Jessica Sturmberg: In zweieinhalb Wochen ist bereits wieder der Höhepunkt des Karnevals mit den Rosenmontagszügen. Der größte ist der Zug in Köln, Millionen Menschen, auch viele von außerhalb kommen in die Stadt um mitzufeiern. Auf den Wagen fahren auch immer prominenten Gäste mit, Schauspieler, Fußballer und Politiker. In diesem Jahr will der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul, auf einem Wagen der Karnevalsgesellschaft Roten Funken mitfahren. Es gibt Meldungen, dass deswegen Aktivisten des Hambacher Forsts Störungen und Blockaden gegen den Rosenmontagszug planen würden. Denn Herbert Reul war es, der die Räumung des Hambacher Forsts angeordnet und auch immer wieder verteidigt hatte. Moritz Küpper, unser Landeskorrespondent in NRW. Wie ernst zu nehmen sind diese Ankündigungen von Blockaden und Störungen?
Posts über Störungen aus dem Netz
Moritz Küpper: Tja, das ist eine gute Frage. Karneval ist ja auch immer etwas Spaß, da verschwimmen die Grenzen. Was wir mit Sicherheit seit heute sagen können, ist, denn heute Vormittag wurden einige Wagen des Kölner Rosenmontagszugs präsentiert, dass der Hambacher Forst, das Thema in diesem Zug eine Rolle spielen wird. Es gibt dazu einen Wagen. Ob es darüber hinaus aber - eben in Form von Blockaden oder Störungen - stattfindet, da habe ich meine Zweifel. Es kamen ja Medienberichte dazu in Kölner Zeitungen auf. Das Ganze fußt auf Posts, Beiträgen in sozialen Netzwerken, die schon ein paar Tage alt sind. Die Behörden müssen sich dann damit beschäftigen, müssen schauen, ob da etwas dran ist. Bei der Kölner Polizei sagte man mir auch, dass man die Situation beobachte, auch im Innenministerium gab man sich da heute eher zurückhaltend. Klar ist: NRW-Innenminister Herbert Reul wird am Zug teilnehmen. Er freue sich auf den höchsten Feiertag im Rheinland, ließ er ausrichten.
"Anstoß aus den sozialen Netzwerken"
Sturmberg: Gibt es denn auch eine Reaktion von den Aktivisten aus dem Hambacher Forst auf die Berichte?
Küpper: Ja. Ich habe gerade eben auch einmal mit dem sogenannten Presse-Team im Hambacher Forst telefoniert. Das Ganze dort ist ja sehr dezentral organisiert, anarchisch, keiner kann für die Gruppe sprechen, aber der Aktivist, mit dem ich da gesprochen habe, der hat sich mal ein wenig rumgehört und sagte: Niemand aus dem Wald hätte den Vorschlag gemacht. Das sei ein Anstoß aus den sozialen Netzwerken gewesen, aber diese Person sei im Wald nicht bekannt und so viel wie die Person twittere und poste, hätte er auch Zweifel, dass die Person aus dem Wald kommt. Denn: Eine solche gute Internet-Verbindung, beziehungsweise mobile-Daten hätten sie dort nicht.
Also, da weiß man von nichts. Es könnte nur sein, das sagte mir dieser Aktivist mit dem Name Gonzo, dass das Ganze nun eine Idee sei, die in der Welt ist und bei der sich eine autonome Kleingruppe sagt: Hey, gute Idee, lass uns das doch mal probieren…
Bürgerinitiativen raten Aktivisten von Störaktionen ab
Sturmberg: Es gibt bisher eine breite Unterstützung bei den Kohlegegnern im Rheinland, darunter sicher auch viele, die gerne Karneval feiern. Inwieweit würden sich die Aktivisten sich hier selbst das Wasser abgraben?
Küpper: Das ist eben genau der Punkt, vor dem auch andere Gruppen, Bürgerinitiativen warnen. Andreas Büttgen beispielsweise, Vertreter der Bürgerinitiative Buirer für Buir, einem Dorf am Hambacher Forst, der warnte genau davor, dass man eben die Kölnerinnen und Kölner, die gerne Karneval feiern, eher gegen sich aufbringen würde. Also, auch das spricht, von der Konstellation, dagegen, dass es solche Blockaden geben wird…
Fahrverbot und Sperren für den Karneval
Sturmberg: Das Thema Sicherheit spielt ja generell auch schon in den letzten Jahren eine größere Rolle beim Rosenmontagszug, heute hat das Festkomitee des Kölner Karnevals dazu eine PK gegeben, was ist an Sicherheitsmaßnahmen geplant?
Küpper: Nun, die üblichen, würde ich sagen. Natürlich ist so ein Zug mit etwa eine Millionen Menschen immer ein Großereignis. Und anders als in Düsseldorf wird es in Köln auch wieder ein Fahrverbot für die Kölner Innenstadt geben. Das hat die Polizei empfohlen. Darüber hinaus werden aber auch wieder Sperren und Lkw-Tribünen, die als Blockade dienen, aufgestellt.
Aktivisten halten Zahlen über Strafanzeigen für zu hoch
Sturmberg: Kommen wir noch mal kurz zum Hambacher Forst - da hatte die Landesregierung diese Woche eine Zahl bekannt gegeben, die auch wieder diskutiert und kritisiert worden ist - es geht um die Zahl der Strafverfahren politisch motivierter Taten. Die fällt höher aus und die Kritiker sagen, hier werde eine verbale Kriminalisierung vorgenommen. Welche Aussagen stehen hier einander gegenüber?
Küpper: Gestern wurde im Innenausschuss des Landestages ein Bericht des NRW-Innenministeriums präsentiert. Daher gibt es jetzt Zahlen für die Auseinandersetzungen dort. Demnach hat die Polizei von Anfang 2015 bis Ende 2018 knapp 1.700 Strafverfahren wegen politisch motivierter Taten erfasst. Mit einbezogen wurden auch Strafanzeigen bei Veranstaltungen wie etwa beim sogenannten Klimacamp im Rheinland 2017 und 2018. Wie viele Täter dann später tatsächlich verurteilt wurden, ist unklar. Für die Aktivisten im Hambacher Forst sind das allerdings Versuche, ihr Tun dort zu kriminalisieren, sie sagen, dass die Zahlen zu hoch sind.