Diesem Gehirn geschieht leider viel zu wenig. Bleibt also nur die Vorsorgemaßnahme aller älter werdenden Menschen gegen die Abgründe des Zynismus: lange Spaziergänge, scharfes Essen, ausgedehnte Pingpongpartien und ab und an ein gutes Buch.
10) Werner Bartens: "Körperglück" (Droemer Verlag, 317 S., 19,95 Euro)
Dem Arzt und Journalisten Werner Bartens gelingt das Kunststück, ein populäres medizinisches Sachbuch zu schreiben, das anschaulich und unaufgeregt von den Wechselwirkungen zwischen Körper und Psyche erzählt, ohne in die "Denken-Sie-sich-gesund"-Hysterie der vielen Quacksalber auf diesem Markt zu verfallen.
9) Helmut Schmidt, Fritz Stern: "Unser Jahrhundert" (C.H. Beck, 287 Seiten, 21,95 Euro)
Hat Kurt Tucholsky Mitschuld am Untergang der Weimarer Republik? Wäre Max Weber Demokrat geblieben, wenn er länger gelebt hätte? Vor allem aber: Was lässt sich aus der deutschen Geschichte des letzten Jahrhunderts lernen? Die geistfunkelnden Gespräche zwischen dem Historiker Stern und dem Altkanzler Schmidt sind das schiere Gegenteil von Small Talk und doch so unterhaltsam wie anregend.
8) Joachim Gauck: "Winter im Sommer – Frühling im Herbst" (Siedler Verlag, 208 Seiten, 19,90 Euro)
Das einzig Gute an der verlorenen Wahl zum Bundespräsidenten ist, dass Joachim Gauck vielleicht noch ein so einsichtsreiches Buch schreibt wie diese uneitle Autobiografie, aus der sich erfahren lässt, wie man den aufrechten Gang erlernt. Ob Gauck ein guter Bundespräsident geworden wäre, weiß ich nicht; dass er ein erstklassiger Autor ist, steht mit diesen Memoiren fest.
7) Manfred Lütz: "Irre" (Gütersloher Verlagshaus, 208 S. 17, 95 Euro)
Wie aus Schwächen Stärken werden können, zum Beispiel wie eine Frau durch eine Zahnlücke an den Rand des Selbstmords und dank einer ungewöhnlichen Therapie in eine glückliche Partnerschaft geführt wird, davon erzählt der Psychiater und Theologe Manfred Lütz in seiner eleganten Streitschrift wider den Terror der vermeintlich Normalen.
6) Roman Maria Koidl: "Scheißkerle" (Hoffmann und Campe, 224 S., 17,00 Euro)!1
Warum Frauen über 30 angeblich an "Spinnern, Muttersöhnchen, Losern, Serientätern, Perversen und Rudelsexbefürwortern" kleben bleiben, erklärt der einem sehr traditionellen Beziehungsbegriff verpflichtete Autor in diesem überpointiert und forciert geschriebenen Beziehungsratgeber, dessen "Fallgeschichten" frei erfunden auf mich wirken. Ein Buch wie ein Besuch im Boulevardtheater: Es könnte lustig sein, wenn es nicht so verzweifelt lustig sein wollte.
5) Richard David Precht: "Wer bin ich und wenn ja wie viele?" (Goldmann, 400 S., 14,95 Euro)
Warum wir statt vom freien Willen eher vom freien Unwillen sprechen sollten und was wir außerirdischen Menschenfressern entgegnen könnten, die ihr schändliches Tun mit dem Argument rechtfertigen: "Ihr schmeckt uns halt so gut!" – all das lässt sich aus diesem populären Sachbuch zur Lebenskunst und Hirnforschung erfahren, in dem Precht philosophische Fragen spannend und eingängig aufbereitet.
