200 Milligramm Koffein auf einen Schlag. Oder die doppelte Menge, 400 Milligramm, über den ganzen Tag verteilt. Das sei für Erwachsene unbedenklich, urteilen die Gutachter der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA. Demnach kann man ohne Sorge zwei Tassen Kaffee oder zwei kleine Dosen Energy Drink hintereinander trinken. Oder jeweils vier dieser Getränke am Tag. Beide enthalten in der Regel etwas weniger als hundert Milligramm Koffein.
Vorsicht in der Schwangerschaft
Schwangere Frauen dagegen sollten zurückhaltender mit dem Muntermacher sein, wie Valeriu Curtui sagt, Leiter der Abteilung für Ernährung bei der EFSA:
"Für schwangere Frauen liegt die Unbedenklichkeitsschwelle viel niedriger - bei 200 Milligramm Koffein pro Tag. Das ist nur die Hälfte. Es gibt nämlich einen direkten Zusammenhang zwischen Koffein und dem Gewicht des Babys. Je mehr Koffein Schwangere zu sich nehmen, desto leichter ist ihr Kind bei der Geburt."
Solche Informationen sind sicher nützlich für Verbraucher und Verbraucherinnen. Aber sie finden sich auch schon in früheren Risiko-Einschätzungen zu Koffein:
"Die neue Stellungnahme der EFSA fasst das, was aktuell bekannt ist, noch mal schön zusammen. Sie bringt aber keine neuen Erkenntnisse."
Das bemängelt zum Beispiel Alfonso Lampen, der Leiter der Abteilung für Lebensmittelsicherheit beim Berliner BfR, dem Bundesinstitut für Risikobewertung:
"Sie entspricht nicht den Erwartungen bei den Fachleuten in Europa, die sich mit Lebensmittelsicherheit in den letzten Jahren befasst haben, speziell auch mit Energy Drinks. Dort muss man schon sagen, dass die Experten hier ein wenig enttäuscht sind."
Experten kritisieren: Gefahr von Energy Drinks unterschätzt
Es gibt zahlreiche Berichte über gesundheitliche Probleme nach der Einnahme von Energy Drinks durch junge Menschen. Oft in Zusammenhang mit körperlicher Betätigung wie Tanzen oder Sport und dem Genuss von Alkohol. Sogar Todesfälle sind darunter. Allein die französische Fachbehörde ANSES listete über 200 solcher Ereignisse auf. Und kam zu dem Schluss, mehr als ein Drittel von ihnen sei wahrscheinlich oder möglicherweise durch den übermäßigen Genuss von Energy Drinks ausgelöst worden.
Die EFSA sagt dazu aber nur so viel: Für Gesunde sei der Konsum von 200 Milligramm Koffein - also zwei Dosen Energy Drink - auch unmittelbar vor dem Sport unbedenklich. Dem Experten vom BfR ist das zu wenig:
"Er ist aber nicht unbedenklich, wenn Erwachsene in irgendeiner Form eine Vorschädigung des Herzens haben. Oder wenn man Medikamente einnimmt. Dann würde das BfR eigentlich davon abraten, Energy Drinks zu sich zu nehmen."
Für kritisch hält Lampen auch die Wechselwirkung der koffeinhaltigen Modegetränke mit Alkohol. Der Biochemiker und Toxikologe verweist hier auf eine neue Studie seines Hauses in Zusammenarbeit mit der Universität Hohenheim. Die teilnehmenden Studenten sollten zweierlei tun: einen Liter Energy Drinks trinken und Sport treiben. Im anschließenden EKG ergaben sich Lampen zufolge Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Herzrhythmusstörungen:
"Die Verbindung von Energy Drinks und Alkohol - dann waren die Effekte noch viel deutlicher. Und hier nimmt die EFSA eigentlich fast gar nicht Stellung. Sie sagt sogar, dass eine Wechselwirkung mit Alkohol unwahrscheinlich ist. Und dem würde ich sogar widersprechen."
Weiter Klärungsbedarf
EFSA-Abteilungsleiter Valeriu Curtui verteidigt sich:
"Wir weisen darauf hin, dass wir uns dieser ganzen Fallberichte durchaus bewusst sind. In einer Risikoabschätzung ist es aber nicht hilfreich, darauf einzugehen. Denn wir können nicht mit Sicherheit sagen: Welche Mengen Koffein und Alkohol wurden genau konsumiert? Welche anderen Substanzen waren noch im Spiel? Was wir aber festhalten: In normalen Mengen genossen kann man Wechselwirkungen zwischen Koffein und Alkohol ausschließen."
Normale Mengen - das wären demzufolge zwei, drei Cocktails mit Energy Drink. Das Bundesinstitut für Risikobewertung sieht hier aber noch Klärungsbedarf - und wird bei der EFSA auf Nachbesserungen pochen, wie Alfonso Lampen ankündigt:
"Das EFSA-Papier ist ja jetzt offen für die Diskussion. Wir werden bis zum März uns auch mit den französischen Kollegen noch 'mal zusammensetzen und der EFSA das auch mitteilen, dass sie weitere Studien hier noch 'mal anschauen sollte und das noch mal überdenken sollte."