten und Prominente kommentierten das Spiel für Sehbehinderte.

Von Daniela Müllenborn |
    Aktion Mensch Aktionsspieltag Inklusion 1. FC Köln - Hamburger SV mit der Aktion Mensch im RheinEnergieStadion Köln am 25.08.2017.
    Auch Amputiertenfußballer waren am Aktionsspieltag Inklusion vertreten. (Aktion Mensch - Thilo Schmülgen)
    Noch knapp zwei Stunden. Dann geht's los. Dann wird der 2. Spieltag der Fußball-Bundesliga angepfiffen. Köln gegen Hamburg. Und der elfjährige Louis darf dabei sein, wenn die Mannschaften ins Stadion einlaufen.
    "Cooles Erlebnis, überhaupt mal in so ein Stadion rein zu gehen und Fußball zu gucken und dann natürlich mit den Spielern einzulaufen – wird bestimmt cool, ich freu mich schon drauf."
    Begleiter der Profis und der Stadionsprecher
    Louis geht an Krücken. Ihm fehlt ein Unterschenkel. Gemeinsam mit anderen Spielern der Amputierten- und Blindenfußball-Nationalmannschaften begleitet er FC- und HSV-Profis gleich auf den Platz.
    Vorher hat Lucca noch seinen großen Auftritt. Der 14-jährige Junge mit Down-Syndrom wird den Stadionsprecher begleiten. Und übt schon mal, seinen Lieblingsspieler anzusagen.
    "Mit der eins, Timo Horn."
    Inklusion gelebt. Der 1. FC Köln mit seinem Vizepräsidenten Markus Ritterbach macht es möglich:
    "Ja, da ist doch ein wunderschönes Miteinander, von allen, ob das Menschen mit Behinderung sind oder ohne, das spielt gar keine Rolle und diese Normalität, die wollen wir hier leben, für andere Menschen, dass sie das genauso sehen."
    Aktion Mensch Aktionsspieltag Inklusion 1. FC Köln - Hamburger SV mit der Aktion Mensch im RheinEnergieStadion Köln am 25.08.2017.
    Köln-Fans beim Aktionsspieltag Inklusion der Aktion Mensch. (Aktion Mensch - Thilo Schmülgen)
    Markus Ritterbach ist gleichzeitig Vorsitzender der Stiftung des 1. FC Köln, die jährlich insgesamt circa eine Million Euro in soziale Projekte investiert, vor allem auch das Thema Inklusion immer wieder in den Mittelpunkt rückt. 2014 zum Beispiel hatte der FC auf seinem Festwagen im Kölner Rosenmontagszug junge Fußballer mit geistiger Behinderung dabei. Und in dieser Bundesliga-Saison haben der Klub und "Aktion Mensch" eine Zusammenarbeit vereinbart, mit vielen kleinen und großen Aktionen. So soll es zum Beispiel auch bald "Aktion-Mensch"-Lose in FC-Optik und mit dem Konterfei von FC-Maskottchen Hennes geben. Und beim Spiel gegen Hamburg tragen die FC-Spieler nicht die Werbung des Trikotsponsors auf der Brust, sondern das Logo von "Aktion Mensch". Fußball und Inklusion - für Armin von Buttler, Vorstandschef der "Aktion Mensch", ein gutes Team:
    "Fußball ist natürlich etwas, was viele Menschen emotional berührt. Sie sind Fans oder sie spielen selber. Und Emotion ist immer ein guter Transporteur einer Botschaft, im Huckepack sozusagen. Und deshalb möchten wir den Sport in den Vordergrund stellen. Also wir haben sehr viele Aktivitäten im Fußball, zum Beispiel sind alle Stadien der 1. und 2. Liga barrierefrei. Es gibt Blindenreportagen in allen Stadien."
    Prominente Blindenreporter
    Auch beim Spiel Köln gegen Hamburg sind Blindenreporter im Einsatz. Und zwar ziemlich prominente. Zum Beispiel Schauspielerin und Moderatorin Shari Reeves:
    "Das heißt, der Ball ist jetzt wieder in der Hälfte der Hamburger im Torwart, der schießt ihn raus, diagonal..."
    Shari Reeves wird in der Halbzeitpause abgelöst von ARD-Star-Reporter Tom Bartels, dem Mann, der das WM-Finale 2014 kommentierte, und der vor seiner neuen Aufgabe an diesem Abend mindestens so aufgeregt ist wie die beiden Jungs Lucca und Louis.
    "Ja auf jeden Fall. Ich muss ja vielmehr beschreiben als im Fernsehen, weil ja niemand sonst sieht, was passiert. Und ich glaube, sie wollen auch Emotionen hören, weil sie es nicht nachvollziehen können, ärgert sich einer, tritt irgendwo gegen, gibt es irgendwo Gerangel, sind Emotionen im Spiel, das versuche ich so gut wie möglich zu transportieren, vielleicht bring ich ja Glück, der FC liegt ja 0:2 hinten, ich glaube nämlich, dass die meisten hier FC-Fans sind und ganz gut mitgehen, wie ich sehe."
    Nein, an diesem Abend bringt er dem FC und den blinden Fans, die mit Kopfhörern ausgerüstet um ihn herumsitzen, kein Glück. Der HSV gewinnt mit 3:1. Für den 14-jährigen Lucca ist das Ergebnis Nebensache, nach seinem großen Auftritt vor dem Spiel, beobachtet von Papa Achim Schmitz:
    "Er durfte Timo Horn ansagen, er hat Timo Horn abgeklatscht, wie das auch sein Lieblingsspieler ist, am Mittelkreis."
    Nervosität und Freude
    "Das hat er sehr gut gemacht, obwohl man ihm schon angemerkt hat, dass er sehr nervös war. Er war aufgeregt, als die Spieler kamen, hat immer auf die Uhr geguckt, wann kommen die jetzt, wann kommen die jetzt. Aber hat er toll gemacht."
    Und während Lucca ein dickes Kompliment vom Profi bekommt, von FC-Stadionsprecher Michael Trippel, ist der elfjährige Louis noch ganz baff von seinem Erlebnis als Einlaufkind:
    "Es war eigentlich nur, man geht aufs Spielfeld und geht wieder runter, aber es war cool, die Spieler haben einen angefasst und gedreht und gesagt, sag mal da Hallo, war schon cool. Das war das Coolste, was ich je gemacht hab."