4) Eckhart von Hirschhausen: "Glück kommt selten allein" (Rowohlt, 384 S. 18,90 Euro)
Manchmal kratzt dieser Autor an wirklich spannenden Fragen: "Schaut man sich die konkreten Leben der großen Denker an, fragt man sich, warum ausgerechnet diese frustrierten, neurotischen und beziehungsunfähigen alten Säcke für das gute Leben als Vor-Denker taugen sollten, wo sie als Vor-Bilder komplett versagt haben." Leider geht von Hirschhausen solchen Fragen dann aber konsequent aus dem Weg und schreibt peinlichen Stuss wie: "Nietzsche wiederum hatte sich beim Weibe eine fiese Infektion geholt und hätte besser statt der Peitsche ein Kondom dabeigehabt."
3) Michael Mittermeier: Achtung Baby! (Kiepenheuer & Witsch, 259 S. 14,95 Euro)
Das Einzige, was mich in dieser auf Buchlänge aufgeblähten Aneinanderreihung von Kinderwitzen zum Umblättern der Seiten bewog, war, mit mäßiger Spannung das Zusammenschrumpfen eines ohnehin nicht sonderlich weiten kulturellen Horizonts auf die Reichweite eines Babyfons zu verfolgen.
2) Ulrich Detrois: "Höllenritt" (Econ Verlag 250 S., 18 Euro)
Ein deutscher Ex-Zuhälter und Hells Angel packt aus: Seine in Stammelsprache verfassten Innenansichten aus der Welt der Hells Angels in Kassel münden in die moralische Anklage, den deutschen Hells Angels ginge es nur um egoistische Geschäftemacherei. Das hat den Nachrichtenwert der Feststellung, dass es dem Finanzamt nur ums Geld geht.
1) Margot Kässmann: "In der Mitte des Lebens" (Herder, 160 S. 16,95 Euro)
Nichts in diesem Buch ist wirklich falsch. Und doch liest es sich wie eine schlampig entworfene Predigt. Einzeln klingen die Teile noch halbwegs plausibel, erst in der willkürlichen Aneinanderreihung wird deutlich, dass Kässmanns disparate Themen - der Wunsch nach Entschleunigung, die Kritik des Schönheitskults, von Abschiebung bedrohte Asylanten, die Besinnung darauf, was wirklich wichtig ist im Leben, der Umgang mit einer Krebskrankheit – bloße Versatzstücke aus einem reichlich eingestaubten protestantischen Fundus sind.
10) Werner Bartens: "Körperglück" (Droemer Verlag, 317 S., 19,95 Euro)
Dem Arzt und Journalisten Werner Bartens gelingt das Kunststück, ein populäres medizinisches Sachbuch zu schreiben, das anschaulich und unaufgeregt von den Wechselwirkungen zwischen Körper und Psyche erzählt, ohne in die "Denken-Sie-sich-gesund"-Hysterie der vielen Quacksalber auf diesem Markt zu verfallen.
9) Helmut Schmidt, Fritz Stern: "Unser Jahrhundert" (C.H. Beck, 287 Seiten, 21,95 Euro)
Hat Kurt Tucholsky Mitschuld am Untergang der Weimarer Republik? Wäre Max Weber Demokrat geblieben, wenn er länger gelebt hätte? Vor allem aber: Was lässt sich aus der deutschen Geschichte des letzten Jahrhunderts lernen? Die geistfunkelnden Gespräche zwischen dem Historiker Stern und dem Altkanzler Schmidt sind das schiere Gegenteil von Small Talk und doch so unterhaltsam wie anregend.
8) Joachim Gauck: "Winter im Sommer – Frühling im Herbst" (Siedler Verlag, 208 Seiten, 19,90 Euro)
Das einzig Gute an der verlorenen Wahl zum Bundespräsidenten ist, dass Joachim Gauck vielleicht noch ein so einsichtsreiches Buch schreibt wie diese uneitle Autobiografie, aus der sich erfahren lässt, wie man den aufrechten Gang erlernt. Ob Gauck ein guter Bundespräsident geworden wäre, weiß ich nicht; dass er ein erstklassiger Autor ist, steht mit diesen Memoiren fest.
