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Vor 180 Jahren fiel der Startschuss für den Weiterbau des Kölner Doms

Der Kölner Dom, UNESCO-Weltkulturerbe und eines der bekanntesten Gebäude Deutschlands, war jahrhundertelang eine Bauruine. Erst ein protestantischer Preußenkönig initiierte im 19. Jahrhundert den Weiterbau des katholischen Gotteshauses.

Von Alfried Schmitz |
Südansicht des Kölner Doms 1842. Zeitgenössischer Holzstich aus der Sammlung von Sulpiz Boisseree
Südansicht des Kölner Doms, 1842. Zeitgenössischer Holzstich aus der Sammlung von Sulpiz Boisseree (IMAGO / piemags / IMAGO)
In Köln herrscht Volksfeststimmung! Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. ist mit Gattin und großem Gefolge angereist. Sein Besuch ist für die Stadt, die seit 1815 zu Preußen gehört, von größter Bedeutung: Endlich soll der gotische Dom nach fast 300-jähriger Baupause vollendet werden. Am rechten Rheinufer angekommen, wird das Königspaar mit allen Ehren empfangen.
„Schon von der Deutzer Seite aus hat der preußische König wahrgenommen, dass der Domkran, also der mittelalterliche Baukran, der auf dem Südturm stand, mit einem riesigen preußischen Adler als Festdekoration geschmückt worden war, worüber er seine Freude ausgedrückt hat“, sagt Matthias Deml, Kunsthistoriker und Archivar der Kölner Dombauhütte, die für die Baumaßnahmen am Dom verantwortlich ist.

Baustopp mangels Geld und Interesse

Im Jahr 1248 hatte man mit dem Dombau begonnen. Geldmangel und schlichtes Desinteresse seitens der Kölner Erzbischöfe, die ihr Bistum lieber von ihren Schlössern in Bonn und Brühl aus regierten, hatten 1560 zum Baustopp geführt, so Matthias Deml:
„Im Mittelalter war der Dom als riesiger Bau-Torso liegengeblieben. Und von den Türmen stand eigentlich nur der Südturm auf einer Höhe von rund 50 Metern hochgebaut. Und oben auf diesem Turmstumpf stand Jahrhunderte lang das Wahrzeichen Kölns schlechthin, ein gigantischer hölzerner Baukran, der sogar Literaturgeschichte geschrieben hat. In Melvilles ‚Moby-Dick‘ wird er als Symbol dafür erwähnt, dass die wirklich großartigen Werke der Menschheit viele, viele Generationen brauchen, um vollendet zu werden.“

Romantik als Baugrund

Dass ein protestantischer König dem katholischen Köln zur Fertigstellung seiner Kathedrale verhilft, ist dem einflussreichen und wohlhabenden Kölner Kunsthistoriker Sulpiz Boisserée zu verdanken. Er hatte auf einer regelrechten Werbetour für seinen Traum von der Domvollendung auch den feingeistigen Monarchen für das riesige Bauvorhaben begeistern können.

Der von der Romantik beseelte König möchte mit dem gotischen Gotteshaus ein Symbol der aufkeimenden deutschen nationalen Identität schaffen. An der Südseite des Kölner Doms erinnert heute eine Gedenktafel an den 4. September 1842, als der Preußen-König den Grundstein für den Weiterbau der Kathedrale legt. Tausende Schaulustige waren gekommen, um dem Spektakel beizuwohnen., erzählt Matthias Deml vor Ort:
„Der Dom war feierlich geschmückt. Hier an der Stelle, wo wir gerade stehen, war in gotischen Formen aus Holz ein großer Königs-Pavillon aufgebaut worden. Es gab eine große Prozession, die am Neumarkt ihren Ausgang nahm und dann hier in den Dom hineinzog, wo um 9 Uhr ein eindreiviertel Stunden lang dauerndes Pontifikalamt gehalten wurde. Und nach diesem Pontifikalamt im Dom, fand dann die eigentliche Grundsteinlegung statt.“

Warum der Kölner Erzbischof nicht dabei war

Für die hochrangigen Gäste stehen Tribünenplätze bereit. Neben der Flagge mit dem preußischen Adler weht auch das Banner des Kölner Erzbistums. Der Erzbischof selbst ist nicht zugegen. Er befindet sich im Hausarrest und muss sich vertreten lassen, weil es zwischen ihm und dem protestantisch-preußischen Königshaus zu unüberwindlichen Differenzen gekommen war, so Matthias Deml:

„Der Koadjutor des Erzbischofs weihte den Grundstein. Dann hat der König seine symbolischen drei Hammerschläge auf den Grundstein gegeben. Hat auch das Wort ergriffen, und hat dann in dem etwas pathetischen Ausruf geendet:“
„Er ist das Werk des Brudersinns aller Deutschen, aller Bekenntnisse. Der Dom zu Köln, das bitte ich von Gott, rage über diese Stadt, rage über Deutschland, über Zeiten, reich an Menschenfrieden, reich an Gottesfrieden, bis an das Ende der Tage!“ 

Fertigstellung in Rekordzeit

Nach einer Rekord-Bauzeit von nur 38 Jahren und mit Hilfe von damals modernster Dampfmaschinen-Technik, wird der Kölner Dom im Oktober 1880 fertiggestellt und von Kaiser Wilhelm I. offiziell eingeweiht. Seit 1996 gehört die gotische Kathedrale mit ihren 157 Meter hohen Doppeltürmen zum UNESCO-Weltkulturerbe und ist eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Deutschlands.