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Koffieshops nur für einheimische Kiffer?

Niederländische Grenzgemeinden wehren sich gegen den Drogentourismus: Bergen op Zoom und Rozendaal haben bereits sämtliche Koffieshops geschlossen, Venlo hat zwei "Drive-in-Shops" an der Autobahnabfahrt eröffnet und in Maastricht soll es bald nur noch Clubs für Einheimische geben .

Von Kerstin Schweighöfer |
    Koffieshop Easygoing im Zentrum von Maastricht. Gerade sind ein paar Franzosen eingetroffen. Bevor sie sich mit Joints eindecken dürfen, müssen sie sich ausweisen. "Einfach so kommt hier niemand mehr rein", erklärt John Decker. Der 64-Jährige kommt gerade von einer Besprechung im Rathaus zurück und ist Sekretär der "Vereinigung der offiziellen Koffieshops von Maastricht". Insgesamt 14 sind es, erzählt er:

    "Wer einen unserer Koffieshops besuchen will, muss einen Ausweis oder Führerschein zeigen und sich registrieren lassen. Dieses System haben alle Koffieshops in Maastricht vor zwei Jahren eingeführt. Die Informationen werden für 48 Stunden gespeichert und dann gelöscht."

    Auf diese Weise sollen die Stadtväter besänftigt – und der Verkauf an Drogentouristen in kontrollierte Bahnen geleitet werden. Denn Maastricht ist von Grenzen umgeben und dadurch ein Magnet: Zwei Millionen Menschen besuchen die Stadt jedes Jahr nur wegen ihrer Koffieshops. Das sind 5000 pro Tag. Sie kommen aus Belgien, Frankreich, Deutschland, selbst noch aus Luxemburg.

    Ausweiskontrollen und Registrierung sollen den Verkauf von Drogen an Minderjährige verhindern und die sogenannten "Drugsrunners", die "Drogenläufer" auf Abstand halten. Die trauten sich nun nicht mehr herein, um Kundschaft abzuwerben, so Sekretär Decker:
    "Stattdessen kommen immer mehr Frauen, denn es ist viel sicherer geworden."
    Den Stadtvätern jedoch gehen diese Maßnahmen nicht weit genug. Sie möchten dem Drogentourismus ganz rigoros einen Riegel vorschieben: Die Koffieshops sollen zu geschlossenen Clubs werden, zu denen nur Mitglieder mit Ausweis Zutritt haben – und zwar, so das langfristige Ziel, ausschließlich Einheimische: Anwohner mit offiziellem Wohnsitz in den Niederlanden.
    Die Koffieshop-Betreiber sind vehement dagegen. Schließlich ginge ihnen dadurch der größte Teil ihres Umsatzes verloren. Zusammen mit der Stadt Maastricht haben sie es deshalb auf einen juristischen Präzedenzfall ankommen lassen, der in diesem Herbst vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg geklärt werden soll. John Decker ist optimistisch:
    "Zu einem Ausweissystem nur für Einheimische wird es nicht kommen, das wäre Diskriminierung, das würde das Recht auf freien Güter- und Dienstleistungsverkehr in Europa verletzen."

    Der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof Yves Bot allerdings hat bereits verlauten lassen, Ausländern könne der Zutritt durchaus verwehrt werden. Denn weiche Drogen sind auch in den Niederlanden nach wie vor nicht legal, sie werden lediglich unter bestimmten Bedingungen geduldet, um den Haschraucher von der kriminellen harten Drogenszene fernzuhalten. Deshalb, so Generalanwalt Bot, könnten weiche Drogen auch nicht als ganz normale Handelsware betrachtet werden.

    Wie das Urteil aussehen wird, ist zwar noch offen. Aber meistens folgt der Europäische Gerichtshof dem Gutachten das Generalanwalts. Zu denen, die sich darüber am meisten freuen würden, zählt Geert Leers. Der Christdemokrat war acht Jahre lang Bürgermeister von Maastricht und ist Initiator des Club-Systems. Die Einführung hätte nur Vorteile, so Leers:
    "Wenn die Koffieshops zu geschlossenen Clubs werden, lässt sich auch genau einschätzen, wie viele Mengen Hasch oder Marihuana ein solcher Club braucht, um seine Mitglieder zu bedienen. Und diese Mengen muss er dann auch selbst produzieren dürfen – unter strengen Kontrollen, versteht sich!"

    Denn das wird bislang nicht geduldet: Als vor 30 Jahren die ersten Koffieshops öffneten, wurden lediglich Konsum und Verkauf reguliert, nicht Anbau und Bevorratung. Folge: Der Hanfanbau ist ein illegales Milliardengeschäft geworden, fest in der Hand des Organisierten Verbrechens:

    "Neben Drogentouristen wimmelt es in Maastricht deshalb auch von Dealern, Drogenläufern und Mafiafamilien! Das sind Tatsachen, vor denen wir nicht länger die Augen verschließen dürfen. Das muss ein Ende haben!"

    Geert Leers ist selbst vehement gegen jeglichen Drogenkonsum. Aber, so sagt er, "ich bin Realist". Deshalb plädiert er schon seit Jahren für die vollständige Legalisierung weicher Drogen. Die Parteien im fernen Den Haag wollen davon zwar nichts wissen. Aber, so Leers:

    ""Wir haben uns mit unserer Drogenpolitik innerhalb Europas für den Alleingang entschieden. Aber es war eine scheinheilige Entscheidung. Wir haben uns nur getraut, "A" zu sagen. Jetzt ist es an der Zeit, "B" zu sagen. Entweder wir gehen so wie beim Alkohol vollends zu Regulierung und Legalisierung über - oder wir machen einen Rückzieher und passen uns dem Rest Europas wieder an. Ein Mittelweg ist nicht länger möglich. Den Haag muss sich entscheiden!"


    Gesichter Europas: Dicke Luft im Koffieshop - Die umstrittene Drogenpolitik der Niederlande