7) Manfred Lütz: "Irre" (Gütersloher Verlagshaus, 208 S. 17, 95 Euro)
Wie aus Schwächen Stärken werden können, zum Beispiel wie eine Frau durch eine Zahnlücke an den Rand des Selbstmords und dank einer ungewöhnlichen Therapie in eine glückliche Partnerschaft geführt wird, davon erzählt der Psychiater und Theologe Manfred Lütz in seiner eleganten Streitschrift wider den Terror der vermeintlich Normalen.
6) Roman Maria Koidl: "Scheißkerle" (Hoffmann und Campe, 224 S., 17,00 Euro)!1
Warum Frauen über 30 angeblich an "Spinnern, Muttersöhnchen, Losern, Serientätern, Perversen und Rudelsexbefürwortern" kleben bleiben, erklärt der einem sehr traditionellen Beziehungsbegriff verpflichtete Autor in diesem überpointiert und forciert geschriebenen Beziehungsratgeber, dessen "Fallgeschichten" frei erfunden auf mich wirken. Ein Buch wie ein Besuch im Boulevardtheater: Es könnte lustig sein, wenn es nicht so verzweifelt lustig sein wollte.
5) Richard David Precht: "Wer bin ich und wenn ja wie viele?" (Goldmann, 400 S., 14,95 Euro)
Warum wir statt vom freien Willen eher vom freien Unwillen sprechen sollten und was wir außerirdischen Menschenfressern entgegnen könnten, die ihr schändliches Tun mit dem Argument rechtfertigen: "Ihr schmeckt uns halt so gut!" – all das lässt sich aus diesem populären Sachbuch zur Lebenskunst und Hirnforschung erfahren, in dem Precht philosophische Fragen spannend und eingängig aufbereitet.
4) Eckhart von Hirschhausen: "Glück kommt selten allein" (Rowohlt, 384 S. 18,90 Euro)
Manchmal kratzt dieser Autor an wirklich spannenden Fragen: "Schaut man sich die konkreten Leben der großen Denker an, fragt man sich, warum ausgerechnet diese frustrierten, neurotischen und beziehungsunfähigen alten Säcke für das gute Leben als Vor-Denker taugen sollten, wo sie als Vor-Bilder komplett versagt haben." Leider geht von Hirschhausen solchen Fragen dann aber konsequent aus dem Weg und schreibt peinlichen Stuss wie: "Nietzsche wiederum hatte sich beim Weibe eine fiese Infektion geholt und hätte besser statt der Peitsche ein Kondom dabeigehabt."
3) Michael Mittermeier: Achtung Baby! (Kiepenheuer & Witsch, 259 S. 14,95 Euro)
Das Einzige, was mich in dieser auf Buchlänge aufgeblähten Aneinanderreihung von Kinderwitzen zum Umblättern der Seiten bewog, war, mit mäßiger Spannung das Zusammenschrumpfen eines ohnehin nicht sonderlich weiten kulturellen Horizonts auf die Reichweite eines Babyfons zu verfolgen.
2) Ulrich Detrois: "Höllenritt" (Econ Verlag 250 S., 18 Euro)
Ein deutscher Ex-Zuhälter und Hells Angel packt aus: Seine in Stammelsprache verfassten Innenansichten aus der Welt der Hells Angels in Kassel münden in die moralische Anklage, den deutschen Hells Angels ginge es nur um egoistische Geschäftemacherei. Das hat den Nachrichtenwert der Feststellung, dass es dem Finanzamt nur ums Geld geht.
1) Margot Kässmann: "In der Mitte des Lebens" (Herder, 160 S. 16,95 Euro)
Nichts in diesem Buch ist wirklich falsch. Und doch liest es sich wie eine schlampig entworfene Predigt. Einzeln klingen die Teile noch halbwegs plausibel, erst in der willkürlichen Aneinanderreihung wird deutlich, dass Kässmanns disparate Themen - der Wunsch nach Entschleunigung, die Kritik des Schönheitskults, von Abschiebung bedrohte Asylanten, die Besinnung darauf, was wirklich wichtig ist im Leben, der Umgang mit einer Krebskrankheit – bloße Versatzstücke aus einem reichlich eingestaubten protestantischen Fundus sind.