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Köln wird bunt

Köln steht nicht unbedingt im Ruf, eine Schönheit zu sein. Das Streetart-Festival CityLeaks will das nun ändern - mit fast 100 neu gestalteten Hausfassaden, vom Graffito bis zum Fresko, In- und Outdoor-Ausstellungen, Kino, Konzerten, Partys und internationalen Stars der Streetart.

Von Peter Backof |
    Streetartist - Traumberuf für Gutmenschen. Claudio Ethos aus Sao Paulo macht gerade Pause, in einem Hinterhof in Köln und sieht sich prüfend an, woran er eine Woche lang arbeitet, für das Festival CityLeaks: Ein Kobold in Mönchskutte soll sich am Ende fünf Etagen hoch in den Himmel recken und die Zähne blecken. Schatten und Faltenwurf: nahezu fotorealistisch, mehr gehaucht als gesprayt, auf die kahle Wand. Ringsum ein paar Bewunderer, die sich fragen: wie macht er das bloß?

    "Ich nutze nur die kleinen Risse und Löcher in der Wand als Orientierungspunkte. Der Rest ist Augenmaß", sagt Claudio Ethos, der sehr kontrolliert arbeiten muss, weil seine Werke keine Fehler erlauben.

    "Eine Botschaft steckt bei mir auch immer drin, aber in welche Richtung man den Mönch interpretieren könnte, das lasse ich offen",
    schmunzelt Ethos und steigt wieder in das Krähennest eines Kranwagens, um weiter zu sprayen. John Iven und das Kuratorenteam der CityLeaks haben mehrere Dutzend Künstler eingeladen, die nicht nur wegen ihres handwerklichen Könnens Weltstars sind:

    "Die weiterentwickelte Form von Graffiti würd ich sagen, weil Graffiti ne stark egobezogene Sache ist, also es geht um meinen Namen und ich will, dass mein Name überall ist. – und die Street Art hat sich eben so weiterentwickelt: Es geht um ne Botschaft oder etwas Visuelles, das ich diskutieren möchte."

    Nur zwei von über 100 Hauseigentümern, die Cityleaks gefragt hatte, lehnten eine Umgestaltung ihrer Fassade ab. Die meisten, vor allem auch ältere Leute, sagten: "Ja, bitte!" als man Ihnen Entwürfe zeigte. So selbstverständlich ist das gar nicht, sagt John Iven, der mit dem Kölner Kollektiv Captain Borderline seit zehn Jahren im öffentlichen Raum arbeitet. Denn Eigentümer können ja Geld verdienen, wenn sie große fensterlose Hauswände als Werbefläche vermieten. Aber offenbar rannte er mit der CityLeaks-Idee offene Türen ein.

    "Also es gibt teilweise Straßenzüge wenn man mit dem Fahrrad fünf Minuten fährt, man sieht nur Werbeplakate, überall, rechts, links, und wir wollten auch versuchen, mit diesem Festival zu sagen: Nää! - Wir lassen uns nicht komplett hier zukleistern. Wir setzen was dagegen, weil wenn da die Kunst drauf ist, dann ist es keine Fläche mehr für ne Werbefirma."

    CityLeaks ist als Biennale angedacht und will das Kölner Stadtbild verschönern. – Bereitwillig unterstützt auch die Stadt die Vernetzung der einheimischen Streetart-Szene mit internationalen Gästen und bewertet das als Bedeutungsgewinn. Schließlich hat sich Street Art durch Größen wie Banksy aus London - oder eben Blu und Claudio Ethos - längst vom Image des illegalen Graffiti-Tags emanzipiert und ist in der Hochkultur angekommen. Aber inhaltlich gab es dann doch Kontroversen mit der Stadt, über Fassaden in deren Eigentum, sagt Thomas Baumgärtel, der mit seinen Bananen international Kunstorte markiert.

    "Wir haben eben zu dritt eine große Fassade gestaltet, die Köln als Festungsstadt beschreibt, die nur aus Beton, Glas und Hochhäusern besteht. Und im Vordergrund Künstler, die rausgeschmissen wurden."