Riesig war die Erleichterung, als die Kontrahenten in der so genannten Kohlekommission Anfang des Jahres doch noch zueinander fanden und eine gemeinsame Exit-Strategie für die deutsche Kohle vorlegten: Spätestens 2038 soll Schluss sein. Seit Ende Januar steht das nun fest, doch seitdem tritt das CDU-geführte Bundeswirtschaftsministerium auf der Stelle, kritisiert die Opposition:
"Deswegen muss der Kohleausstieg jetzt aus der Schublade geholt werden, wo die Kommission ihn ja schon vor zwei Monaten hingelegt hatte", fordert Grünen-Parteichefin Annalena Baerbock. Ob das Kohleausstiegsgesetz wie geplant Ende des Jahres fertig wird, ist damit völlig offen:
"Der erste Termin ist jetzt am 30.04., wo die Bundesregierung eigentlich etwas vorlegen wollte. Das heißt, es darf nicht nur um die Verteilung von Geldern gehen, sondern ein verbindliches Kohleausstiegsgesetz, dass die Meiler auch vom Netz gehen, die bis 2020 in dem Kompromiss angekündigt sind."
Gesprächsinhalte noch in der Abstimmung
Baerbock, die auch Bundestags-Abgeordnete ist, will den Druck nun erhöhen und fordert von Wirtschaftsminister Peter Altmaier konkrete Antworten, wann und wie die Ergebnisse der Kohlekommission umgesetzt werden. Die Antwort der Bundesregierung, die unserem Hauptstadtstudio vorliegt, fällt jedoch schmallippig aus:
"Die Bundesregierung beabsichtigt, schnellstmöglich Gespräche mit den Betreibern von Kohlekraftwerken aufzunehmen."
Das schreibt der zuständige Staatssekretär Ulrich Nußbaum. Zunächst würden Auftaktgespräche mit RWE und Uniper geführt. Aber, so fügt Nußbaum einschränkend hinzu:
"Genauer Gegenstand und konkretes Ziel der Gespräche müssen noch in der Bundesregierung abgestimmt werden."
Offizieller Gesprächsauftakt steht noch aus
Im Klartext heißt das: Es gibt bisher nicht einmal einen offiziellen Gesprächsauftakt. RWE reagierte zur Stunde nicht auf entsprechende Anfragen, doch schon vor Wochen hatte Vorstandschef Rolf Martin Schmitz eine klare Erwartungshaltung formuliert:
"Die Kommission hat ihre Vorschläge gemacht. Die müssen umgestetzt werden und wir warten jetzt darauf, dass wir zu weiteren Gesprächen dann auch gebeten werden."
Ein erstes Kennenlerngespräch hat immerhin stattgefunden und zwar mit RWE, denn dessen vergleichsweise alte Kraftwerke in Nordrhein-Westfalen sollen laut Ausstiegsplan zuerst vom Netz gehen. Erst danach folgen die Kohle-Meiler in Ostdeutschland. Umstritten ist bislang vor allem die Frage der Entschädigungen für die Konzerne:
Kostenfrage bleibt strittig
"Es geht um sehr viele Milliarden Euro, das ist alles Steuergeld. Und ich erwarte, dass die Bundesregierung klug verhandelt. Und natürlich sind die Interessen der Unternehmensbetreiber die, dass sie möglichst viel Geld für ihr Eigentum haben wollen, was Unternehmensentschädigungen betrifft. Nur da wo sie notwendig sind, sollten sie auch bezahlt werden."
Das sagt Carsten Schneider, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD im Bundestag. Tatsächlich ist die Finanzierung des Kohleausstiegs neben den rechtlichen Eigentumsfragen zunächst das größte Hindernis: Der Strukturwandel, die Entschädigungen für Kraftwerksbetreiber und Ausgleichsmaßnahmen im Falle höherer Strompreise werden Milliarden kosten. Bis 2023 hat Finanzminister Olaf Scholz, SPD, aber gerade einmal 500 Millionen Euro für den Kohleausstieg eingeplant – danach wird mehr Geld nötig sein, wenn Deutschland seine Klimaschutz-Verpflichtungen einhalten will.