Hoch über dem australischen Outback, gut eineinhalb Flugstunden westlich von Emerald, im menschenleeren Hinterland des Bundesstaates Queensland. Unter der viersitzigen Cessna: das riesige Gallilee-Becken, ein karges, knochentrockenes Gebiet, größer als Großbritannien. Hier sollen unter Tage 25 Milliarden Tonnen Kohle liegen – und die Zukunft der australischen Bergbauindustrie.
Keine Straßen, keine Eisenbahnlinie, Stunden von der nächsten Ortschaft entfernt: Hier will der indische Adani-Konzern elf Milliarden Euro ausgeben, um jährlich etwa 60 Millionen Tonnen Steinkohle abzubauen, sie fast 400 Kilometer bis zur Küste zu transportieren und dann zu verschiffen. Die Carmichael-Kohlemine wäre eine der größten der Welt.
Höchstes Gericht stoppt Start des Bergwerks
Doch Australiens höchstes Gericht hat den Start des Bergwerks vorerst gestoppt. Derec Davies und andere Umweltschützer hatten gegen die Genehmigung der Mine geklagt. Das Kohlebergwerk produziere enorme Mengen schädlicher Treibhausgase, gefährde bedrohte Tierarten und untergrabe Umweltauflagen:
"Nur acht Kilometer von der geplanten Mine entfernt liegt das große artesische Becken, ein gigantisches unterirdisches Wasserreservoir, das durch dieses Bergwerk gefährdet ist. Für uns sind natürliche Frischwasserquellen wertvoller."
Ob in Queensland oder in New South Wales, wo Umweltgruppen und Anwohner gegen eine geplante Kohlemine des staatlichen, chinesischen Shinhua-Konzerns demonstrieren: Grüne und stockkonservative Farmer Seite an Seite, fallende Kohlepreise und steigende Kosten, Minen, die schließen, und der Druck von Klimaaktivisten: Noch vor Jahren die Vorzeigeindustrie des australischen Wirtschaftswachstums steht der Kohleabbau heute mit dem Rücken zur Wand.
Kreuzzeug gegen alternative Energien
Schützenhilfe kommt vor allem von Regierungschef Tony Abbott und seiner konservativen Partei. Der Klimawandel-Skeptiker hat erst eine Bergbausteuer, dann Australiens CO2-Handel abgeschafft und ist auf dem Kreuzzug gegen alternative Energien. Denn Premier Abbott hält Kohle für, Zitat: "Einen Segen für die Menschheit":
"Kohle ist unerlässlich für den Wohlstand Australiens und der Welt. Energie bringt Wohlstand und Kohle ist die weltweit bevorzugte Energiequelle – und wird es noch viele Jahrzehnte lang bleiben."
Australien sitzt auf den viertgrößten Kohlevorkommen der Welt, ihr Abbau und Export erwirtschaften jährlich 27 Milliarden Euro und sorgen für 50.000 Arbeitsplätze. Zwei Drittel des einheimischen Energiebedarfs wird durch das Verbrennen von Kohle gedeckt.
Doch Australiens schwarzes Gold verliert zusehends an Glanz. Aktien von Bergbau-Konzernen verlieren immer mehr an Wert, Australiens große Pensionskassen und Investmentfonds wollen alles, das mit Kohle zu tun hat, nicht einmal mehr mit der Kneifzange anfassen.
"Heute ist Kohle noch der Rohstoff für Energieerzeugung – aber wie lange noch?", fragt sich Curt Cox, der seit Jahren Australiens Großbanken in Energiefragen berät.
"Mit neuen Technologien bei Wind-, Solar- und Energiespeicherung kann das in fünf, zehn Jahren schon anders sein."
Australien muss radikal umdenken
Australiens Exportmärkte China, Indien und die USA wollen weg von Kohle. Sie wollen weniger Treibhausgas-Emissionen und mehr grüne Energie. Australien muss radikal umdenken, glaubt der Ökonom Tim Buckley.
"Ob mir oder Umweltgruppen das gefällt oder nicht: Australien wird über Jahre ein bedeutender, weltweiter Kohleexporteur bleiben. Aber der Wandel hin zu alternativer Energie ist in vollem Gange. Egal was Australien tut."
Weiter von Kohle abhängig zu sein, wenn sich die übrige Welt davon abwende, das könne sich die australische Wirtschaft bald nicht mehr leisten.