Ein Kölner Wochenmarkt, Mitte Oktober, es ist der Tag vor der Kölner Oberbürgermeisterwahl: Die parteilose Spitzenkandidatin Henriette Reker beginnt am Wahlkampfstand gerade damit, Rosen an Passanten zu verteilen, als ein Mann erscheint:
"Der Täter ist auf mich zugekommen und hat gefragt, ob er auch eine Rose bekommen könnte. Ich stand da mit den Rosen und dann hat er eben das Messer rausgenommen und hat mir das Messer in den Hals gesteckt. Und hat mich auch freundlich dabei angeguckt", erinnert sich Reker später an den Moment, als sie von dem 44-Jährigen niedergestochen wurde.
"Er hat mit dem Messerstich die Luftröhre komplett durchtrennt und ist in den zweiten Trachialwirbel eingedrungen und hat den gespalten. Und dann bin ich sofort auch zu Boden gegangen."
Die 58-Jährige wird lebensgefährlich verletzt. Auch auf mehrere Wahlkampfhelfer, die sofort einschreiten, sticht der Mann ein, einen von ihnen verletzt er ebenfalls schwer. Henriette Reker wird mehrere Wochen im Krankenhaus behandelt. Während ihrer Wahl zur Kölner Oberbürgermeistern liegt sie im künstlichen Koma, ihr neues Amt kann sie erst Wochen später antreten.
Von heute an steht nun der Mann vor Gericht, der ihr das angetan hat. Der - so sieht es die Anklage - das klare Ziel hatte, sie zu töten. Er habe dabei heimtückisch und aus niederen Beweggründen gehandelt. Und so sagte Generalbundesanwalt Peter Frank schon kurz nach der Tat:
"Nach unseren bisherigen Erkenntnissen hat der Täter sich Frau Reker bewusst als Ziel ausgesucht, weil sie als Sozialbürgermeisterin für eine Willkommenskultur stand und dies auch im Wahlkampf so kommuniziert hat."
Bundesanwaltschaft nahm die Ermittlungen auf
Henriette Reker war zum Zeitpunkt des Attentats Sozialdezernentin von Köln und damit für die Betreuung und Unterbringung von Flüchtlingen zuständig. Die Bundesanwaltschaft hatte die Ermittlungen übernommen, weil durch den Fall die innere Sicherheit im Land gefährdet werden könnte. Der Angeklagte soll sich außerdem früher in rechtsextremen Kreisen bewegt haben. Die Tat löste bundesweit Diskussionen darüber aus, wie gefährdet Kommunalpolitiker in Deutschland sind.
In der 15-seitigen Anklageschrift wird dem 44-jährigen Frank S. versuchter Mord vorgeworfen. Der arbeitslose Maler und Lackierer hatte sich nach der Tat widerstandslos festnehmen lassen und soll laut Zeugen gerufen haben: Ich habe das für Euch und Eure Kinder getan.
Das Gericht wird nun zu klären haben, ob der 44-Jährige zu dem Zeitpunkt psychisch verwirrt war. Ein Gutachter wird ihn deshalb während der Verhandlung beobachten. Offen ist auch, ob die Tat letztlich wirklich als versuchter Mord gewertet wird. Der Verteidiger des Angeklagten sagte im Vorfeld, sein Mandant könnte auch wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt werden. Schließlich habe er nach nur einem Stich von Reker abgelassen. Allerdings: Schon dieser eine Stich mit der 30 Zentimeter langen Klinge hätte tödlich enden können.
Reker wird als Zeugen auftreten
Reker selbst ist für den 29. April als Zeugin geladen, sie wird ihren Attentäter dann das erste Mal wiedersehen. Befragt danach, welche persönlichen Folgen das Attentat für sie habe, sagte Reker kurz vor ihrem Amtsantritt Ende letzten Jahres:
"Ich habe zwar eine schwere lokale Verletzung erlitten, aber dieses Attentat auf mich, diese Gewalt von außen hat meine Überlegungen, meine Werte, auch meine innere Entschiedenheit noch gefestigt."